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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Liebeskummer eigentlich nie? Egal, wie alt man wurde, wenn es einen richtig erwischt hatte und der Kummer einsetzte, fühlte er sich genauso schlimm an wie beim ersten Mal. Zwar hatte ich mit Anfang dreißig gelernt, dass das Leben weiterging, und Erfahrungen gemacht, was mir am besten und schnellsten half, damit fertig zu werden, aber die Intensität des Schmerzes ließ wohl nie nach.
    Nervös und mit flauem Gefühl im Bauch stand ich auf und machte mich zurecht.
    Wie abgesprochen, zog ich mich komplett schwarz an, wir wollten in derselben Aufmachung in Clemens’ Büro warten. Die Idee, alle in Schwarz zu kommen, stammte von Diane, sie meinte, das sähe eindrucksvoll aus, in Anlehnung an Die Hexen von Eastwick . Zum Glück stand mir schwarz, und das schlichte Cocktailkleid sah gut aus, was wichtig war, denn ich wollte mich stark und selbstbewusst fühlen, wenn ich Clemens gegenübertrat.
    Viel zu früh und ohne gefrühstückt zu haben, ging ich aus dem Haus und rannte beinahe Leila um, die Mimi zur Schule brachte.
    »Heute ist es also so weit?«
    Ich nickte.
    Leila, die eine lustige bunte Wollmütze trug, machte eine kampfeslustige Geste.
    »Ich hoffe, ihr lasst Clemens richtig schön bluten. Ach, und schaut ihm ja nicht in die Augen, sonst vergesst ihr am Ende wieder alles. Dieser Blick ist gefährlich! Wenn sich die Gelegenheit geboten hätte, wäre ich bestimmt auch schwach geworden.«
    Ja, da konnte sie ihrem Herrn und Schöpfer danken, dass dieser Kelch an ihr vorübergegangen war.
    In der Redaktion war ich nicht die Erste. Michi saß schon brav in Schwarz gekleidet im Büro und bastelte bereits seit sechs Uhr an einem Banner. Neben ihr lag eine Schachtel mit Baldrian-Hopfen-Beruhigungstabletten. Mit Tesa im Mund nuschelte sie: »Ich hab sein blödes De-Niro-Zitat schon abgehängt, stattdessen werden wir eines dieser Banner aufhängen.«
    Michi hatte zwei Spruchbänder vorbereitet. Ich las die beiden roten, handgepinselten Zitate.
    »Wenn wir einen Fehler machen, dann nennt man das etwas Böses, wenn Gott Fehler macht, dann nennt man das Natur.« Der Satz stammte aus den Hexen von Eastwick , ein Film, der thematisch zu unserer Situation passte, das Zitat allerdings überhaupt nicht, was ich Michi auch gleich sagte.
    Das andere Zitat stammte aus Thelma & Louise und lautete: »Würden Sie bitte so nett sein und in den Kofferraum steigen?«
    Das war gar nicht schlecht! Wenn er die Stelle und den Film kannte, könnte ihm dieses Zitat Angst einjagen.
    » Thelma & Louise , stimmt’s?«
    Michi nickte stolz. Meine Bedenken, ob das nicht etwas übertrieben und zu dramatisch sei, wischte sie mit einer Handbewegung weg.
    »Wie man sich bettet, so liegt man.«
    Ein sehr passender Kommentar, in Anbetracht der Tatsache, in wie vielen Betten unser lieber Chef gleichzeitig gelegen hatte.
    Gemeinsam gingen wir in Clemens’ Büro und tauschten die Banner aus.
    Michi überschlug sich vor Aufregung, ihre Stunde, die Stunde der Abrechnung, war gekommen, bestimmt stand das Köfferchen mit Folterinstrumenten schon fein säuberlich gepackt bereit.
    Wenig später stieß Diane ebenfalls in Schwarz gekleidet dazu, mit einer Champagnerflasche unterm Arm. Wie wir da so standen, sahen wir eher aus wie drei schwarze Krähen und nicht wie die drei Hexen von Eastwick. Dianes Champagner war nicht für nach der Abrechnung gedacht, sondern um uns Mut anzutrinken, denn mulmig war es jeder. Wie es wohl war, wieder auf Clemens zu treffen, nach allem, was passiert war?
    Gegen acht kam Marion und mit ihr die ersten Volontäre. Sie musste unwillkürlich lachen, wie sie uns nervös, jede mit einem Glas Champagner in der Hand, in Clemens’ Büro vorfand.
    Unruhig gingen wir auf und ab und warteten. Nach einer Ewigkeit steckte Marion den Kopf zur Tür herein und rief.
    »Es kann jeden Moment losgehen. Clemens ist gelandet und bereits auf dem Weg im Taxi hierher. Er rief mich gerade an, weil ich einen Termin heute Nachmittag absagen soll.«
    Mal sehen, ob er nicht noch mehr Termine absagen würde nach unserem kleinen Rendezvous.
    »Wie war er drauf?«, wollte Michi wissen. Marion grinste.
    »Blendend! Die frische Bergluft und der Einklang mit der Natur haben ihm so gut getan … Ich zitiere: ›Diese Seminare sollte jeder einmal gemacht haben, danach betrachtet man sich und die Welt wieder mit anderen Augen!‹«
    Ja, mit anderen Augen würde er uns auch gleich betrachten. Die Warterei machte mich nervös. Endlich gab Marion Zeichen, dass Clemens im

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