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Flatline

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Titel: Flatline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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Ärzte werden wissen, was das Beste für ihn ist.«
    »Ja. Du hast sicher recht.«
    Joshua spürte, wie sehr es sie mitnahm. Sie konnte nichts mehr sagen. Das Gespräch endete in Tränen. Die Hilflosigkeit wuchs wie eine Ranke um seinen Brustkorb.
     
    »Guten Morgen zusammen«, ein etwa fünfzigjähriger Kollege in Uniform betrat das Büro. Der ausladende Bauch verdeckte seine Gürtelschnalle. Als er Karin sah, nahm er die Mütze ab. Seine kurzen, grauen Haare reckten sich wie Streichhölzer der Decke entgegen.
    »Ich bin der Wim. Wim Schmale. Ich soll mich bei euch zum Einsatz melden.«
    Karin drehte sich zu ihm herum und musterte den Kollegen.
    »Eigentlich sollte ich mich beim Kollegen Gamerschlag melden, aber der hat heute Vormittag Arzttermine«, erklärte Wim gut gelaunt.
    Karin musste herzhaft lachen. Vermutlich ließ Gamerschlag sich im Moment gegen sämtliche bekannten Viren impfen. Bei ihm bestand bereits höchste Ansteckungsgefahr, wenn er nur von den Erregern hörte. Wim wirkte irritiert.
    »Was verschafft uns denn die Ehre?«, wollte Joshua wissen.
    »Der Erlass »Einsatztraining 24«, genau genommen«, Wims Stimmung wurde ein wenig gedrückter, »ich komme mit der Plastikspritze nicht klar. Meine Finger sind wohl zu dick. Habe den Test zweimal nicht bestanden und jetzt ist Innendienst angesagt.«
    Joshua musste schmunzeln. Er hatte den Erlass ebenfalls gelesen. Sie sollten die Walther P 99 eigentlich schon vor einem halben Jahr bekommen. Die Nachfolgepistole der Sig-Sauer 226 war durch die überwiegende Verwendung von Kunststoffen nur noch halb so schwer wie das Vorgängermodell und, was wohl den Ausschlag gab, nur halb so teuer. Obwohl viele Kollegen mit der neuen Dienstwaffe nicht klar kamen und sie noch einige Mängel aufwies, kam dieser Erlass heraus. Jeder Polizist musste einmal im Jahr seine Schieß- und Eingrifftechnik nachweisen. Sollte dies nicht gelingen, wurde er aus dem Außendienst verwiesen. Die Gewerkschaft der Polizei vermutete, dass der geplante Abbau von 1400 Stellen dahintersteckte.
    »Wir haben noch keinen Schriftführer«, fiel Daniel ein.
    »Prima Idee. Am besten schnappst du dir gleich die Akten«, Joshua deutete mit einem Kopfnicken auf den hohen Stapel in der Mitte der Schreibtische. Wim war einverstanden. Er nahm auf dem Besucherstuhl Platz und begann. Ein Bote brachte die Pressemappe.
    »Ich habe da noch einen Brief für einen Herrn Wendelin Schmale.«
    Der neue Schriftführer hob verlegen den Arm. Karin sah ihn belustigt an.
    »Meine Freunde nennen mich Wim«, erklärte er schüchtern. Joshua goss sich einen Kaffee ein, als sein Telefon sich meldete. Es war Elmar Seifert. Ohne Begrüßung kam er zur Sache.
    »Wir haben einen Toten im Gewerbegebiet Heerdt. Ein Paketbote hat ihn vor einer halben Stunde entdeckt.«
    »Wie schön für euch«, antwortete Joshua.
    »Der Fall dürfte euch interessieren. Bei dem Toten handelt es sich um einen gewissen Jonas Fahnenbruck.«
    »Kenne ich nicht«, antwortete Joshua desinteressiert.
    »Vielleicht sagt dir sein Künstlername was. Wir haben in seinem Spind einen Arztkittel gefunden. Auf dem Namensschild steht Doktor Rosenbaum.«
    »Wir kommen sofort!«
    Während Joshua aufsprang und seine Lederjacke vom Haken riss, klärte er Karin und Daniel auf. Sie folgten ihm.
     
     

32
    Mit quälenden Kopfschmerzen erhob Stachinsky sich. Vorsichtig drückte er seinen schmerzenden Rücken durch. Im schummrigen Licht, das durch die Lamellen der Fensterläden einfiel, erkannte er einige Gartengeräte und eine zusammengeklappte Sitzgarnitur um einen Holztisch. Schräg an dem Tisch lehnte ein halb geöffneter, vergilbter Sonnenschirm. Mühsam erhob er sich von der dunkelgrünen Kunststoffliege. Mit der rechten Hand tastete er seinen Hinterkopf ab. Er fühlte verkrustetes Blut auf einer Beule so dick wie eine Zitrone. Vorsichtig ging er zur Tür. Der erste Gedanke war, dass man ihn eingesperrt hatte. Mit einem kräftigen Ruck öffnete Stachinsky die knarrende Holztür. Das grelle Tageslicht schmerzte in den Augen. Vor der Holzhütte lag ein Garten von der Größe zweier Doppelgaragen. Die Schneereste der letzten Tage waren geschmolzen und gaben den Blick auf die Beete frei. Stachinsky drehte sich langsam herum, die Kopfschmerzen waren fast unerträglich. Sein Blick fiel auf ein durchtrenntes Vorhängeschloss, welches in einer Blechlasche neben dem Türrahmen baumelte. Instinktiv griff er in seine Manteltasche. Das kalte Metall der P 38

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