Flashback
Hiroshi Nakamura Sie engagiert hat, damit er mich aufspüren und töten kann, auch wenn es ihn noch so sehr danach drängt. Nein, Nick Bottom, Nakamura hat Sie engagiert, weil er weiß, dass Sie der einzige lebende Mensch sind, der den Mord an seinem Sohn Keigo klären kann.«
Ist das jetzt plumpe Schmeichelei, oder was? Nick mochte es nicht glauben. Dafür war Nuchajew einfach zu schlau, und er wusste, dass auch Nick nicht auf den Kopf gefallen war. Was steckte also dahinter?
»Sie müssen mir schon verraten, warum ich der Einzige bin, der dazu imstande ist. Ich habe nämlich keinen blassen Schimmer, wer es getan hat und warum ausgerechnet ich es wissen sollte.«
»›Wer schon vor der Schlacht über den Sieg nachdenkt, hat die meisten strategischen Vorteile auf seiner Seite.‹« Diesmal ließ der Don keinen Zweifel an der Herkunft des Zitats.
Nick schüttelte den Kopf. Am liebsten hätte er seinem Gegenüber erklärt, wie sehr er Leute hasste, die in Rätseln sprachen – das war ein Grund, warum er kein Christ war –, aber er gab dem Impuls nicht nach. Er war müde und hatte Schmerzen.
Nuchajew ließ nicht locker. »Als Hiroshi Nakamura Sie engagiert
hat, wusste er, dass Sie das Verbrechen klären können, an dem sich alle amerikanischen und japanischen Ermittler die Zähne ausgebissen haben. Wie kann das sein, Nick Bottom?«
Nick zögerte nur eine Sekunde. »Es muss etwas mit mir persönlich zu tun haben. Mit meiner Vergangenheit, meine ich. Etwas, was ich weiß. Etwas, das mir in meiner Zeit als Polizist begegnet ist …, irgendwas.«
»Ja. Es hat was mit Ihnen zu tun. Aber nicht unbedingt mit Ihrer Arbeit als Detective, Nick Bottom.« Der Don hatte eine Art Mayonnaiseglasdeckel aus der Schreibtischschublade gezogen und schnippte seine Zigarrenasche hinein. Er war schon fast voll.
Einen echten Aschenbecher hätte ich als Waffe verwenden können. Nick wehrte den albernen Gedanken ab.
»Irgendwas aus meiner Vergangenheit also.« Er schüttelte den Kopf. »Das hilft mir auch nicht weiter.«
»Weil Sie bestimmte Leute im Verdacht haben, den Mord begangen zu haben«, konstatierte Don Chosch-Achmed Nuchajew.
»Ja.«
»Und wer ist das?«
»Killer von einem dieser japanischen – wie heißen die gleich wieder – Daimyōs. Diese Unternehmensfürsten, die Shōgun werden wollen.«
»Kennen Sie die führenden Keiretsu-Clans?«
»Ja, ihre Namen zumindest.« Er hatte sie schon gekannt, bevor Sato sie ihm auf der Fahrt hierher genannt hatte. Aber warum hatte Sato sie ihm eigentlich genannt? Was führte dieser Scheißkerl denn im Schilde? »Die sieben Daimyōfamilien, die in Japan zurzeit das Sagen haben, sind die Keiretsus Munetaka, Morikune, Omura, Toyoda, Yoritsugo, Yamashita und Yoshiake.«
»Nein.« Kein Amüsement und keine gespielte Freundschaft lagen in Nuchajews Stimme.
»Nein?« Nick stutzte. Das waren doch allgemein bekannte Fakten.
Schon zu der Zeit, als er in seiner Eigenschaft als Detective des Denver Police Department den Mordfall Keigo Nakamura untersucht hatte. Sato war eine Lüge zuzutrauen, aber …
»Die Keiretsu sind zu Zaibatsu geworden«, erklärte der Don. »Nicht mehr nur verflochtene Industrieunternehmen in Familienbesitz wie im späten zwanzigsten Jahrhundert, sondern Mischkonzerne in Familienhand, die über die Geschicke des Landes entscheiden wie im ersten japanischen Reich vor hundert Jahren. Und es gibt acht führende Daimyōs, die Japan beherrschen. Nicht sieben, Nick Bottom, sondern acht. Acht mächtige Männer, die zum Shōgun werden wollen.«
»Nakamura.« Nick überlegte, ob sich der Don nur als Klugscheißer aufspielte oder ob mehr hinter seiner Belehrung steckte. »Sowohl die Polizei von Denver als auch das FBI waren der Meinung, dass der Mord an Keigo Nakamura nichts mit den lokalen Verdächtigen zu tun hatte – den Typen, die ich noch mal befragt habe –, sondern mit japanischen Intrigen und Rivalitäten. Wir wussten einfach nicht genug über diese inneren Machtkämpfe, um brauchbare Spekulationen anstellen zu können. Die Vernehmung von Nakamuras Repräsentanten hat uns nicht weitergebracht. Diese Keiretsu oder Zaibatsu stehen im modernen Japan – im modernen feudalistischen Japan – praktisch über dem Gesetz, daher konnte uns die japanische Polizei auch nicht helfen.«
Erneut ließ Don Chosch-Achmed Nuchajew sein breites, nicht unbedingt belustigtes Lächeln aufblitzen und schnippte Zigarrenasche in den Deckel. »Sie wissen nicht einmal, wer Hideki Sato in
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