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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bradley Alan
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mir nicht. Ich hatte ihm vor einiger Zeit geholfen, mehrere rätselhafte Fälle zu lösen. Von Rechts wegen hätte er vor Dankbarkeit übersprudeln müssen – aber weit gefehlt!
    Der Inspektor schlenderte bis zum Scheitelpunkt der Brücke und schaute zu dem Wäldchen hinüber, in dem der Wohnwagen abgestellt war.
    »Du hast im Tau Spuren hinterlassen«, sagte er.
    Ich folgte seinem Blick, und tatsächlich: Im tiefstehenden Licht des Vauxhall waren die frischen Abdrücke meiner Schritte dunkel im nassen, silbrigen Gras der Lichtung zu sehen. Sie unterschieden sich deutlich von Dr. Darbys helleren Fußstapfen und den Reifenspuren seines Wagens und führten vom Wohnwageneingang bis zur Brücke.
    »Ich musste mal für kleine Mädchen«, sagte ich rasch. Die klassische weibliche Ausrede, die im Laufe der bekannten Menschheitsgeschichte noch kein Mann je angezweifelt hat.
    »Ach so«, sagte der Inspektor und ließ es dabei bewenden.
    Vorsichtshalber würde ich nachher mal hinter den Wohnwagen pinkeln, wenn gerade keiner auf mich achtete.
    Wir schwiegen beide. Es kam mir vor, als ob wir einander belauerten. Es war wie ein Spiel: Wer als Erster etwas sagt, hat verloren.
    In diesem Fall war Inspektor Hewitt der Verlierer.
    »Du hast eine Gänsehaut. Setz dich lieber ins Auto.«
    Er hatte die Brücke schon fast überquert, als er sich noch einmal umdrehte. »Im Kofferraum liegt eine Decke.« Dann verschwand er zwischen den Bäumen.
    Mich packte die Wut. Dieser Mann – ein Mann im gewöhnlichen Anzug, ohne irgendeinen Dienstgrad auf der Schulter – schickte mich von einem Tatort weg, den ich inzwischen als
den meinen betrachtete! Wer war zuerst hier gewesen – er oder ich?
    Hatte man Marie Curie vielleicht weggeschickt, als sie das Polonium entdeckt hatte? Oder das Radium? Hatte ihr jemand gesagt, sie solle sich ins Auto setzen?
    Das war einfach ungerecht!
    Natürlich war der Tatort nicht unbedingt eine atombewegende Entdeckung, aber der Inspektor hätte trotzdem wenigstens »Danke schön« sagen können. Schließlich war die Wahrsagerin auf dem Stammsitz meiner Familie überfallen worden! Und meine nächtliche Expedition hoch zu Pferde hatte ihr höchstwahrscheinlich das Leben gerettet!
    Er hätte mir wenigstens anerkennend zunicken können! Aber nein …
    »Setz dich ins Auto«, hatte er gesagt, und als ich nun bedauernd feststellen musste, dass die Obrigkeit die Bedeutung des Wörtchens »Dankbarkeit« nicht kannte, ballte ich unwillkürlich die Fäuste.
    So war es dem Inspektor schon kurz nach seiner Ankunft gelungen, mit wenigen Worten eine Mauer zwischen uns zu errichten. Falls er von Flavia de Luce auch nur den Ansatz einer Zusammenarbeit erwartete, würde er sich jetzt ganz schön ins Zeug legen müssen – jawohl!

6
    D er Kerl hatte vielleicht Nerven!
    Von mir würde er nichts erfahren.
    Sein Schatten wanderte hinter dem Vorhang des Wohnwagenfensters hin und her. Ich stellte mir vor, wie er vorsichtig zwischen die Blutflecken trat.
    Dann wurde das Licht auf einmal gelöscht, der Inspektor verließ den Wohnwagen und kam wieder über die Brücke.
    Er schien erstaunt, dass ich mich nicht vom Fleck gerührt hatte. Ohne ein Wort ging er zu seinem Wagen, holte eine karierte Decke aus dem Kofferraum und legte sie um meine Schultern.
    Ich schüttelte die Decke ab und gab sie ihm zurück. Dabei stellte ich verwundert fest, dass meine Hände zitterten.
    »Danke, aber mir ist nicht kalt«, sagte ich eisig.
    Er legte mir die Decke abermals um die Schultern. »Mag sein, aber du hast einen Schock erlitten.«
    Einen Schock? Ach nee! Ich hab noch nie in meinem Leben einen Schock erlitten. Das war jetzt aber wirklich mal was Neues.
    Mit einer Hand auf meiner Schulter und der anderen auf meinem Arm führte mich Inspektor Hewitt zum Auto und hielt mir die Tür auf. Ich ließ mich wie ein Stein auf den Sitz plumpsen, und plötzlich zitterte ich wie Espenlaub.
    »Ich bringe dich nach Hause.« Er stieg ein und ließ den Motor an. Als mir der warme Luftschwall aus der Autolüftung entgegenschlug, wunderte ich mich, denn schließlich hatte der Wagen einige Zeit gestanden. Vielleicht war es ein Sondermodell,
das eigens für die Polizei hergestellt wurde, um den Beifahrer benommen zu machen oder …
    Von da an erinnere ich mich an nichts mehr, bis wir auf dem knirschenden Kies vor dem Haupteingang von Buckshaw hielten. Ich hatte nicht mitbekommen, dass wir durch die Rinne, dann auf der Hauptstraße an St. Tankred vorbei und bis nach

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