Flaschendrehen: Roman (German Edition)
wir heimlich zusammen, aber nächste Woche wollten wir unsere Beziehung öffentlich machen. Eigentlich sollte ich nur noch an dem Sonderheft mitarbeiten und dann die Kündigung einreichen, damit wir endlich frei sind.« Wie ich so sprach, wurde mir plötzlich klar, was eigentlich passiert war, und plötzlich schossen mir die Tränen nur so aus den Augen. Diane reichte mir wortlos ein Taschentuch und übernahm.
»Ich hatte mit ihm relativ früh, in der ersten Woche, einen One-Night-Stand, da hattet ihr hier noch gar nicht angefangen. Natürlich wollte ich sofort mehr, aber er sagte, das ginge nicht mit dem Beruflichen zusammen. Erst einmal müssten wir die Phosphor aufbauen, dann könnten wir weitersehen. Natürlich hatte ich dementsprechend auch einen Hals, als ihr angefangen und euch sofort auch in Clemens verliebt habt. Ich hatte ihn schließlich zuerst gehabt! Als wir auf dem Noise Festival waren, sind wir uns endlich wieder näher gekommen, und seit seinem Geburtstag war es ernst. Auch wir hatten uns vorgenommen, unsere Beziehung dieses Jahr öffentlich zu machen.«
So sehr es auch wehtat, Diane zuzuhören, und jedes ihrer Worte einem Messerstich gleichkam, so sehr erklärte sich mir gleichzeitig ihr Verhalten uns gegenüber.
Michi, die aufgrund der Situation wieder mit Fingernägelkauen angefangen hatte, obwohl sie sich das vor vielen Jahren abgewöhnt hatte, schüttelte nur fassungslos den Kopf.
»Ich kann und will das nicht glauben! Wir sprechen von Clemens, der macht so was nicht! Ich meine, er hat mir gesagt, dass er mich liebt und beschützen wird. Auf der Buchmesse haben wir uns zum ersten Mal geküsst, und Sylvester haben wir gemeinsam reingefeiert, nur wir beide. Er macht doch keine gemeinsamen Urlaubspläne einfach so!«
Meine Kopfschmerzen wurden stärker. Sylvester war er in der Luft gewesen, weil seine Maschine aus London Verspätung hatte. Bevor ich etwas sagen konnte, fuhr Diane dazwischen.
»Sylvester sagst du? Jetzt wird mir alles klar. Wir waren auf einem Galadiner zusammen, aber gegen elf wurde ihm so schlecht, dass er nicht mehr bleiben konnte und nach Hause musste. Natürlich wollte ich ihn begleiten, aber er wollte lieber alleine sein!«
Das Pochen in meinem Kopf wurde lauter.
»Mir hatte er gesagt, dass seine Maschine Verspätung hat und er erst so spät gelandet ist, denn ab halb drei war er bei mir und hat auch da geschlafen, am nächsten Morgen musste er weg, um für die Schweiz zu packen.«
Diane drehte sich zu mir und sagte beinahe entschuldigend.
»Keine Ahnung, wie lange er gepackt hat, aber auf alle Fälle blieb ihm genug Zeit, um sich von Sarah im Krankenhaus zu verabschieden!«
Sarah! Wieder stieg das Gefühl von Wut und unfassbarer Enttäuschung in mir hoch. Was ich für Clemens momentan fühlte, war mir noch nicht klar. Alles, was ich ihn betreffend hörte, konnte ich nicht einordnen.
Marion, die zwar genauso geschockt wie wir war, aber als nicht Betroffene den Überblick behielt, sprach ein weiteres Thema an, das im Raum stand.
»Sorry, das mag jetzt sehr profan klingen, aber was machen wir denn mit der Sonderausgabe?«
Eine unangenehme Stille breitete sich aus, und wir schauten alle auf Diane.
Sie sah sichtlich betreten auf den Boden.
»Also nur dass ihr es wisst, ich habe das heute zum ersten Mal gemacht, und zwar aus Rache Clemens gegenüber und weil mir alles egal war. Ich war nicht in der Lage, klar zu denken, und habe eine Kündigung mit Absicht riskiert, tja, tut mir Leid, dass ihr drunter leiden müsst!«
Zum ersten Mal verstand ich Diane und ihr Motiv zu handeln. Ich könnte keine Garantie für mich abgeben, nicht genauso gehandelt zu haben, wenn ich Clemens mit Sarah erwischt hätte.
»Warum hast du Clemens eigentlich nicht gleich zur Rede gestellt?«, wollte ich von Diane wissen.
Das hatte sie versucht, aber bevor sie die beiden erreichen konnte, waren diese in einem Gang verschwunden. Clemens hatte das Handy aus, und Sarah wollte sie nicht ausrufen lassen, da ihre Mutter in der Notaufnahme auf sie wartete.
Marion versuchte wieder das Thema auf das Sonderheft zu lenken, aber weder Michi, Diane noch ich waren in der Lage, auch nur im Entferntesten an Arbeit zu denken. Für uns stürzte gerade ein Traum, ein Lebensentwurf ein.
Ich glaube, Marion wurde schlecht bei dem Gedanken, wie es weitergehen sollte mit Clemens, der seine gesamte Führungsriege im Bett gehabt hatte, und mit uns, die wir nicht in der Lage waren, professionell weiterzumachen. Was
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