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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Anzeichen von Sympathie entgegenbringt. Ich glaube, er hat Angst, auf mir sitzen zu bleiben. Noch kann ich ihn abhalten, mir knallrote Sonderpreissticker aufzukleben, aber ich glaube, er bastelt schon an einem ›Alles muss raus‹-Schild für den Räumungsverkauf.«
    Ben lachte. Ich mochte sein Lachen, die vielen Grübchen und die intelligenten, blitzenden Augen.
    »Und was ist mit deinem neuen Chef? Kommt der infrage?«
    Sieh an! Das interessierte ihn! Oder hoffte er nur auf weitere peinliche Aktionen meinerseits, die man Jahre später zur allgemeinen Belustigung an kalten Winterabenden erzählen konnte? Nach dem Motto: Wisst ihr noch, als Gretchen wegen Stalking ihres Chefs diesen Gerichtsbeschluss zugestellt bekam und sich ihm nicht mehr näher als fünfhundert Meter nähern durfte? – Brüller, Schenkelklopfer und wieder ein Abend gerettet!
    »Ich glaube kaum, dass er sich erbarmen wird, außerdem ist die Konkurrenz ziemlich stark, ich weiß nicht, ob ich da mithalten kann.«
    Wenn ich allein an Diane, die strenge Rittmeisterin, dachte. Ich wollte nicht wissen, welche Tricks die auf ihrem Eliteinternat gelernt hatte, um Konkurrentinnen auszustechen.
    »Gretchen, wer es wie du geschafft hat, trotz Batikshirt und Cordlatzhose in der neunten Klasse, den Schwarm der Schule, Timo Harder, zu bekommen, für den muss das Wort Konkurrenz neu erschaffen werden!«
    »Woher weißt du das mit Timo Harder? Du warst doch viel älter und hattest schon Abi gemacht! Oder warst du auch auf Timo Harder scharf?« Ich sah Ben entgeistert an.
    Liv, die auf dem Klo gewesen war, quetschte sich sofort zwischen Ben und mich auf die Bank, nahm seine Hand und begann an seinem Hemd zu nesteln. Wenn sie aufgestanden wäre, ihr Bein gehoben und auf Ben zur Reviermarkierung gepinkelt hätte, wäre es nicht viel unangenehmer gewesen. Zumal Liv ja nie einfach nur zuhören konnte. Dementsprechend säuerlich fragte sie: »Wer ist auf wen scharf?«
    Paranoia stand ihr nicht gut. Ben und ich übergingen die Bemerkung, was Liv noch mehr zur Weißglut trieb.
    »Jetzt sagt doch mal, wer ist auf wen scharf?«
    »Das ist nicht weiter wichtig. Eine alte Geschichte, ohne Belang«, versuchte Ben, Liv zu beruhigen.
    Leider bewirkte er das Gegenteil damit.
    »Aha, eine alte Geschichte? Hätte ich mir ja denken können. Bei euch geht es ja immer um alte Geschichten, nicht wahr? Wann merkt ihr eigentlich mal, dass wir in der Gegenwart leben und eure alten Geschichten keinen interessieren?«
    Wenn »schnippisch« ein Gesicht hatte, dann sah es aus wie Liv, und wenn ich auf etwas keine Lust hatte, dann auf weitere Diskussionen.
    Zum Glück wurde genau in diesem Moment der Hauptgang gebracht. Ich hatte Garnelen in Chili-Kokos-Sauce mit Thai-Basilikum bestellt, die in einer ausgehöhlten Kokosnuss mit frischen geraspelten Kokosstückchen serviert wurden. Allein der Geruch war ein Erlebnis und machte den Unterschied zum Take-away-Thai an der Ecke mehr als deutlich.
    Sarah hatte mit halbem Ohr zugehört und fragte leise: »Na, hat’s gekracht?«
    »Klar, Liv ist mal wieder grundlos ausgerastet.«
    Sarah zog skeptisch eine Augenbraue hoch.
    »Weißt du, vielleicht ist das gar nicht so grundlos.«
    Bitte? War Sarah jetzt völlig durchgeknallt? Sie bekam doch auch Livs grundlos überzogenes Verhalten mit.
    »Was soll denn das heißen?«, fragte ich empört.
    Sarah sah mich beschwichtigend an und senkte die Stimme, damit die anderen nicht hörten, worüber wir sprachen.
    »Ist dir noch nie aufgefallen, dass sie nur auf dich so reagiert? Das nennt man weibliche Intuition. Liv hat anscheinend ein Gespür dafür, welche Frau ihr gefährlich werden könnte. Wahrscheinlich ist sie gar nicht so doof und hat gemerkt, dass Ben dich anders behandelt als alle anderen.«
    Unfreiwillig musste ich auflachen!
    »Wenn mich jemand nicht anziehend findet, dann ja wohl Ben. Er vermeidet jeglichen Körperkontakt mit mir! Wenn ich ihn mal umarme, versteift er sich sofort und schiebt mich dezent, aber bestimmt von sich weg. Ich glaube, dem sitzt der Schock, dass ich ihn mal gut fand, Betonung liegt auf ›fand‹, Vergangenheit, so tief in den Knochen, dass er mir ganz deutlich zeigen will, dass ich ja nicht auf dumme Ideen kommen soll.«
    Sarah sah ein, dass eine weitere Diskussion zwecklos war, und wechselte das Thema. Ihre Krankenhausgeschichten hörte ich eh viel lieber. Regelmäßig überkam mich ein angenehmes Gefühl aus Faszination, Grusel und Bewunderung, wenn sie von

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