Flashback

Wirklichkeit ist, nicht wahr?«
    »Er ist Mr. Nakamuras Sicherheitschef.« Zähneknirschend nahm Nick die Rolle des Stichwortgebers auf sich, um mehr von dem eingebildeten Schnösel zu erfahren.
    Nuchajew lachte leise. »Er ist ein professioneller Killer und Daimyō einer eigenen Familie – einer der führenden vierzig Daimyōs
im heutigen Nippon und durchaus kein völlig chancenloser Anwärter auf die Position des Shōgun. Haben Sie schon mal von Taisha No Shi gehört?«
    »Nein. «
    »Es bedeutet Oberst Tod. Erinnern Sie sich noch an Soong Jin?«
    »Nein. Doch, Moment … : diese chinesische Schauspielerin, die vor acht Jahren zum Warlord geworden ist?«
    »Ja.« Nuchajew zog tief an seiner inzwischen deutlich kürzeren Zigarre. »Soong – ihr Familienname – war Chinas letzte und größte Hoffnung auf Wiedervereinigung. Nach ihrem Abschied vom Film verfügte sie über eine Armee von sechs Millionen fanatischen Anhängern und die Unterstützung von vier- oder fünfhundert Millionen weiteren Chinesen. Außerdem hatte sie ungefähr sechshundert Bodyguards, von denen sechzig zu den besten Sicherheitskräften Chinas gehörten.«
    »Und sie ist gestorben … , ich weiß nicht mehr. Bei einem Bootsunfall ?«
    Zur Abwechslung wirkte Nuchajews Lächeln ehrlich. »Sie ist gestorben, als Taisha No Shi – der Mann, den Sie als Sato kennen – nach China gereist ist und sie getötet hat. Ob in Nakamuras Auftrag, wissen wir nicht.«
    »Oberst Tod.« Nick zog die Silben in die Länge. »Klingt ziemlich billig. Aber wenn Sie andeuten wollen, dass Sato ohne Erlaubnis oder Anweisung Nakamuras handelt, muss ich sagen, dass ich mir das beim besten Willen nicht vorstellen kann.«
    Nuchajew nickte bedächtig. »Trotzdem ist es bemerkenswert, Nick Bottom, dass Ihnen für die Zeit Ihrer … äh … Untersuchung einer der bedeutendsten Killer der Welt an die Seite gestellt worden ist. Ich an Ihrer Stelle würde ernsthaft über die Tragweite dieser Tatsache nachsinnen.«
    »Wie Sie meinen.« Nick hatte allmählich die Schnauze voll von diesem aufgeblasenen Arschloch. »Möchten Sie mir sonst noch
was Nützliches erzählen? Vielleicht über den Mord an Keigo Nakamura? «
    Nuchajew lächelte schmallippig. »Das habe ich doch gerade getan, Nick Bottom. ›Wenn du weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in jeder Schlacht unterliegen.‹«
    Schon wieder dieser bekloppte Sunzi. Allmählich dämmerte Nick, dass sich Don Chosch-Achmed Nuchajew aufführte wie ein zweitklassiger Schurke in einem Bondfilm. Sie versuchten jedes Mal, den Helden mit Worten zu vernichten, statt abzudrücken, solange sie die Chance hatten.
    Nick versuchte es mit einem Themenwechsel. »Hat Ihnen Keigo irgendwelche Fragen gestellt, die ungewöhnlich waren? Irgendwas Komisches, Ungewöhnliches?«
    Don Nuchajew lächelte. »Er hat mich gefragt, ob ich F-2 genauso vertreiben würde wie Flashback. Sein Ton ließ darauf schließen, dass die Fantasiedroge real ist … oder es bald sein wird.«
    Schon wieder F-2. Plötzlich keimte in Nick die Hoffnung auf, dass Keigo Nakamura vielleicht mehr als jeder andere über die fantasiegesteuerte Superdroge gewusst haben mochte. Mit F-2 würde Nick in seiner Vorstellung ein völlig neues Leben mit Dara aufbauen können, auch mit Val, aber nicht mit einem Sechzehnjährigen, sondern mit einem süßen kleinen Fünfjährigen. Dem Vernehmen nach verhieß Flashback 2 ausschließlich glückliche, von schlechten Erinnerungen unbeeinträchtigte Fantasien, die sich so real anfühlten wie die Wirklichkeit. Auf allen Ebenen. Und die F-2-Anhänger behaupteten, dass die neue Droge im Gegensatz zu Flash – wo man beim Nacherleben immer ein wenig getrennt von den Ereignissen blieb und über ihnen schwebte – eine vollkommene Versenkung ermöglichte.
    »Was haben Sie darauf geantwortet?«
    Nuchajew lachte. »Dass ich jede Droge verkaufe und verteile, die die Leute haben wollen. Aber sie muss real sein, und das ist bei
F-2 nicht der Fall. Wir alle kennen doch schon seit ewigen Zeiten die Gerüchte. Es ist eine unmögliche Droge. Wer Fantasien will, soll Heroin oder Kokain nehmen, habe ich ihm gesagt.«
    »Und wie hat Keigo Nakamura reagiert?« Etwas in Nick wollte nicht wahrhaben, dass F-2 immer noch eine Utopie war. Aber Keigo hat doch auch Danny Oz gefragt, ob er F-2 nehmen würde. Verdammt, worauf wollte Keigo bloß hinaus?
    »Er hat das Thema gewechselt«, antwortete Nuchajew. »Und das möchte ich jetzt auch tun. Ist Ihnen bekannt, Nick