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tragische Geschichte. Aber wie Sie sagten, haben die Kollegen den Selbstmord bereits bearbeitet. Weshalb hat der Kollege Seifert Sie zu uns geschickt?«
Frantz hob die Augenbrauen und nickte zustimmend. Als wolle er seiner Aussage einen besonderen Ausdruck verleihen, faltete der Sachbearbeiter die Hände vor seine Brust. Er atmete noch einmal tief durch, bevor er zur Antwort ansetzte.
»Da ist noch die Aussage von Herrn Doktor Abel. Demnach handelte es sich bei den Viren im Körper des Patienten nicht um normale Hepatitis-B-Erreger. Also normal vielleicht schon, aber eben merkwürdig. Er hat in dem Blut dieses Studenten viel zu wenige Antikörper gefunden. Trotzdem ist die Infektion nicht ausgebrochen. Außerdem hätte er irgendwelche Zellreste finden müssen. So genau habe ich das auch nicht verstanden. Da fragen Sie den Doktor am besten noch einmal selber. Er fand das Ergebnis seiner Untersuchungen auf alle Fälle sehr mysteriös! Noch etwas: Die Gerichtsmedizin hat uns Ergebnisse von zwei Personen zukommen lassen. Die Befunde weisen eine frappierende Übereinstimmung mit den Aussagen von Doktor Abel aus.«
»O nein!« Karin verdrehte genervt die Augen. Frantz sah sie einen Augenblick irritiert an.
»Ich wollte es nur melden«, entgegnete Frantz zaghaft.
»Das ist in Ordnung, danke. Ich glaube, Sie haben uns sehr geholfen«, Joshuas Enthusiasmus war ihm anzumerken. Frantz hatte das Büro bereits verlassen, Daniel zupfte Flusen von seinem Oberhemd, als Karin bedeutungsvoll nickte.
»Ich denke, diese Aussage können wir nicht ignorieren.«
»Du glaubst, Joshua hatte die ganze Zeit recht?«
»Ich glaube, die bisherigen Erkenntnisse bedürfen der Klärung«, antwortete Karin mit einem Seitenblick auf Joshua. Dieser nickte zufrieden.
»Allerdings haben wir immer noch nichts für den Staatsanwalt«, schob Joshua skeptisch hinterher.
»Bis die Ergebnisse vom BKA kommen, können wir nicht warten. Das kann doch kein Zufall sein, dass drei Tote voller Hepatitisviren sind«, rief Daniel. Joshua freute sich über die Zustimmung seines Kollegen.
»Ihr meint, da draußen bringt jemand Menschen um, weil sie an Hepatitis erkrankt sind«, Karin konnte den unausgesprochenen Ansatz ihres Kollegen nicht nachvollziehen.
»Falsch«, ging Joshua dazwischen, »nach den Aussagen von Professor Marburg sind den Studenten diese vermutlich gentechnisch veränderten Viren injiziert worden.«
»Aber warum?«
Karins Skepsis hielt sich.
»Warum sind sie jetzt tot?«, ergänzte Joshua und griff zum Telefonhörer. Nach zwei Telefonaten stand er auf.
»Ich fahre zum Elisabeth-Krankenhaus. Dort liegt der Lokführer mit einem Schock. Die Leiche muss schnellstmöglich obduziert werden. Außerdem muss jemand nach Dormagen und vor allem zur Uni. Wir brauchen die Liste aller Firmen, die in letzter Zeit dort Probanden werben wollten.«
»Wie denn?«
Joshua sah sie erstaunt an.
»Wir können doch jetzt nicht auf eigene Faust eine Ermittlung einleiten. Wie stellst du dir das vor? Komm hau ab, wir decken dich. Mehr ist nicht drin.«
21
Kalle nahm sich noch einmal den Bericht der Kriminaltechnik vor. Eben hatte Joshua ihn angerufen und die Neuigkeiten verkündet. Er bat ihn inständig, irgendein Indiz zu finden. Einen kleinen Happen, den die Staatsanwaltschaft schlucken musste. So wie sein Kollege Staatsanwalt Bornmeier beschrieb, dürfte die Chance auf ein Ermittlungsverfahren bei Viola Lubjuhn, der Krefelder Staatsanwältin, größer sein. Kalle las den Bericht schon zum zweiten Mal. Die ganze Zeit über hatte er dieses komische Gefühl im Hinterkopf. Das Gefühl, irgendetwas übersehen oder nicht richtig gedeutet zu haben. Während er unentwegt Zucker in seinen Kaffee schaufelte, sah er sich die Bilder vom Tatort an. Die merkwürdig verwinkelte Haltung des Opfers. Die Bank, auf der sich der Löffel und das Feuerzeug befanden. Warum ist er nicht dort sitzen geblieben? Kalle blätterte noch einmal in dem Bericht von Max Drescher. An Spritze und Löffel befanden sich ausschließlich die Fingerabdrücke des Opfers, las er. Kalle rieb sich nachdenklich das Kinn. Während er zu seiner Tasse griff, kam ihm ein Gedanke. Er stellte sie langsam zurück und las die Seite noch einmal. »… auf dem Einwegfeuerzeug der Marke »bic« konnten keinerlei Spuren gesichert werden.« Kalle griff sofort zum Telefon.
»Hallo Max. Warum konnten auf dem Feuerzeug keine Spuren gesichert werden?«
Für einige Sekunden vernahm er nur leises Atmen. Drescher
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