Flaschendrehen: Roman (German Edition)
kommen jetzt mit dem Präsidenten raus« – sah nicht so aus, als ob er mit einem netten Augenaufschlag zu besänftigen wäre. Der war sozusagen immun gegen weibliche Raffinesse. Brachte sein Job wohl mit sich. Mist, es war sicher kein Problem, wenn man als Kritikerin bekannt wäre und jemanden übers Pressekontingent mitbringen konnte. Krampfhaft überlegte ich, wie ich Sarah reinbekommen konnte, vielleicht sollte ich sie als Ärztin für Notfälle vorstellen? Sarah war die Situation sichtlich peinlich. Klar, jemand, der noch nie eine Mahnung bekommen hat, weil er Rechnungen immer sofort bezahlt, hasst jede Art von Unkorrektheit.
»Das geht in Ordnung. Die Dame ist mit mir hier!«, hörte ich eine bekannte Stimme souverän sagen.
Clemens!
Er zeigte sein Bändchen, das eine Art Wunderbändchen zu sein schien, denn das Gesicht von Mr. Unbestechlich verzog sich in Sekundenschnelle zu einem herzlichen Lächeln. Er öffnete die Absperrung, ließ uns rein und wünschte viel Spaß beim Film.
»Darf ich vorstellen: Meine beste und älteste Freundin Sarah, mein neuester und hoffentlich auch bester Chef Clemens.«
Clemens und Sarah lachten sich an.
Clemens streckte Sarah die Hand entgegen.
»Freut mich sehr!«
»Mich auch. Und vielen Dank für die spontane Rettung! Als Möchtegern-Groupie in die Historie einzugehen, eine, die mit allen Mitteln versucht, auf die Premiere zu gelangen, und dann auch noch wegen eines Haifilms, wäre wenig schmeichelhaft gewesen!«
»Wie? Nur der Groupiebonus allein hat dich gerettet! Eine junge, gut aussehende Frau, die bereit ist, alles zu tun, um einen Haifisch zu sehen, lasse ich mir doch nicht entgehen. Die greif ich immer ab.«
Clemens verzog keine Miene, bis Sarah, die erst laut losgelacht hatte, wirklich glaubte, er meine es ernst. Sie blickte unsicher von mir zu ihm. Erst als Clemens ihr zuzwinkerte und grinste, wurde sie wieder locker und fand erleichtert das Lachen wieder.
»Ich besorge Getränke«, sagte Clemens und zog los, um das Tablett einer ziemlich hübschen Hostess leer zu räumen.
»Mann, der hat was!« Sarah war beeindruckt, was nicht oft vorkam. Noch seltener kam es allerdings vor, dass wir einer Meinung waren, was Männer betraf.
Dass man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner wie Johnny Depp einigen konnte, war klar, aber dann wurde es schon schwierig.
Clemens kam mit Champagner für uns und einem Bier für sich zurück, und im nächsten Moment wurde auch schon der Saal geöffnet, und die Masse begann, sich in Bewegung zu setzten.
Unter ihnen sogar einige Promis, was mich angesichts eines Films mit Haien in der Hauptrolle eher verwunderte, aber wenn es dazu diente, dass mehr Leute sich auch mal einen Tierfilm ansahen, sollte es mir recht sein.
»Ich hab Hunger! Ich hab extra nichts gegessen, weil du gesagt hast, es gibt Häppchen«, knurrte Sarah, während sie ihre 3-D-Brille in Empfang nahm.
»Wer musste denn noch Zeit verplempern und das Waschbecken schrubben, du oder ich?«, gab ich zurück. Auch mein Magen knurrte, außerdem hatte ich die Befürchtung, dass Sarah, die Alkohol auf nüchternen Magen nicht vertrug, gerade aber ein Glas Champagner leerte, gleich super albern werden würde.
»Wenigstens wurde dein Waschbecken zur Abwechslung mal geputzt«, musste Sarah hinterherschicken.
Wir nahmen unsere Plätze ein. Clemens baten wir in die Mitte.
»Lässt du mich noch mal kurz raus?«, flüsterte Clemens. Hatte er gerade eben erst bemerkt, dass die überdimensionalen 3-D-Plastikbrillen ziemlich bescheuert aussahen, oder hatten Sarah und ich den Bogen überspannt? Männer stehen anscheinend nicht auf Freundinnen, die sich schon so lange kennen, dass sie wie ein altes Ehepaar wirken.
»Super, jetzt hast du ihn vertrieben!«, zischte Sarah.
»Wie bitte? Wieso denn ich? Du hast doch gemeckert, dass du unbedingt Häppchen willst!«, gab ich zurück.
»Ach ja, und wer musste das mit dem Waschbecken ausbreiten?«
Bevor wir weiter herumzicken konnten, wurde es dunkel, nur ein Spot richtete sich auf den Regisseur des Films, ein lustiger Franzose, der sich netterweise eine kleine Rede auf Deutsch zurechtgelegt hatte, die er vom Blatt ablas. Er musste über seine Ausspracheversuche selbst am meisten lachen. Einige Fakten über die wahre Natur von Haien und die Notwendigkeit, warum Haie als wichtiger Aspekt für ein funktionierendes Ökosystem geschützt werden mussten; dann wurde es ganz dunkel, und wir setzten die Brillen auf. Entspannt ließ ich mich in
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