Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
Vom Netzwerk:
aufgebaut, ausgestattet mit riesigen Kissen. Orchideen, hinduistische und Ritualgegenstände, Räucherstäbchen und indische Musik vervollkommneten die Wandlung.
    Niemand, vor allem kein Clemens würde Sarah abnehmen, dass sie einen solchen Aufwand einfach so für eine ungezwungene Einladung mitten in der Woche veranstaltete. Jeder und vor allem Clemens, der ja nicht blöd war, würde erkennen, dass Sarah unsterblich verliebt oder nicht ganz richtig im Kopf sein musste!
    Mir wurde schlecht! Ich hatte sie ins Messer laufen lassen, anstatt ihr zu sagen, dass Clemens mich wollte, und zudem musste sie sich auch noch verschuldet haben. Die Dekomittel sahen allesamt recht teuer aus!
    Ben, der kopfschüttelnd neben mir stand, schien meine Gedanken lesen zu können und sah mich an.
    »Offensichtlich weiß Sarah noch nichts von dir und Clemens. Wann willst du es ihr sagen?«
    Da war er wieder, der Inquisitionsblick. Wieso hatte ich immer das Gefühl, mich vor Ben rechtfertigen zu müssen? Und wieso war mir seine Meinung so wichtig?
    »Am liebsten würde ich es ihr gar nicht sagen. Zuerst möchte ich mit Clemens sprechen, um Klarheit zu haben. Nicht, dass ich etwas beichte, was gar nichts zu bedeuten hat.«
    Wenn unsere Küsse nichts zu bedeuten hatten, musste Bedeutung neu definiert werden, dachte ich dann noch.
    »Aha, du willst dich also drücken«, nannte Ben das Kind beim Namen. Leider konnte man ihm nicht leicht etwas vormachen, kein Wunder, Menschen richtig einzuschätzen war Teil seines Jobs.
    »Sagen wir so, ich werde noch etwas abwarten.«
    Ben runzelte die Stirn und sah dabei verdammt attraktiv aus.
    »Warte nicht zu lange, Sarah hat es ganz schön erwischt. So habe ich sie noch nie erlebt, dich übrigens auch nicht. Will nicht wissen, was dieser Clemens mit euch macht!«
    Zum ersten Mal sah er wirklich besorgt aus, was ich süß und rührend fand, aber nicht zeigte.
    »Ben, wenn du das rausfindest, sag Bescheid. Ich wüsste es auch gerne! Du wirst ihn gleich kennen lernen.«
    »Ich kann’s kaum abwarten!« Täuschte ich mich, oder klang plötzlich der volle Sarkasmus aus seiner Stimme? Was wollte Ben eigentlich? Und was ging es ihn an, in wen Sarah und ich uns verliebten? Die große »Ich bin um euch besorgt«-Nummer wurde mir jetzt doch zu viel. Ein großer Bruder reichte, außerdem: Hatte ich ihm gegenüber je etwas gegen Liv gesagt? Okay, ja, hatte ich, sogar ziemlich deutlich, aber Liv war ja auch objektiv eine üble Schnalle und mit einem Kaliber wie Clemens nicht im Ansatz vergleichbar.
    Ich ging zu Sarah in die Küche, aus der es jetzt sehr authentisch nach Chicken Masala roch.
    »Sag mal, wie viel hast du für die Esszimmerdeko ausgegeben?«, fragte ich vorsichtig nach.
    Sarah schmeckte die Sauce ab, damit es einen benutzten Probierlöffel gab, den sie drapieren konnte.
    Freudestrahlend schaute sie mich an.
    »Gefällt’s dir? Ist der Hammer, oder? Das ist alles geliehen, und du kommst nie darauf, von wem! Livs Mutter hat ein kleines Möbelgeschäft in Wilmersdorf mit sehr exquisiten Stücken aus aller Welt. Liv war supernett und hat mir sofort geholfen!
    Wir müssen nur aufpassen, ja nichts zu versauen. Das gilt vor allem für dich, Gretchen. Du bist ja gerne schusselig!«
    Ich war erleichtert und stinksauer zugleich. Wie konnte sie solch einen Verrat begehen und sich ausgerechnet von Liv dabei helfen lassen, und wieso hatte Ben mich erst mal in dem Glauben gelassen, dass Sarah diesen Abend bis zu ihrer Rente abbezahlen musste?
    Leider konnte ich ihn das nicht fragen, denn es klingelte.
    Aaaah! Das Spiel konnte beginnen, und ich war mittendrin! Sarah durfte nie und unter keinen Umständen erfahren, dass Clemens und ich an ihrem legendären Indienabend schon getestet hatten, wer welches Mundwasser benutzte. Das würde ich nicht überleben – zu Recht!
    Sarah ging zur Tür, um Clemens zu begrüßen.
    »Du siehst ja umwerfend aus!«, hörte ich ihn voller Bewunderung sagen, und obwohl ich wusste, dass er sich für mich interessierte, versetzte es mir einen kleinen Stich! Was war ich für eine alberne Kuh! Clemens war höflich und ich eifersüchtig, ausgerechnet auf meine beste Freundin, die es schwer genug haben würde, wenn sie erst erfuhr, wen von uns beiden Clemens umwerfender fand.
    Überglücklich führte Sarah ihn ins ehemalige Esszimmer, seit einigen Stunden auch als der indische Aschram bekannt, wo Ben und ich auf den Kissen saßen. Eigentlich komisch, dass Ben so ein Schauspiel mitmachte, obwohl,

Weitere Kostenlose Bücher