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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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gestillt. Warum kann ein Kuss nicht einfach ein Kuss sein und muss sich immer gleich in ein Eigenheim mit Garten und Familienkombi verwandeln?«
    Er sprach so ernsthaft und ehrlich, dass ich fast versucht war, ihm das so abzunehmen, doch dann erinnerte ich mich wieder, dass ich sogar für ihn kündigen wollte und wie sehr ich gelitten hatte – und an den doppelten Vertrauensbruch mit Sarah.
    »Das klingt ja alles toll. Sollen wir jetzt noch Mitgefühl für dich aufbringen? Wenn du doch weißt, dass du nicht dafür gemacht bist, warum spielst du dann nicht von Anfang an mit offenen Karten? Wieso spielst du allen was vor, machst Versprechungen und hältst Liebesschwüre ab?«, rief ich wütend.
    Clemens nickte.
    »Weil ich jedes Mal hoffe, dass es so ist und bleibt. Das war unverzeihlich und ist nicht wieder gutzumachen. Ich fürchte, so bin ich einfach. Das ist keine befriedigende Antwort, aber wahrscheinlich die ehrlichste.«
    Irgendwie hatte sich mit einem Schlag meine und Clemens’ Zukunft erledigt, und die gemeinsame Vergangenheit kam mir total unwirklich vor. Nicht, dass Clemens seine Wirkung oder Ausstrahlung verloren hätte, wenn ich ihn zu lange anblickte, bestand bestimmt Gefahr, seine Wirkung zu spüren, aber jetzt, wo ich verstand, wer er war, wie er tickte, ich ihn durchschaute, kam er einfach nicht mehr infrage, abgesehen davon, dass ich ihm nie wieder vertrauen konnte. Irgendwas war zerbrochen, und wenn ich ihn jetzt ansah, so fühlte ich, wie mehr und mehr die Distanz die Überhand gewann und ich ihn objektiver betrachten konnte. Die wichtigste Errungenschaft war aber eine andere: Er berührte mich nicht mehr!
    Diane und Michi schien es ähnlich zu gehen, denn anstatt weiter zu fragen, sahen sie mich ratlos an und zuckten mit den Achseln. Wie Clemens so in die Enge getrieben mit Schweißperlen auf der Stirn vor uns stand, hatte er nichts mehr mit dem gefährlichen Verführer und mitreißenden Chef gemein, in den wir uns verliebt hatten und dem wir zu Füßen lagen. Es wirkte fast schon lächerlich, und eigentlich stellte sich mir die Frage, wie in aller Welt wir weiter zusammen arbeiten sollten, wenn wir ihm keinen Respekt mehr entgegenbringen konnten.
    Nach einer langen, unangenehmen Pause sprach ich die Frage, die in der Luft lag, aus.
    »Wie soll es denn jetzt weitergehen? Ich meine, wie wollen wir denn nach all dem in Zukunft zusammen arbeiten?«
    Clemens wachte aus seiner Starre auf und war hellwach.
    »Wir sind doch ein Spitzenteam, jetzt mal nur beruflich gesehen. Das wollt ihr doch nicht einfach wegwerfen, oder? Lasst ein wenig Gras über die Angelegenheit wachsen, das renkt sich schon wieder ein? Glaubt ihr nicht auch?«
    Sofort schüttelten wir alle den Kopf. Das war nicht mehr zu retten und würde zur täglichen Tortur werden. Unfassbar, wie Clemens, nachdem er gemerkt hatte, dass im privaten Bereich nichts mehr zu retten war, versuchte, wenigstens beruflich das Steuer in der Hand zu behalten. Schon seltsam, wie er, der große Chef, auf unser Gutdünken plötzlich angewiesen war, denn eines war klar: So schnell fand er keinen adäquaten Posten, vor allem falls sich in der Branche seine »Motivationsmethoden« herumsprechen sollten.
    Flehend sah er uns an und wiederholte noch einmal: »Das renkt sich doch wieder ein, denkt daran, was wir gemeinsam erreicht haben!«
    Diane, Michi und ich tauschten nur einen einzigen Blick aus. Im Römischen Reich wäre das der Moment gewesen, in dem der Imperator den Daumen nach unten gestreckt hätte.
    Ich übernahm die Urteilsverkündigung.
    »Tut mir Leid, aber wir haben einfach keinen Respekt mehr vor dir. Unser Chef sollte nicht nur kompetent und fachlich auf der Höhe sein, sondern uns auch menschlich und charakterlich eine Stütze. Schon mal was von emotionaler Intelligenz und Integrität gehört? Wir können und wollen nicht mehr mit dir zusammen arbeiten, das muss dir doch klar sein!«
    Verzweifelt sah er mich an und fragte kleinlaut.
    »Was soll das heißen?«
    Konnte oder wollte er nicht verstehen?
    Diane antwortete ungeduldig, bevor ich etwas sagen konnte.
    »Das soll heißen, dass wir dir genau eine Woche geben, um zu kündigen. Den Grund überlassen wir dir. Falls du innerhalb einer Woche nicht gekündigt hast, sprechen wir mit Feline und packen aus.«
    Clemens wurde kalkweiß. Ihm wurde klar, dass wir es ernst meinten und sein Charme, seine Ausstrahlung ihm nicht mehr weiterhelfen würden, zumindest nicht mehr bei uns.
    »Und wenn ich euch

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