Flatline
ein betrunkener Polizist in Begleitung eines Kochs reinschneit und nach einem Arzt fragt, den es gar nicht gibt!«
»Ich bin selber Arzt«, antwortete Eugen Strietzel.
»Klar, und ich bin Mutter Teresa. Den Ausweis oder raus, aber zackig!«
Sie unterstrich ihre Forderung mit einem blitzschnell in die Höhe schießenden Arm, der bedrohlich zur Tür zeigte.
»Lass uns verschwinden, hat eh keinen Zweck«, flüsterte Strietzel. Joshua nickte. Heute Nacht dürften die Chancen denkbar gering sein. Die Wirkung des Alkohols war mittlerweile kaum noch spürbar, der Nebel lichtete sich. Gedanken, so klar wie Quellwasser, gelangten an die Oberfläche. Die Intensivstation konnte nicht das Labor des Täters sein. Überhaupt musste es sich um einen unglaublichen Zufall gehandelt haben, dem ominösen Rosenbaum hier begegnet zu sein. Er konnte es unmöglich riskieren, hier ein- und auszugehen. Was wollte Rosenbaum in der Intensivstation?
Sie waren der Anweisung der resoluten Dame gefolgt und standen auf dem Flur. Joshua suchte nach einem Zusammenhang. Die Intensivstation der Virologie dürfte Patienten mit den exotischsten Viren behandeln, dachte er. Ideale Versuchspersonen, um ein Gegenmittel zu testen. Der letzte Gedanke elektrisierte ihn.
»Wir müssen Jack helfen!«
»Wie stellst du dir das vor. Soll ich ihn operieren?«
»Du musst ihn untersuchen, sofort!«
Er zog Strietzel am Arm in Richtung der beiden Türen, durch die man zur Intensivstation gelangte.
»Halt! Was wird das denn jetzt?«
Joshua drehte sich um.
»Wir müssen auf die Intensivstation. Mein Freund ist in Lebensgefahr. Bitte verständigen Sie sofort den Arzt.«
Frau Grunert schien jedoch der Gedanke zu beschäftigen, die Psychiatrie einzuschalten. Strietzel schüttelte Joshuas Arm ab und blieb stehen.
»Joshua, komm zur Vernunft. Wir können da nicht rein. Warte, bis der Arzt kommt, das kann doch nicht lange dauern«, Strietzel wandte sich der Pflegerin zu, »bitte rufen Sie den Arzt.«
Joshua schürzte die Lippen und nickte kaum wahrnehmbar.
»Denk an unsere Berichte. Keines der Opfer ist an einem Vireninfekt gestorben. Lambert hatte sogar Antikörper gegen eine Vielzahl von Erregern in seinem Blut. Alle drei haben über einen längeren Zeitraum Drogen verabreicht bekommen. Das wäre in Jacks Fall wohl kaum möglich.«
»Wir wissen absolut nicht, was dieser falsche Doktor dort drin gemacht hat. Irgendeinen Grund muss es geben für das Risiko, das er einging.«
Ein älterer Mann, begleitet von zwei jungen Männern in grünen Kitteln, rannte auf sie zu. Die Haut des Mannes war schwarz wie die Nacht. Doktor Mwandalas fast weiße Haare zogen die ersten Blicke magisch auf sich. Joshua klärte ihn eilig auf. Ein Doktor Rosenbaum war auch ihm unbekannt. Joshua stellte zufrieden fest, dass Mwandala seine Aussage sehr ernst nahm. Eugen Strietzel und Joshua mussten im Flur warten, während Mwandala und seine Assistenten zur Intensivstation gingen. Nach Minuten, die Joshua wie eine Ewigkeit vorkamen, traten die Mediziner wieder auf den Flur. Joshua bemühte sich, eine erste Prognose von ihren Gesichtern abzulesen. Er fragte sich, ob der neutrale Gesichtsausdruck Teil ihrer Ausbildung war.
»Keine Veränderungen«, Mwandalas Stimme hatte einen betont beruhigenden Klang, »der Kreislauf ist stabil. Wir werden seine letzte Blutprobe noch einmal genauer analysieren, um ganz sicher zu sein.«
»Es geht ihm also gut?«
In den Augen des Arztes konnte Joshua erkennen, dass er die falschen Schlüsse gezogen hatte.
»Den Umständen entsprechend«, Mwandala zögerte, als ob es darum ging, ein finsteres Geheimnis zu wahren. Er fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen und bewegte seinen dunklen Kopf hin und her. Schließlich gab er seinen Kollegen ein Zeichen und ging mit den Besuchern in ein Büro am Ende des Flures. Ohne ein Wort nahm er einige Röntgenbilder und Ultraschallaufnahmen und klemmte sie vor eine Glasscheibe an der Wand hinter ihm. Joshua fürchtete einen medizinischen Vortrag, von dem er als Laie nur die Hälfte verstehen würde. Aber Mwandala erklärte Jacks Lage äußerst verständlich.
»Wir haben Ihren Kollegen gestern Morgen operiert, um innere Blutungen zu stillen. Vier Stunden nach der Operation traten bereits neue Blutungen auf. Stellen sie sich seine Organe wie einen porösen Fahrradschlauch vor. Das eine Loch ist geflickt, da öffnet sich bereits das nächste. Es handelt sich um eine besonders aggressive Form
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