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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Beruhigungsmitteln gebe. Sanft sprach er auf mich ein und strich mir väterlich über die Hand.
    Rudi sah mich aufmunternd an, ich nickte, bekam die Spritze. Mir wurde wohlig warm, und ich wurde immer müder, allerdings versuchte ich, immer noch das Handy in der Hand zu behalten, selbst als ich schon fast in den Tiefschlaf versunken war.

»Wie fühlst du dich, Gretchen?«, hörte ich eine vertraute Stimme fragen. Mit Mühe versuchte ich, die Augen zu öffnen. Ich war wie benebelt. Ich blickte in das besorgte Gesicht meiner Mutter. Vielleicht war alles nur ein böser Traum gewesen, und ich war wieder sechzehn, zu Hause bei meinen Eltern im Bett und hatte mir eine Grippe mit Fieber und Halluzinationen zugezogen, hoffte ich. Ich stützte mich langsam auf und sah, dass ich immer noch in Rudis Wohnung war, der sich neben mich gesetzt hatte und nicht mehr ganz so sorgenvoll wie zuvor dreinblickte.
    »Wie lange habe ich denn geschlafen?«, fragte ich mit ausgetrockneter Kehle.
    Anscheinend lange genug, sodass Rudi Zeit gehabt hatte, meine Mutter anzurufen, die sich sofort von Dehling auf den Weg gemacht hatte und schon seit einer Weile an meinem Bett wachte.
    Ich war froh, sie zu sehen, auch wenn ich mit ihren Ansichten nicht immer konform ging und wir uns auch öfter mal stritten, so hatte sie bisher immer einen Ausweg für alle Probleme gewusst. Sie gab mir ein Gefühl der Sicherheit, und die Kraft, die von ihr ausging, machte mir Mut.
    So seltsam es klingen mochte, aber nachdem ich geschlafen hatte, war ich auf gewisse Weise beruhigt. Gleichgültig, was noch passierte oder passiert war, Clemens’ Gefühle mir gegenüber waren aufrichtig, das spürte ich deutlich, und mein Bauchgefühl hatte mich sehr selten im Stich gelassen. Wer weiß, vielleicht hatten ihn die Hormone übermannt und zu anderen Frauen getrieben. Kein Wunder, wenn man permanent eindeutige Angebote erhielt, wer würde da nicht schwach werden? Ich war inzwischen sogar bereit, ihm zu verzeihen, wir würden das wieder hinbekommen, unsere Liebe war stärker. Und hieß es nicht »In guten wie in schlechten Tagen«? Wir hatten so viele gute gehabt, da konnten auch mal schlechte kommen, auch wenn die nicht nur schlecht, sondern richtig schwarz waren.
    Meine Mutter hatte meinen Gesichtsausdruck verfolgt.
    »Was denkst du?«, fragte sie ohne eine Spur von Vorverurteilung in der Stimme.
    »Dass es bestimmt eine Erklärung gibt!«, antwortete ich überzeugt.
    Meine Mutter nahm mich in den Arm und drückte mich fest.
    »Es wird alles wieder gut werden, so oder so, alles wird wieder gut werden!«, wiederholte sie.
    Rudi, an dem mein Leiden nicht spurlos vorübergegangen war, stand auf.
    »Also, ich finde, zu dem Drama würden Pommes ganz gut passen. Kommt ihr auch in die Küche?«
    Ich merkte, dass ich tatsächlich ein wenig Hunger hatte. Nach dem Wahnsinn waren Pommes genau das richtige Wohlfühlessen. Kohlenhydrate machten ja angeblich glücklich.
    Nach dem Essen wechselten wir in meine Wohnung. Meine Mutter wollte bis auf weiteres erst einmal in Berlin bleiben, und ich war froh, diese Nacht nicht allein in meiner Wohnung schlafen zu müssen, denn auch wenn es mir ein wenig besser ging, rumorten ständig quälende Fragen und Gedanken in meinem Gehirn.
    Meine Mutter kochte mir einen Schlaftee und träufelte alle Arten von Bachblüten dazu, was mir recht war. Und wenn ich mir glühende Rosenquarze auf die Zehennägel legen musste, um abzuschalten, ich würde alles tun.
    Meine Mutter legte sich neben mich und schlief ziemlich schnell ein. Neben meinem Bett lagen die beiden Bücher, die mir Ben zum Lesen mitgegeben hatte. Ich begann mit dem Casanova-Buch, und langsam dämmerte mir, warum Ben mir die Bücher mitgegeben hatte. Die Sonne ging schon fast wieder auf, als ich das Buch aus der Hand legte und mir vieles klarer war.

»Guten Morgen allerseits. Immerhin sind wir alle erschienen. Ich finde, dafür gebührt uns ein großes Lob!« Diane hatte sich nicht wirklich gefangen, machte aber wenigstens den Versuch. Wir sahen alle furchtbar aus, und ich musste erst gar nicht fragen, wie die anderen geschlafen hatten.
    »Wir können ja versuchen, der Situation was Komisches abzugewinnen. Ich finde, so langsam bekommt das hier den Touch einer Selbsthilfegruppe. Wie wär’s, wenn wir alle aufstehen und uns einander vorstellen, à la ›Hi, mein Name ist Michi, und Clemens ist vor zwei Monaten in mein Leben getreten‹«, versuchte Michi die Situation aufzulockern.
    Mich

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