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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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den weich gepolsterten Sessel zurückfallen.
    »Entschuldigen Sie bitte vielmals, ich müsste noch mal durch!«, hörte ich Clemens am Anfang der Stuhlreihe flüstern. Sieh an, er war nicht durchgebrannt. Während ich in solchen Situationen nur Kommentare wie »Wer nicht kommt zur rechten Zeit …« oder »Immer diese Extrawürste!« von den Besuchern erntete, die es sich gerade in ihren Kinosesseln bequem gemacht hatten, wurde Clemens ohne Murren durchgelassen. Und im Gegenteil, hier und da tauschte er noch einen kleinen Scherz aus! So musste Moses das rote Meer geteilt haben!
    »Ich hab euch was mitgebracht.« Clemens hatte Häppchen aufgetrieben und reichte Sarah und mir je eine Portion. Als er unsere strahlenden, dankbaren Gesichter sah, musste er laut lachen, senkte aber sofort wieder die Stimme, da der Vorspann bereits lief und alle anderen ihre Gespräche und das Rascheln der Popcorntüten eingestellt hatten.
    »Ihr seid ja einfach zufrieden zu stellen.«
    Allerdings! Gab es etwas Besseres, als köstliche Häppchen zu verspeisen, die ein charismatischer Mann extra für uns ergattert hatte, damit wir kurz darauf gestärkt in den aufgerissenen Rachen eines Hais abtauchen konnten? Okay, wie gesagt, die alberne Riesenbrille trübte etwas das schöne Bild, aber wann war das Leben schon mal perfekt?
    Wie er so neben mir saß und selbst die eben erwähnte Brille ihn weder entstellen noch ihm etwas von seiner Würde nehmen konnte, wurde mir ziemlich warm. Ich musste mir wieder und wieder klar machen, dass es sich um meinen Chef handelte, der hier aus rein beruflichen Gründen an meiner Seite saß, und ich mir romantische Gedanken abschminken konnte, sollte, musste! Was zwar nicht leicht war, denn Clemens’ Charme reichte von hier bis Timbuktu, aber ich wollte nicht unvernünftig sein und meinen Job aufs Spiel setzen oder, noch schlimmer, mich lächerlich machen.
    Auch wenn er mich immer einen Moment länger ansah als andere Frauen!
    Ich fand den Film wie alle 3-D-Filme im IMAX beeindruckend, was aber auch daran liegen konnte, dass ich auf diese Art Filme stand. Den 3-D-Streifen von den Galapagosinseln hatte ich sicher acht Mal gesehen und kreischte immer noch, wenn es im Vorfeld des Films eine Achterbahnfahrt zu sehen gab. Ja, was Reizüberflutung anging, war ich eben noch nicht abgestumpft, womöglich kam mir zugute, dass ich bis zur Pubertät ohne Fernseher aufgewachsen war. Da war der Nachholbedarf höher, und man war leichter zu erfreuen und zu unterhalten. Brille auf, und schon konnte der Spaß losgehen. Ja, so kann man auch mit kleinen Dingen Kindern eine Freude bringen! Nach einer guten Stunde ging das Licht wieder an. Schnell zog ich die Brille ab und lächelte Clemens breit an, der sogleich wissen wollte, wie ich den Film fand.
    »Na, super! Aber leider kann ich über so ’nen Film in der Phosphor wohl nichts schreiben.«
    Clemens schien anderer Meinung.
    »Warum denn nicht? Warum sollte er den Lesern nicht auch gefallen, wenn du ihn toll gefunden hast. Ist doch mal was anderes!«
    Er hatte Recht. Und es zeigte sich mal wieder, wieso Clemens so gut war. Er vertraute auf das Urteil seiner Leute und hatte keine Angst, Neues zu wagen.
    Wir gingen Richtung Shuttle, der zur Afterparty fuhr.
    Clemens öffnete sein Wunderbändchen, das im Gegensatz zu gewöhnlichen Partybändchen nicht so festgemacht war, dass man es nur zerschneiden konnte, und legte es Sarah ums Handgelenk.
    »So, ich muss weiter. Euch noch viel Spaß. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder, Sarah. Gretchen, bis morgen!« Sprach’s, verschwand und ließ uns verblüfft zurück.
    »Äh, wo muss er denn um die Uhrzeit noch hin?« Sarah fasste in Worte, was mir durch den Kopf ging.
    »Hat er eigentlich ’ne Freundin?«
    »Keine Ahnung. Bisher hat er nichts erwähnt, woraus man schließen könnte … Aber wer soll ihn sonst so spät erwarten?!«, seufzte ich.
    Natürlich hatten wir alle in der Redaktion versucht herauszubekommen, ob Clemens liiert war. Tine aus der Personalabteilung, die seinen Lebenslauf kannte, hatte uns verraten, dass Clemens ledig war. Marion, die als seine Assistentin am engsten mit ihm zusammenarbeitete, konnte auch nicht mehr zu seinem Privatleben sagen, zumindest kamen keine privaten E-Mails im Geschäftsaccount an. Und wer ihn auf seinem Privathandy anrief, wusste sie auch nicht.
    »Gretchen, ich fasse nicht, was ich jetzt sage, aber ich glaube, ich habe mich verknallt!« Sarah stand immer noch regungslos mit seinem

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