Flaschendrehen: Roman (German Edition)
Anmarsch sei.
Am meisten hatte ich Angst, wie es sich anfühlen würde, ihn zu treffen, schließlich hatte Clemens mich nie schlecht behandelt. Und wenn nicht alles herausgekommen wäre, fände ich ihn noch immer umwerfend.
»Egal was gleich passiert, wenigstens sind wir gemeinsam hier!«, sagte Michi, worauf ich mit »Das ist der große Vorteil, wenn der Liebste nicht nur eine Freundin hat« versuchte, die Situation aufzulockern.
Mit verschränkten Armen lehnten Diane und Michi jeweils rechts und links von mir an Clemens’ Schreibtisch.
Wir saßen mucksmäuschenstill in seinem Büro und lauschten auf jedes Geräusch. Dann hörten wir Türgeklapper, ein Gespräch, Lachen und eindeutig Clemens’ Stimme.
Keine Sekunde später wurde die Türklinke runtergedrückt, und Clemens stand im Raum.
Völlig überrascht blieb er stehen, starrte uns an und vergaß sogar, die Tür zu schließen.
Keine Ahnung, was ich erwartet hatte, aber er sah aus wie immer und wirkte kein bisschen verändert. Vor mir stand immer noch der Clemens’, den ich kannte. Mein Herz klopfte unwillkürlich schneller.
Sofort dachte ich daran, was Leila gesagt hatte, und ließ meinen Blick an ihm vorbeigleiten.
»Seid ihr mein Begrüßungskomitee? Warum guckt ihr denn so trübselig drein? Die Geschichte wegen des Sonderhefts habe ich schon gehört. Habt ihr doch super gelöst.«
Mein Magen zog sich heftig zusammen, Clemens sah so überhaupt nicht nach einem miesen Casanovaverschnitt aus. Am liebsten hätte ich die Aktion abgeblasen und wäre ihm um den Hals gefallen – zunächst.
Diane fragte betont harmlos nach, wie das Seminar gewesen sei. Clemens’ Augen leuchteten begeistert, und sofort holte er aus und berichtete von körperlicher Arbeit wie Holzhacken und der unglaublichen Stille.
»Haben sie dir auch beigebracht, wie man sich am besten verhält, wenn man mit drei Untergebenen gleichzeitig ein Verhältnis hat, oder gibt es dafür ein extra Seminar?«, hakte sie zuckersüß nach und lächelte undefinierbar.
Clemens zuckte zusammen und sah sich unruhig um. Dabei fiel sein Blick auf den ausgetauschten Bannerspruch. Man konnte ihm dabei zusehen, wie es Klick machte, und er kapierte, dass wir alles wussten und er in der Falle steckte. Diane, die seinen Blick zur Tür richtig als Fluchtversuch gedeutet hatte, kam ihm zuvor, schloss ab und nahm den Schlüssel an sich.
Clemens’ Souveränität begann zu schwinden, stattdessen kam das blanke Entsetzen zum Vorschein, zumal wir begannen, ihm abwechselnd Fragen zu stellen und ihn ins Kreuzverhör zu nehmen.
Ich begann.
»Nur damit ich das richtig verstehe, eigentlich soll ich ja kündigen, damit wir unsere Beziehung endlich öffentlich machen können. Soll ich immer noch, wo jetzt eh alle Bescheid wissen, oder willst du das lieber mit Sarah publik machen?«
Clemens begann zu stottern, doch bevor er antworten konnte, fuhr Michi fort.
»Soll ich den Skiurlaub im Februar stornieren oder einfach Gretchen und Diane mitbuchen?«
»Ach, und schöne Grüße von deiner Exverlobten Ilona Richter soll ich bestellen!«, setzte Diane noch eins drauf.
Nervös und kalkweiß sah er uns abwechselnd an und setzte murmelnd zu einer Erklärung an.
»Ilona, die getriebene Seele …«, war jedoch sein einziger Kommentar.
Dafür, dass er sonst der Meister der großen Worte war, fand ich ihn ziemlich wortkarg.
Michi platzte schließlich mit der Frage heraus, die uns alle quälte.
»Warum hast du uns das angetan, wieso hast du uns so verarscht? Wie kann man denn bloß all diese Gefühle spielen?«
Unsere anklagenden Blicke schienen zu viel für Clemens, die gesamte Situation traf ihn unvorbereitet.
Er fuhr sich fahrig durch die Haare und begann leise und überlegt zu sprechen.
»Ich habe nichts gespielt, bei keiner von euch, das müsst ihr mir glauben, allerdings weiß ich schon länger, dass ich nicht für eine dauerhafte monogame Beziehung gemacht bin, auch wenn ich es jedes Mal hoffe und von vorn versuche. Bei dir, Gretchen, zum Beispiel dachte ich, es könnte halten. Du gabst mir dieses Gefühl, der einzig Wahre zu sein, als ob noch nie jemand so sehr auf der Erde geliebt hätte wie wir. Aber dann weckte Sarah mein Interesse, dann Diane und schließlich Michi. Mein Problem ist, dass ich an euch und an fast jeder Frau etwas Einzigartiges entdecke, das mich anspricht und interessiert. In eurer Unterschiedlichkeit ergänzt ihr euch so sehr, und leider treibt mich die Neugierde immer weiter und ist nie
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