Flaschendrehen: Roman (German Edition)
Berlin!«
Jetzt erst begriff ich das Ausmaß der Katastrophe!
»Bleib, wo du bist! Ich hol dich ab!«
Als Antwort lachte Leila höhnisch.
»Sehr witzig! Wo soll ich denn sonst hin? Hier gibt’s doch nichts außer der Glaskugel und G-String-René!«
Das klang gar nicht gut! G-String-René? Mir schwante Übles. Schnell ließ ich mir den Weg erklären, stärkte mich noch rasch mit einem Teller Kohlsuppe und fuhr los.
Tropical Island! Wie kam man denn um Himmels willen auf die Idee, jemanden ins Tropical Island für ein erstes Date einzuladen? Wie kam man überhaupt auf die Idee, dorthin zu fahren?
Zum Glück war um diese Uhrzeit kaum etwas los auf den Straßen, sodass ich schnell durchkam. Den Weg hätte ich mir gar nicht so ausführlich beschreiben lassen müssen, denn schon einige Kilometer hinter Berlin gab es die ersten Wegweiser.
Vor dem riesigen Tropical Island Dome angekommen, musste ich nicht lange nach Leila suchen. Sie stand mit patschnassen Haaren am Eingang und fuchtelte unnötigerweise wild mit den Armen, um sich bemerkbar zu machen.
»Verkneif dir deinen Kommentar! Nichts wie weg hier!«
Sie stieg ein, und ich fuhr den Fluchtwagen. Schade, dabei hätte ich so gern noch einen Blick in das Urlaubsparadies Nummer eins von Brandenburg geworfen oder »Strandenburg«, wie man hier sagte. Doch allein die vielen »Willkommen in Strandenburg«-Schilder hinterließen einen bleibenden Eindruck.
»Und wo ist René?«, wagte ich zu fragen.
Leila kniff die Augen zusammen, und eine Ader an der Stirn schwoll merklich an.
Ich deutete es als Zeichen großer Wut und schien damit richtig zu liegen.
»Keine Ahnung. Baggert wahrscheinlich immer noch eine der Tänzerinnen an!«, knurrte sie mürrisch.
»Das scheint dich aber nicht sonderlich zu stören?«
»Nein, das stört mich wahrlich nicht! Den kann haben, wer will!«
Huch, das war ja schnell gegangen! Am Morgen hatte sie sich noch Gedanken über die gemeinsame Rente gemacht, und jetzt konnte ihn haben, wer wollte.
Ja, die Liebe war vergänglich, außer Clemens und meiner Liebe. Die würde natürlich für immer halten.
»Aber du fandest René doch so toll?«, wagte ich einzuwenden.
»Ja, das war, bevor ich ihn in seinen Buffalo-Tretern und der G-String-Badehose gesehen habe!«
Leila schüttelte sich nachträglich beim Gedanken an den Anblick.
»Buffalo-Treter? Die gibt’s doch gar nicht mehr! Wurde da nicht erst ein Gesetz erlassen, dass das Tragen von Buffalo-Schuhen zur Aberkennung der Staatsangehörigkeit ermächtigt?«, versuchte ich, die Stimmung zu lockern.
»Wohl gibt’s die noch! Und die rote G-String-Badehose auch. Aber selber schuld! Wie kann man auch so blöd sein und mit jemandem verreisen, den man bis dahin nur barfuß und in einem weißen Tai-Chi-Anzug gesehen hat?«, machte Leila sich Vorwürfe.
Ja, hinterher war man immer schlauer! Aber Hand aufs Herz, wer rechnete damit, ins Tropical Island verschleppt zu werden, was schon schlimm genug war, und sich dann auch noch an der Seite eines Mannes zeigen zu müssen, der allen Ernstes mit freiem Po herumspazierte! Konnte man ja schlecht jedes Mal rufen: »Ich gehöre eigentlich nicht dazu!«
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, und so wagte ich einen letzten Versuch.
»Mal abgesehen von seinem fragwürdigen Kleiderstil, ist er denn sonst nett? Klamotten kann man ja andere kaufen.«
Leila atmete tief durch.
»Was meinst du, warum ich so lange mitgespielt habe! Erst dachte ich, es kann doch nicht wahr sein, dass ich so ’ne oberflächliche Trulla bin und einen Mann, den ich ja zweifelsohne gut fand, wegen seiner Klamotten abschreibe. Kann man zur Not ja ändern, wozu bin ich Designerin. Also bin ich eingestiegen und habe sogar meine Abneigung gegen das Tropical Island für mich behalten. Als wir dann aber zu dieser komischen Beach Party sind, hat’s mir echt gereicht! Schlimmer als Ballermann 6! Und jetzt kommt’s: René steht auf den exotischen Typ und wollte, dass ich mir ’ne Blumenkette umhänge. Der findet mich original nur gut, weil ich in sein Beuteraster passe. Vor mir hat er ’ne kenianische Freundin gehabt und davor ’ne pakistanische. Und ich sei ja auch – O-Ton! – ›ein ganz heißes Schokostückchen‹!«
Das gab es doch nicht. Leila hatte sich anscheinend schon wieder einen richtig miesen Typen ausgesucht! Sauer fuhr sie fort zu erzählen.
»Als ich mich dann – O-Ton – ›echt zickig‹ angestellt habe, weil ich mich nicht begrapschen ließ und mich
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