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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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über ihn aufschwingen.
    Trotzdem ließ es sich nicht abstreiten: Vater hatte geschwiegen und durch sein Schweigen womöglich den herzensguten alten Mr Twining dazu gebracht, die Schuld ganz allein auf sich zu nehmen und den Vertrauensbruch mit seinem Leben zu bezahlen.
    Es musste doch damals Gerüchte gegeben haben … Die Einheimischen in diesem Winkel Englands waren noch nie für ihre Verschwiegenheit bekannt gewesen, ganz im Gegenteil.
Im letzten Jahrhundert hatte uns der Feld-, Wald- und Wiesenpoet Herbert Miles aus Hinley als »sich genüsslich die Schnäbel zerreißende Gänseschar« bezeichnet, und wie Recht hatte der gute Mann damit gehabt. Die Leute hier reden gern, besonders dann, wenn es darum geht, Fragen zu beantworten, denn auf diese Weise kommen sie sich richtig wichtig vor. Trotz der soßenbekleckerten Ausgabe von Hundert Alltagsfragen und Antworten für den anspruchsvollen Haushalt, die Mrs Mullet in der Speisekammer liegen hatte, war mir schon länger aufgefallen, dass man am besten zurechtkommt, wenn man den Nächstbesten anspricht und sich einfach erkundigt. Dann kann man auf derlei Nachschlagewerke verzichten.
    Ich konnte Vater schlecht danach fragen, warum er damals als Schuljunge geschwiegen hatte. Selbst wenn ich mich getraut hätte, so saß er doch auf der Polizeiwache in der Arrestzelle und würde vorerst auch dort bleiben. Miss Mountjoy konnte ich auch nicht fragen. Die hatte mir die Tür vor der Nase zugeschlagen, weil sie in mir die Nachfahrin eines kaltblütigen Mörders sah. Kurz gesagt, ich war ganz auf mich gestellt.
    Den ganzen Tag über hatte es in meinem Hinterkopf gedudelt wie ein Grammophon in einem abgelegenen Zimmer. Hätte ich doch bloß die Melodie erkennen können!
    Das Gedudel hatte eingesetzt, als ich in der Bücherei die Zeitungsstapel durchgewühlt hatte. Es handelte sich um etwas, das jemand gesagt hatte … Aber was?
    Manchmal lässt sich ein flüchtiger Gedanke so schwer fangen wie ein durchs Fenster hereingeflogener Vogel. Man schleicht sich auf Zehenspitzen heran, will zupacken … und der Vogel ist auf und davon, schlägt mit den Flügeln …
    Richtig! Flügel!
    Er sah wie ein gestürzter Engel aus, hatte der eine Schüler aus Greyminster gesagt. Toby Lonsdale, jetzt fiel mir der Name wieder ein. Ein sonderbarer Vergleich. Beschrieb ein Schuljunge mit solchen Worten, wie sein Lehrer von einem
Turm sprang? Und Vater hatte Mr Twining, kurz bevor er sich vom Dach stürzte, einen Heiligenschein wie aus einer mittelalterlichen Buchmalerei attestiert.
    Ärgerlicherweise hatte ich nicht gründlich genug gewühlt. Der Hinley-Kurier hatte unmissverständlich vermeldet, dass die polizeilichen Ermittlungen sowohl bezüglich Mr Twinings Tod als auch hinsichtlich des Diebstahls von Dr. Kissings Briefmarke noch nicht abgeschlossen seien. Und der Nachruf? Der musste natürlich später erschienen sein. Was hatte darin gestanden?
    Ruckzuck schwang ich mich wieder auf Gladys’ Sattel und radelte wie ein geölter Blitz in Richtung Bishop’s Lacey und Cow Lane.
     
    Erst als ich nur noch drei Meter von der Büchereitür entfernt war, sah ich das Schild: »Geschlossen«. Natürlich! Manchmal hast du wirklich Pudding im Hirn, Flavia, da hat Feely ganz Recht. Heute war Montag. Die Bücherei würde erst wieder am Dienstagmorgen um zehn Uhr öffnen.
    Als ich Gladys zum Fluss und zur Garage mit dem Archiv schob, musste ich an die albernen Geschichten aus der Kinderstunde im Radio denken: erzieherisch wertvolle Geschichtchen wie die von der kleinen Lok (Ich schaff es schon … ich schaff es schon …), die einen ganzen Güterzug über den Berg ziehen kann, nur weil sie fest daran glaubt, dass sie es schafft. Und weil sie nicht aufgibt. Nie aufgeben, das war der Schlüssel zum Erfolg.
    Der Schlüssel? Ich hatte Miss Mountjoy den Schlüssel zum Magazin zurückgegeben, da war ich ganz sicher. Gab es vielleicht einen Zweitschlüssel? Einen Ersatzschlüssel, der unter einem Fensterbrett versteckt lag für den Fall, dass irgendein vergesslicher Mensch nach Blackpool in Urlaub gefahren war und das Original noch in der Tasche hatte? Da Bishop’s Lacey nicht gerade als landesweit berüchtigtes Verbrechernest galt
(bis vor ein paar Tagen jedenfalls), hielt ich das für gar nicht so unwahrscheinlich.
    Ich befühlte den Türsturz, schaute unter die Geranientöpfe, die den Weg zum Eingang säumten, und hob sogar ein paar verdächtige Steine hoch.
    Nichts.
    Ich stocherte in den Fugen der Mauer, die

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