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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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Vielleicht war es geschickter, wenn ich die Initiative ergriff. Dann konnte ich mir vielleicht den Überraschungseffekt zunutze machen. Aber wie?
    Da fiel mir ein schwesterlicher Rat ein, den Feely mir und Daffy einmal erteilt hatte:
    »Wenn ein Mann euch mal zu aufdringlich wird«, hatte sie
gesagt, »tretet ihr ihm in die Casanovas und dann nix wie die Beine untern Arm!«
    Das hatte sich zwar seinerzeit wie ein nützlicher Hinweis angehört, dumm war nur, dass ich keine Ahnung hatte, wo sich besagte »Casanovas« befanden.
    Also musste ich mir etwas anderes einfallen lassen.
    Ich scharrte mit dem Schuh im Sand. Sollte ich ihm eine Handvoll Sand in die Augen werfen? Ich spürte, dass er mich beobachtete.
    Dann stand er auf und klopfte sich den Hosenboden ab.
    »Manchmal tut man etwas Überstürztes und bereut es hinterher«, sagte er im Plauderton. Meinte er damit Horace Bonepenny oder sich selbst? Oder wollte er mich vor unüberlegten Handlungen warnen?
    »Ich habe dich übrigens im Dreizehn Erpel gesehen. Du warst im Foyer und hast ins Gästebuch geschaut, als mein Taxi kam.«
    Mist! Ich war also doch gesehen worden!
    »Meine beiden Freunde Mary und Ned arbeiten dort«, erwiderte ich. »Manchmal fahre ich hin und statte ihnen einen kleinen Besuch ab.«
    »Und schnüffelst in den Gästezimmern herum?«
    Ich spürte, dass ich knallrot wurde.
    »Offenbar habe ich ins Schwarze getroffen. Pass auf, Flavia, ich will dir nichts vormachen. Ein Geschäftsfreund hatte einen Gegenstand in seinen Besitz gebracht, der nicht ihm gehörte, sondern mir. Anders als mein Geschäftsfreund weiß ich zufällig, dass du und die Wirtstochter die einzigen beiden Menschen seid, die in seinem Zimmer gewesen sind. Ich weiß auch, dass Mary Stoker keinen Anlass hätte, sich den bewussten Gegenstand anzueignen. Was soll ich nun davon halten?«
    »Sprechen Sie zufällig von einer ollen Briefmarke?«
    Es würde ein Drahtseilakt werden, und ich streifte bereits
mein Artistentrikot über. Pembertons Tonfall wurde sofort milder.
    »Du gibst es also zu? Dann bist du sogar noch klüger, als ich dachte.«
    »Die Marke lag auf dem Boden unter dem Koffer. Sie ist wohl herausgefallen. Ich habe Mary beim Putzen geholfen. Sie war nicht gründlich genug gewesen, und weil ihr Vater ziemlich unangenehm werden kann, na ja, Sie verstehen schon …«
    »Ich verstehe sehr gut. Du hast meine Marke also geklaut und mit heimgenommen.«
    Ich biss mir auf die Lippe, verzog das Gesicht und rieb mir die Augen.
    »Nicht geklaut. Ich dachte, sie ist jemandem heruntergefallen. Nein, das stimmt nicht ganz. Ich wusste, dass sie Horace Bonepenny heruntergefallen war, und weil er ja tot war, hatte er offensichtlich keine Verwendung mehr dafür. Da fiel mir ein, dass die Marke doch ein prima Geschenk für meinen Vater wäre. Vielleicht wäre er dann nicht mehr sauer auf mich, weil ich die Tiffanyvase zerschmissen habe. So. Jetzt wissen Sie’s.«
    Pemberton stieß einen Pfiff aus.
    »Eine Tiffanyvase?«
    Ich spielte die Zerknirschte. »Es war keine Absicht. Eigentlich darf ich im Haus nicht Tennis spielen.«
    »Nun«, sagte Pemberton, »damit wäre das Problem gelöst, nicht wahr? Du gibst mir die Briefmarke, und der Fall hat sich erledigt. Einverstanden?«
    Ich nickte eifrig. »Ich laufe sofort nach Hause und hole sie.«
    Pemberton brach in ein taktloses Gelächter aus und klatschte sich auf den Oberschenkel. Als er sich wieder eingekriegt hatte, japste er: »Für dein Alter bist du richtig gut, das muss ich schon sagen. Du erinnerst mich an mich selbst. Du läufst nach Hause und holst die Marke! Haha!«

    »Na gut. Meinetwegen verrate ich Ihnen, wo ich sie versteckt habe, und Sie holen sie sich selbst. Ich bleibe so lange hier. Großes Pfadfinderinnenehrenwort!«
    Ich machte den dreiohrigen Pfadfinder-Hasengruß. Natürlich verriet ich ihm nicht, dass ich dieser Organisation streng genommen gar nicht mehr angehörte, seit man mich damals rausgeworfen hatte, weil ich Eisenhydroxid hergestellt hatte, um mir mein Hauswirtschaftsabzeichen zu verdienen. Es hatte anscheinend niemanden beeindruckt, dass es sich um das Gegenmittel bei Arsenvergiftung handelte.
    Pemberton schaute auf seine Armbanduhr.
    »Es ist schon spät. Genug geplaudert, würde ich sagen.«
    Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, als hätte jemand einen Vorhang vorgezogen. Mich fröstelte mit einem Mal.
    Pemberton machte einen Satz und packte mich am Handgelenk. Ich schrie vor Schreck und Schmerz auf. Weil er

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