Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bradley Alan
Vom Netzwerk:
die Kupplung kommen, und das kleine Auto setzte sich mit seiner seltsamen Fracht in Bewegung. Als der Morris über die Brücke tuckerte, erhaschte ich im Schein des hinter den Wolken auftauchenden Mondes einen letzten Blick auf das totenbleiche Gesicht der Wahrsagerin.

5
    J etzt war ich wirklich allein.
    Oder doch nicht?
    Kein Blatt regte sich. Im Fluss machte es Plopp, und ich hielt den Atem an. Ein Otter? Oder etwas Schlimmeres?
    Hielt sich der Täter womöglich noch in der Nähe auf? Versteckte er sich zwischen den Bäumen und beobachtete mich?
    Unsinn. Ich hatte schon als kleines Kind festgestellt, dass unser Verstand sich nur zu gern mit absurden Geschichten erschreckt, als wären unsere Gehirnwindungen ein Trupp pummeliger Pfadfinderinnen, die im finsteren Schädelinneren ängstlich ums Lagerfeuer sitzen.
    Trotzdem erschauerte ich, als der Mond wieder hinter einer Wolke verschwand. Als ich mit der alten Frau hierher gefahren war, war es frisch gewesen, und empfindlich kühl, als ich auf Gry ins Dorf geritten war, um Dr. Darby zu holen. Inzwischen war es schweinekalt.
    Aus dem Wohnwagen fiel ein einladender rötlicher Lichtschein in die bläuliche Dunkelheit. Hätte sich aus dem Blechschornstein noch eine Rauchfahne himmelwärts gekräuselt, hätte das Ganze wie einer dieser Kunstdrucke zum Heraustrennen und Einrahmen in den Wochenzeitschriften ausgesehen. Überschrift: Zigeunermond oder so ähnlich.
    Dr. Darby hatte die Lampe brennen lassen. Ob ich reingehen und sie löschen sollte?
    Unausgegorene Überlegungen von wegen »Petroleum sparen«
gingen mir durch den Kopf und noch unausgegorenere Überlegungen von wegen »Bürgerpflicht« und so weiter.
    Heiliges Kanonenrohr! Ich suchte doch bloß einen Vorwand, um den Wagen zu betreten und mich in Ruhe am Tatort umzusehen. Warum es nicht zugeben?
    » Nichts anfassen «, hatte Dr. Darby gesagt. Gut – dann würde ich eben die Hände in den Taschen lassen.
    Meine Fußspuren waren ohnehin schon überall im Wagen verteilt, ein paar zusätzliche machten den Kohl auch nicht fett. Ob die Polizei wohl feststellen konnte, dass die blutverschmierten Abdrücke im Abstand von mehreren Stunden entstanden waren? Mal sehen, dachte ich.
    Jedenfalls musste ich mich beeilen. Dr. Darby würde gleich nach seiner Ankunft in Hinley die Polizei anrufen oder jemanden darum bitten.
    Ich hatte keine Sekunde zu verlieren.
    Die Wahrsagerin führte ein sehr bescheidenes Leben. Ich konnte keine persönlichen Schriftstücke oder Dokumente entdecken, weder Briefe noch Bücher – nicht einmal eine Bibel. Sie hatte sich aber bekreuzigt, weshalb es mir seltsam vorkam, dass kein Exemplar der Heiligen Schrift Platz in ihrem fahrenden Zuhause haben sollte.
    In einem Korb neben dem Ofen lag etwas Gemüse, das den Eindruck machte, als hätte sie es von einem Feld aufgeklaubt und nicht auf dem Markt gekauft: Kartoffeln, Steckrüben, Zwiebeln, alles durcheinander.
    Ich griff hinein und tastete auf dem Korbboden umher. Nichts. Nur lehmverschmiertes Gemüse.
    Dabei wusste ich nicht, wonach ich eigentlich suchte; aber ich würde es erkennen, wenn ich es gefunden hatte. Wenn ich eine Zigeunerin wäre, dachte ich, wäre der Gemüsekorb bestimmt mein Lieblingsversteck.
    Jetzt waren meine Hände nicht nur mit Blut, sondern auch mit Erde verschmiert. Ich wischte sie an einem schmuddeligen
Handtuch ab, das an einem Nagel hing, aber das half nicht viel. Darum trat ich vor die blecherne Waschschüssel, nahm einen mit Rosenranken bemalten Krug vom Wandregal und goss mir Wasser über die Hände, erst über die eine, dann über die andere. Die Erdklümpchen und das angetrocknete Blut färbten das Wasser schlammig rot.
    Unwillkürlich überlief es mich kalt. Rote Blutzellen, das wusste ich von meinen Chemieexperimenten, waren im Grunde nichts anderes als ein Gemisch aus Wasser, Natrium, Kalium, Chlorid und Phosphor. Im richtigen Verhältnis bilden diese Zutaten eine zähe, klebrige Flüssigkeit, ein scharlachrotes Gelee mit geheimnisvollen, teils edlen, teils tückischen Eigenschaften.
    Ich trocknete mir die Hände ab, aber als ich den Inhalt der Schüssel eben auf die Wiese kippen wollte, hatte ich zum Glück eine Eingebung: Sei nicht blöd, Flavia! Damit hinterlässt du eine Spur, die so unmittelbar ins Auge springt wie eine Anzeige auf einer Reklametafel!
    Inspektor Hewitt würde einen Anfall bekommen. Und ich hegte nicht den geringsten Zweifel, dass mein alter Bekannter derjenige sein würde – vier Uhr morgens

Weitere Kostenlose Bücher