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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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sofort nervös.
    »Finde ich super! Das steht dir auch toll. Solltest du öfter machen. Wobei, ich würde vielleicht für tagsüber ein bisschen weniger Make-up verwenden, sonst verdrehst du hier ja allen Männern den Kopf. Aber für abends ist das der Hammer!«
    »Ja, wirklich?« Michi lächelte stolz. Die Röte, die ihr ins Gesicht stieg, mischte sich mit dem fleckigen Rouge und erinnerte an ABBA in ihrer Hochphase Mitte der Siebziger.
    »Unbedingt. Du hast das perfekte Gesicht zum Schminken! Ich glaube, dass dir auch Naturtöne super stehen würden. Darf ich vielleicht mal?«
    Michi nickte begeistert.
    Schnell holte ich Tissues aus der Tasche, wischte ihr die Karnevalsfarben ab und schminkte sie dezent, was ihr ausgezeichnet stand.
    Kaum war ich fertig geworden, kam auch schon Clemens herein. Er sah umwerfend aus, wie jeden Morgen. Zum lockeren Jeans- und Polohemd-Look hatte er sich ein Cordjackett übergeworfen, was ihm einen Hauch von New Yorker Understatement verlieh. Schlagartig war ich wach und äußerst gut gelaunt, nur das Schlucken fiel mir vor lauter Aufregung schwer.
    »Guten Morgen, die Damen! Na, wie war die Party, Gretchen? Hab ich was verpasst? Übrigens ganz bezaubernd, deine Freundin Sarah.«
    Bevor ich etwas erwidern konnte, schweifte sein Blick zu Michi.
    »Donnerwetter! Michi, neuer Look? Steht dir gut!«
    Michi strahlte übers ganze Gesicht. Das gab mindestens hundert Punkte auf meinem Karmakonto!
    »Kommt ihr um vier in mein Büro? Ich möchte was mit euch besprechen.«
    Und raus war er. Zu gern hätte ich gewusst, wo er gestern Abend so schnell hinverschwunden war und wie bezaubernd er Sarah fand.
    Zumindest war klar, wem wir Michis neuen Ausflug in die Modewelt zu verdanken hatten. Offensichtlicher konnte man nicht verknallt sein, hoffentlich war meine Schwärmerei nicht auch so auffällig!
    Den restlichen Morgen verbrachte ich damit, die Rezension zum Hai-Film zu schreiben. Ich kam gut voran, nur das Geklapper von Michis Taschenspiegel, den sie im Viertelstundentakt zückte, um sich davon zu überzeugen, dass ihr neuer Look noch saß, lenkte mich wiederholt ab. Zumal ich aus den Augenwinkeln wahrzunehmen meinte, dass sie sich im Schmollmundziehen übte. Was für ein Irrenhaus, und alles nur wegen Clemens!
    In der Mittagspause holte ich mir ein grünes Curry vom Thai um die Ecke und rannte dabei fast Diane um, die angewidert die Nase rümpfte.
    »Iiih, in der Billo-Bude kaufst du dir was zu essen? Legst es wohl auf ’ne Salmonellenvergiftung an, was? Will nicht wissen, was passiert, wenn man da mal den WKD vorbeischicken würde. Da würde ich lieber ’n paar Euro drauflegen und mir was Anständiges zu essen kaufen!«
    Es würde schon reichen, wenn sie sich überhaupt mal was zu essen kaufen würde. Ihr Essverhalten war alles andere als gesund. Außer ein paar Äpfeln oder Karotten sah man sie nie etwas essen. Bestimmt hatten ihre Societyfreundinnen ihr eingeimpft, ja nicht so Teufelszeug wie Kohlehydrate zu sich zu nehmen.
    »Ach, Diane. Lieb, dass du dich so um mich sorgst. Man könnte fast meinen, du hast ein Herz«, entgegnete ich genauso charmant.
    Wenn Blicke töten könnten! Zumindest gab ich wegen ihrer herrischen Art nicht gleich klein bei wie andere, und Michi würde ich auch noch beibringen zu kontern und sich nicht von der fiesen Kuh einschüchtern zu lassen!
    Ich wollte mich gerade wieder an meinen Schreibtisch setzen, da hörte ich, dass Michi telefonierte, und zwar privat, wie mir schien, denn sie flüsterte. Anstandshalber blieb ich solange vor der Tür stehen. Vielleicht war es wieder ihr übervorsorglicher Vater, der täglich anrief, um sich zu vergewissern, dass es seinem einzigen geliebten einunddreißigjährigen Kind auch gut ging und es ja nicht zu leicht angezogen oder gar krank war. Michi neigte dazu, jeden Tag an einer anderen mittelschweren Krankheit zu leiden.
    Hm, ihr Vater konnte es wohl doch nicht sein, denn Michi gluckste aufgeregt.
    »Du, und dann hat er gefragt, ob ich einen neuen Look hätte, und gesagt, dass mir das gut stehen würde! Ja, wirklich! Ich glaube, du hattest Recht! Morgen zieh ich den kurzen Rock an, wie du gesagt hast. Du, und ich habe das Gefühl, als ob er mich immer etwas länger anschaut als die anderen!«
    Es war nicht schwer zu erraten, um wen es ging. Jetzt waren wir also tatsächlich schon zu viert im Rennen um Clemens. Konnte man nur hoffen, dass Michis Stilistin ihr keine neuen Schminktipps gab und der Rock, den sie vorhatte zu

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