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Flatline

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Titel: Flatline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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zur Uni schickten, während sie ihrerseits privaten Terminen nachgingen, machte Daniel wütend. Maßlos enttäuscht war er über den Umstand, ihnen offenbar gleichgültig zu sein. Eine andere Erklärung, weshalb sie ihm nicht einmal zu seinem 40. Geburtstag gratuliert hatten, fiel ihm nicht ein. Da er jetzt auch nicht mehr mit Besuch rechnete, tröstete Daniel sich damit, ersatzweise einen schönen Abend mit seiner Freundin zu verbringen. Der Anruf bei Melissa beförderte seine Stimmung wenig später auf den absoluten Nullpunkt. Sie könne leider erst später kommen, da sie noch auf eine Party eingeladen sei. Deprimiert steckte er das Handy weg. Im Aufzug ging er gedanklich seinen Weinbestand durch. Ein fruchtiger, schwerer Rotwein musste es sein, mit dem er einsam auf der Couch sitzend seinen runden Geburtstag feiern würde. Oben auf dem Flur glaubte er, Stimmen gehört zu haben. Als die Treppenbeleuchtung erlosch, sah er durch den Türspion Licht in der Wohnung. Leise ging er zur Wohnungstür und hielt seinen Kopf dicht daran. Absolute Stille umgab ihn. Die unteren Etagen waren an Firmen vermietet. An Wochenenden und Feiertagen befand sich meist niemand im Haus. Sein Wohnungsschlüssel hatte das Schloss bereits erfasst, als Daniel deutlich ein Klirren vernahm. So, als würden Gläser aneinanderstoßen, gefolgt von leisen Männerstimmen. Daniel reagierte sofort. Er zog seine Sig-Sauer 226 aus dem Schulterhalfter und entsicherte sie. Vorsichtig drückte er den Schlüssel ganz ins Schloss und drehte ihn langsam. Mit einem Ruck schmiss Daniel die Tür auf, sprang in die Wohnung, stellte sich breitbeinig im 90-Grad-Winkel zu den ausgestreckten Armen, umklammerte mit beiden Händen die Dienstpistole und schrie: »Keine Bewegung, die Hände …«
    Ein volles Sektglas zerplatzte auf dem weißen Marmorboden des Flures und beendete mit hellem Klang eine Sekunde der atemlosen Spannung. Erstes, zaghaftes Klatschen ging in donnernden Applaus über, der wiederum nahtlos in ein Geburtstagsständchen der versammelten Kollegenschar mündete. Daniel hatte mittlerweile die Arme sinken lassen. Bis seine Gesichtszüge sich entspannten, verging etwas mehr Zeit. Joshua gratulierte ihm als Erster.
    »Hast ’ne komische Art, deine Wohnung zu betreten.«
    Als Daniel durch seine Wohnung ging, war er sprachlos. Über fünfzig Gäste gratulierten ihm. Unterwegs zog er Joshua an sich und flüsterte ihm ins Ohr.
    »Hättest du doch was gesagt. Auf so viel Besuch bin ich nicht vorbereitet. Ich versuche mal schnell, einen Partyservice zu bekommen.«
    »Ist alles vorbereitet.«
    Joshua schob den verdutzten Kollegen in die Küche. In weißer Jacke, karierter Hose und Kochmütze gekleidet stand der Gerichtsmediziner Eugen Strietzel am Gasherd, assistiert von seiner Kollegin Judith Vanderheyden. Daniel entfuhr ein leises: »Das gibts doch nicht.« Von hinten tippte Kalle ihm auf die Schulter. Neben ihm stand eine schlanke, hübsche Frau mit langen, blonden Haaren.
    »Darf ich vorstellen, Frau van Bloom.«
    Daniel breitete derart überrascht seine Arme aus, dass seine linke Hand Joshuas Nase traf.
    »Luna! Ich dachte, du kannst nicht kommen?«
    »Wusstest du eigentlich, wie charmant dein Kollege Frauen überreden kann?«
    Eine leichte Röte zog über Kalles Gesicht.
    »Das war harte Recherche«, antwortete Kalle mit gespielter Empörung, »bis ich mal rausbekommen habe, dass deine Schwester in Syrien alte Scherben aus der Erde buddelt.«
    Daniel bekam nicht mit, dass sie ihn bewusst in der Küche hielten, indem ihn immer wieder andere Gäste in ein Gespräch verwickelten. Aus dem Wohnzimmer erklang plötzlich ein Tusch. Kalle gab ihm ein Zeichen.
    Mitten im Wohnzimmer standen die Kollegen des LKA in einer Reihe aufgestellt. Das Licht hatte Kalle ausgeschaltet. Wenige Kerzen auf der Fensterbank hinter den Kollegen ließen schemenhaft deren Konturen erkennen. Daniel bemerkte flackerndes Licht, begleitet von bekanntem Knistern. Auf ein Zeichen Kalles öffneten die Kollegen in der Mitte eine Lücke von einem Meter Breite. Daniel musste bei dem Anblick schlucken, seine Augen wurden feucht.
    In einem verführerisch schönen Kleid aus dunkelroter Seide trat Melissa durch die Lücke. Sie trug eine kleine Torte voller brennender Wunderkerzen. Während die Gäste lautstark in Stevie Wonders »Happy Birthday« einstimmten, bewegte Melissa sich verführerisch auf ihren Freund zu. Ihre Hüften ließ sie dabei sanft kreisen.
     
    Es war weit nach

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