Flashback
Militärverträge mit Japan und den anderen Bestellnationen brechen, um mit der zurückbeorderten Armee einer Million ins Land drängenden Dschihadisten entgegenzutreten? Würde sie es wagen?
Nick war ganz schwindlig im Kopf. »Mexiko würde das ebenfalls nicht zulassen. Die Reconquistas haben zu hart dafür gekämpft, diese Staaten zu erobern und die amerikanische Landnahme von 1848 rückgängig zu machen.«
Lachend drückte Nuchajew seinen Zigarrenstumpen aus. »Glauben Sie mir, mein Freund, dieses Nuevo Mexico existiert überhaupt nicht. Sie reden mit jemandem, der seit über zwanzig Jahren
mit den Reconquistas Handel treibt, mit ihnen zusammenarbeitet und sich in den wirren Grenzen des eroberten Gebiets bewegt. Nuevo Mexico ist nur eine Vernunftehe – eine fiktive Vernunftehe – zwischen den Anführern der verschiedenen Drogenkartelle, fliehenden Landbesitzern aus dem alten Mexiko, jüngeren Spekulanten und Latinowarlords, die lediglich ihre eigenen Interessen verfolgen. Es gibt kein Nuevo Mexico. «
»Es hat eine Flagge.« Nick merkte, wie kläglich er klang.
Nuchajew grinste. »Sicher, Nick Bottom. Und auch eine Nationalhymne. Aber das fiktive Gebilde Nuevo Mexico ist genauso korrupt und von innen her verfault wie das alte Mexiko vor seinem Fall. Die Siedler hier können sich nicht ernähren und schon gar nicht die großen amerikanischen Farmen, Hightechfirmen, Wissenschaftszentren und die Zivilbevölkerung ersetzen, die sie vertrieben haben. Ohne die Lebensmittellieferungen der Kartelle würden sie binnen einem Monat verhungern. Sie hängen am Tropf und überleben nur durch das Geld, das die Kartelle mit Kokain, Heroin und Flashback verdienen. Wenn sie diesen Tropf verlieren, werden die achtzehn Millionen ehemaligen mexikanischen Einwanderer sehr schnell weiterziehen.«
»Aber … das Kalifat … « Nick stockte. »Die haben doch gar nicht … die Sprache, die Kultur, die Infrastruktur … « Wieder schüttelte er den Kopf. »Wer würde denn den Südwesten an das Kalifat verkaufen?«
Der Tschetschene senkte das Kinn auf die gebügelte Hemdbrust und setzte ein geradezu diabolisches Lächeln auf. »Ich, unter anderen. «
Entgeistert starrte Nick den Mann hinter dem Schreibtisch an. Don Chosch-Achmed Nuchajew meinte es ernst. War er verrückt? Größenwahnsinnig, sicher – das war Nick schon zu Beginn dieser merkwürdigen Unterhaltung klar geworden. Aber komplett verrückt?
Wohl kaum. »Wer würde das Land verkaufen?« Nick sprach mehr mit sich als mit dem Don. »Nuevo Mexico bestimmt nicht, auch wenn seine Streitkräfte und Siedler hier vielleicht stören.«
»Eher nicht«, antwortete Nuchajew. »Nicht mehr als zum Beispiel die Einwohner und sogenannten Armeen in Belgien, Norwegen, Dänemark und dem europäischen Russland. Die neuen Besitzer dieser früheren Nationen haben in den letzten dreißig Jahren viel Erfahrung mit einer möglichst wirksamen Expansion gesammelt. «
»Trotzdem … « Wieder zuckten Nicks Nervenenden. »Wer würde den eigentlichen Verkauf durchführen und die Millionen dafür einstreichen?« Nick schaute Nuchajew in die dunkel brütenden Augen. »Japan.«
Don Chosch-Achmed Nuchajew breitete die schwieligen Hände aus.
»Nicht das Land Japan«, fuhr Nick fort, »sondern der Daimyō und das Keiretsu, die am meisten zu sagen haben in den USA, wenn die Zeit reif ist für den Deal mit den Mullahs in Teheran und Mekka. Der neue Shōgun.«
Nuchajews Lächeln war verschwunden. Sein Blick bohrte sich in Nick. Wie eine züngelnde Flamme spürte er ihn im Gesicht.
»So ähnlich wie beim Louisianaeinkauf, als die USA Frankreich mehr als ein Viertel des heutigen Staatsgebiets abgekauft haben.« Nick zögerte. »Aber Millionen von islamischen Kolonisten in ehemaligen US-Staaten? Das würde sich Amerika … nie gefallen lassen. «
Doch Nicks Überzeugung erlahmte. In den letzten Jahrzehnten hatte sich Amerika eine Menge gefallen lassen. Und was hatte es einer organisierten und vom Kalifat unterstützten Kolonisierung dieser Wüstenstaaten schon entgegenzusetzen? Schließlich hatte Amerika sie nicht einmal gegen den Zugriff mexikanischer Kartelle und Truppen verteidigen können.
Werden sie ihre Kamele mitbringen? Nick rieb sich die Augen mit den Handballen. Plötzlich hatte er furchtbare Kopfschmerzen.
»Ich bin ein schlechter Gastgeber«, bemerkte Nuchajew. »Haben Sie Durst, Nick Bottom? Soll ich ein Glas Wein bringen lassen? «
»Keinen Wein«, antwortete Nick. »Nur Wasser.«
In
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