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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bradley Alan
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sich der Treppe zu.
    Als Porcelain erschien, rangen wir einhellig nach Luft, und Mrs Mullet, die gerade aus der Küche kam, stieß einen leisen Schrei aus wie ein kleines nachtaktives Tier. Ich dachte schon, sie würde davonrennen.
    Porcelain hatte sich nichts aus Daffys oder Feelys Kleiderschrank ausgesucht. Sie trug eins der unvergesslichsten Kleider meiner Mutter: das knielange, leuchtend rote Kleid aus Seidenchiffon, das Harriet auf dem Ball der Königlichen Luftfahrtgesellschaft getragen hatte – ein Jahr vor ihrer letzten Reise. Die Times hatte von diesem Abend ein Foto gebracht, auf dem Harriet gerade vor dem Savoy eintraf – und dieses Foto hatte seinerzeit solches Aufsehen erregt, dass wir es alle noch im Gedächtnis hatten.
    Aber es war nicht nur das Kleid: Porcelain hatte ihr Haar genauso zusammengebunden wie Harriet, wenn sie auf die Fuchsjagd ging. Auf Harriets Schreibtisch stand ein entsprechendes Foto.
    Weil auch ich schon ab und zu im Schmuckkasten meiner Mutter gekramt hatte, erkannte ich die antike Bernsteinkette wieder, die auf Porcelains erstaunlich gut entwickeltem Busen lag, und auch die Ringe, die an ihren Fingern funkelten.

    Das alles gehörte Harriet!
    Porcelain hielt auf der obersten Stufe inne und blickte zu uns herunter. Damals empfand ich es als schüchtern, später kam ich zu dem Schluss, dass ihr Blick auch verächtlich gewesen sein konnte.
    Ich muss sagen, dass Vater sich großartig hielt, obwohl ich im ersten Augenblick glaubte, er würde in Ohnmacht fallen. Als Porcelain nun die Stufen herabschritt, sah ich ihn mit dem Unterkiefer mahlen – die einzige Gefühlsäußerung, die sich ein Offizier erlauben durfte, und deshalb eine sowohl enervierende wie liebenswerte Angewohnheit.
    Die rotgewandete Gestalt schwebte wie ein überirdisches Wesen zu uns herab – wie eine Fee, schoss es mir durch den Kopf. Vielleicht die Feenkönigin persönlich!
    Auf den letzten Stufen setzte Porcelain ein hinreißendes Lächeln auf, wie ich es noch nie bei jemand anderem erlebt hatte: ein Lächeln, das uns allen zusammen galt und das zugleich jeden Einzelnen blendete.
    Keine Königin, nicht mal Kleopatra selbst, hatte je einen solchen Auftritt gehabt, und ich ertappte mich dabei, dass mir vor Staunen über diese Dreistigkeit der Mund offen stehen blieb.
    Als Porcelain an mir vorüberschwebte, beugte sie sich zu mir und hauchte mir ins Ohr: »Na, wie sehe ich aus?«
    Ihr fehlte nur noch die Rose zwischen den Zähnen, aber das traute ich mich nicht zu sagen.
    Vater trat vor und bot ihr den Arm.
    »Wollen wir uns zu Tisch begeben?«, fragte er.
     
    »Makronen!«, freute sich Porcelain. »Die ess ich für mein Leben gern!«
    Mrs Mullet strahlte. »Ich geb Ihnen das Rezept mit, meine Liebe. Dosenmilch ist das Geheimnis.«
    Ich hätte fast würgen müssen und hielt mir rasch die Stoffserviette vor den Mund.

    Daffy und Feely muss ich zugutehalten, dass sie, vom ersten ungläubigen Gaffen abgesehen, nicht mit der Wimper zuckten. Allerdings konnten sie den Blick kaum von Porcelain wenden.
    Bei Tisch stellten sie interessierte Fragen, vor allem darüber, wie Porcelain während des Krieges in London gelebt hatte. Alles in allem waren meine Schwestern wider Erwarten überaus charmant.
    Und Vater … der gute Vater. Porcelains Auftritt in Harriets Ballkleid hatte ihn schwer erschüttert, trotzdem verlor er keinen Augenblick die Fassung. Es war beinahe so, als wäre Harriet für ein paar Stunden von den Toten auferstanden.
    Er lächelte, er hörte zu und erzählte sogar einen Witz über eine alte Dame, die zum ersten Mal in eine Bar kommt.
    Es kam mir vor, als hätte uns Porcelain in eine Art Zauberbann geschlagen.
    Lediglich gegen Ende des Abends gab es einen etwas peinlichen Augenblick.
    Feely hatte eben eine reizende Klavierbearbeitung von Antonin Dvořáks Zigeunerlieder Opus 55: Lieder, die meine Mutter mich lehrte gespielt, eines ihrer Lieblingsstücke.
    »Was hältst du davon?«, fragte sie Porcelain, als sie aufstand. »Ich wollte schon immer die Meinung einer echten Zigeunerin dazu hören.«
    Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.
    »Ophelia …«, mahnte Vater.
    Ich hielt den Atem an, weil ich fürchtete, Porcelain könnte gekränkt sein, aber sie antwortete ganz gelassen: »Manche Stellen sind sehr schön«, und schenkte Feely wieder dieses umwerfende Lächeln. »Aber ich bin ja nur eine halbe Zigeunerin, darum hat mir nur jede zweite Stelle gefallen.«
     
    »Ich dachte, sie geht mir gleich

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