Flatline
Bauzeichnungen für eine Produktionsanlage für Medikamente, Bestechungsgelder an Behörden und sogar komplette Kalkulationen dokumentiert.
»Das gibt es doch nicht«, entfuhr es Weingarten. Er deutete auf das Bild einer Fabrik im Rohbau, »Doktor Sänger baut ein Pharmaunternehmen im südlichen Afrika auf?«
»Sieht so aus, als ob Fahnenbruck für ihn privat geforscht hat. Woher hat Sänger das Geld? So ein Werk muss doch ein Vermögen kosten.«
»Ich weiß es nicht, Herr Trempe. Ich weiß nur, wir haben ein Problem. Sänger hat Zugang zu sämtlichen Projekten. In Afrika kümmert man sich sehr wenig um Patente.«
Zum ersten Mal ließ Weingarten den Doktor weg. Er schien ihn bereits verurteilt zu haben. Joshua hielt die Befürchtung Weingartens für nicht so bedenklich. Sänger hatte etwas anderes vor. Ihm ging es um den Impfstoff, den Fahnenbruck entwickelt hatte. Die neuen Erkenntnisse warfen allerdings eine Frage auf. Warum war Sänger noch hier in Deutschland? Fahnenbruck musste sterben, weil er nicht mehr benötigt wurde. Sollte Sänger die Formel für den Impfstoff besitzen, wäre er vermutlich sofort nach Simbabwe geflogen. Karins Blick war auf ein Bild zwischen den hohen Schränken gerichtet. Über einem hüfthohen Sideboard hing ein Druck von Hundertwasser. Karin trat näher heran und schob die »Grüne Stadt« ein Stückchen zur Seite. Als sie den metallenen Rahmen entdeckte, nahm sie das Bild ganz ab. Weingarten zeigte sich unbeeindruckt. Stumm drehte er an den Rädern des Tresors. Nach wenigen Augenblicken öffnete er die Stahltür und trat einen Schritt zur Seite.
In dem Wandtresor befanden sich lediglich ein Umschlag und eine kleine Ampulle. Joshua verstaute die Ampulle in einen Spurenbeutel und steckte ihn ein. Anschließend zog er das Kuvert heraus und entnahm ihm einen Computerausdruck. Die Formel erstreckte sich über zwei Zeilen. Weingarten sah sie sich an.
»Also, ich bin Kaufmann, kein Chemiker. Aber ich kann die Formel drüben auf meinem PC abgleichen, vielleicht finde ich was heraus.«
Karin und Joshua folgten ihm. Weingarten rief eine Datei mit firmeneigenen Entwicklungen auf. Er bat die Ermittler, auf die andere Seite des Schreibtisches zu gehen, während er Formeln verglich. Joshua wunderte sich über die Sorge Weingartens, die Polizisten könnten sich durch einen kurzen Blick auf den Monitor komplizierte Formeln einprägen.
»Das gibts doch nicht. Was soll das? Warum hebt Sänger diese Formel im Tresor auf?«
Karin hatte inzwischen in der Dienststelle angerufen, um die Durchsuchung abzusagen. Weingarten schaltete den Monitor ab und wandte sich den beiden zu.
»Das ist die Formel«, er hielt den Ausdruck mit ausgestrecktem Arm hoch, »zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen die Masern!«
»Sind Sie sicher?«
»Hundertprozentig.«
»Wir überprüfen das«, Joshua nahm ihm das Blatt ab, »was ist so Besonderes an diesem Masernimpfstoff?«
»Nichts. Das Patent ist längst ausgelaufen, das Medikament wird jetzt von beinahe jedem Pharmaunternehmen angeboten. Ich begreife nicht, warum Sänger diese Formel in seinem Tresor aufbewahrt.«
Auf dem Flur wartete Frau Ambrosius, Sängers Sekretärin, auf die Ermittler.
»Ich weiß nicht, ob ich es Ihnen sagen soll. Es ist schon sehr merkwürdig.«
»Bitte, Frau Ambrosius, alles kann wichtig sein.«
»Na ja«, flüsterte sie, »dieser Herr Plankert aus unserer Auslandsabteilung. Der hat schon Ähnlichkeit mit dem Mann in der Zeitung. In der letzten Zeit war der dreimal hier. Vorher habe ich den noch nie gesehen. Mein Chef hat sich mit dem gestritten. Ich möchte nicht, dass irgendein Mensch zu Schaden kommt, hat Herr Doktor Sänger gerufen.«
»Wann war das, Frau Ambrosius?«
»Gestern Nachmittag. Herr Doktor Sänger hatte Kaffee bestellt. Als ich ihn brachte, habe ich das mitbekommen. Nicht dass Sie denken, ich lausche an der Tür. So eine bin ich nicht.«
»Haben Sie die Adresse von diesem Herrn Plankert?«
»Ich? Wie kommen Sie denn darauf?«
Das fragte Karin sich auch. Die Zahl der Mitarbeiter dieses Konzerns dürfte im fünfstelligen Bereich liegen. Frau Ambrosius erklärte ihnen den Weg zur Personalbuchhaltung.
»Kevin Plankert, auszubildender Chemielaborant. Werk Duisburg-Walsum«, erklärte Herr Költgen, während er weiter den Monitor im Auge behielt.
»Nein«, unterbrach Karin. »Der kann es nicht sein. Der Mann, den wir suchen, soll in einer Auslandsabteilung beschäftigt sein.«
»Wir haben die Daten
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