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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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geschleift
wurden, und Pembertons Schnaufen. Ich musste nur aufpassen, in welche Richtung ich lief. Ein falscher Schritt und ich würde in die Tiefe stürzen und mir das Genick brechen.
    Seit wir hereingekommen waren, hatte ich mich nicht von der Stelle gerührt. Wenn ich mich nicht irrte, war hinter mir die Tür und vor mir die Grube. Demnach musste ich mich um hundertachtzig Grad drehen, und das blind.
    Entweder konnte Pemberton Gedanken lesen oder ihm war aufgefallen, dass ich unmerklich den Kopf drehte. Im Handumdrehen war er bei mir und drehte mich ein paarmal im Kreis, als wollten wir Blindekuh spielen. Die blinde Kuh war ich, das stand mal fest. Als er endlich aufhörte, war mir so schwindlig, dass ich mich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
    »Das hätten wir«, sagte er zufrieden. »Und jetzt klettern wir runter. Pass auf, wo du hintrittst.«
    Ich schüttelte heftig den Kopf und stellte mir dabei vor, wie albern das mit einer Jacke um den Kopf aussehen musste.
    »Hör gut zu, Flavia. Wenn du ein braves Mädchen bist, muss ich dir nicht wehtun. Sobald ich die Marke habe, schicke ich jemanden her, der dich hier rausholt. Andernfalls …«
    Andernfalls?
    »…sehe ich mich zu etwas ausgesprochen Unerfreulichem gezwungen.«
    Vor meinen blinden Augen erschien das Bild des sterbenden Horace Bonepenny, und mir wurde klar, dass Pemberton kein Mann der leeren Worte war.
    Er zog mich am Ellenbogen ein Stück weiter, bis ich vermutlich am Rand der Grube stand.
    »Es sind acht Stufen. Ich zähle mit. Keine Angst, ich halte dich fest.«
    Ich trat ins Leere.
    »Eins«, sagte Pemberton, als mein Fuß Halt fand. Ich blieb schwankend stehen.

    »Schön langsam … zwei … drei … jetzt bist du gleich unten.«
    Ich streckte die rechte Hand aus und spürte, dass sich der Rand der Grube auf der Höhe meiner Schulter befand. Als ein kalter Hauch meine bloßen Knie streifte, fing mein Arm zu zittern an wie ein abgestorbener Zweig im Winterwind, und in meinem Hals bildete sich ein Kloß.
    »Gut so … vier … fünf … jetzt sind’s nur noch zwei.«
    Er kam hinter mir die Stufen heruntergestapft, immer eine nach der anderen. Sollte ich ihn am Arm packen und umreißen? Vielleicht schlug er sich ja auf dem Betonboden den Schädel ein, und ich konnte über ihn drübersteigen und wieder hinausklettern.
    Da blieb er wie angewurzelt stehen und grub mir die Finger in den Oberarm. Ich stieß einen erstickten Schrei aus, und er lockerte seinen Griff.
    »Schnauze!«, knurrte er. Mit ihm war eindeutig nicht zu spaßen.
    Draußen in der Cow Lane stieß ein Lastwagen zurück. Der Rückwärtsgang jaulte und jammerte immer lauter. Da kam jemand!
    Pemberton stand reglos da. Nur sein Keuchen war in der kalten Grube zu hören.
    Wegen der Jacke konnte ich die Stimmen draußen nur gedämpft hören. Eine Ladeklappe polterte.
    Aus irgendeinem Grund musste ich in diesem Augenblick an Feely denken. Warum, würde sie fragen, schreist du nicht? Warum reißt du dir nicht die Jacke runter und schlägst diesem Pemberton die Zähne in den Arm? Sie würde sich alles haarklein erzählen lassen, und was ich auch sagte, sie würde alles widerlegen, als wäre sie der Oberste Richter persönlich.
    In Wirklichkeit hatte ich schon Schwierigkeiten, überhaupt genug Luft zu kriegen. Mein Taschentuch aus derbem praktischem
Baumwollstoff steckte so fest in meinem Mund, dass mir die Kiefer weh taten. Ich musste durch die Nase atmen, und selbst dann, wenn ich ganz tief ein und aus atmete, bekam ich gerade so viel Sauerstoff, dass ich nicht umkippte.
    Wenn ich würgen musste, war ich geliefert. Bei der kleinsten Anstrengung wurde mir schauderhaft schwindlig. Abgesehen davon standen die Männer dort draußen neben einem Lastwagen mit laufendem Motor, dessen Geratter und Gerumpel mich ohnehin übertönen würde. Da hätte ich schon einen wahrhaft ohrenbetäubenden Lärm veranstalten müssen. Darum war es das Beste, wenn ich mich vorerst still verhielt und meine Kräfte schonte.
    Die Ladeklappe schlug zu, zwei Türen klappten, dann fuhr der Lastwagen im ersten Gang gemächlich davon. Wir waren wieder allein.
    »Und jetzt«, sagte Pemberton, »gehst du brav weiter. Noch zwei Stufen.«
    Er zwickte mich fest in den Arm, und ich schob den Fuß nach vorn.
    »Sieben«, zählte er.
    Ich blieb stehen. Es widerstrebte mir, den letzten Schritt in meinen Kerker zu tun.
    »Noch eine. Langsam.«
    Als würde er einer alten Dame über die Straße helfen.
    Mit dem letzten Schritt

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