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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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Großstädte die umfangreichsten Lieferungen der Penny Blacks erhielten, nahm man an, dass die brisanten Marken höchstwahrscheinlich in London, Manchester oder allenfalls Sheffield oder Bristol auftauchen würden. Dem war jedoch nicht so.
    Im äußersten Zipfel von Cornwall liegt das Dorf St. Mary-in-the-Marsh. Dort war noch nie irgendetwas Aufsehenerregendes vorgefallen, und kein Mensch ging davon aus, dass sich daran irgendwann etwas ändern könnte.
    Der Postamtsvorsteher von St. Mary-in-the-Marsh war ein gewisser Melville Brown, ein älterer Herr, der das Rentenalter bereits überschritten hatte, sich aber noch ein bisschen Geld dazuverdienen wollte, das ihn, wie er jedem, der es hören wollte, erzählte, ›schmerzlos zum Friedhof hinübergeleiten‹ sollte.
    Da St. Mary-in-the-Marsh in vielerlei Hinsicht abseits des Weltgeschehens lag, erreichte das Telegramm der Regierung den Postamtsvorsteher Brown überhaupt nicht, weshalb er ein paar Tage später, als er eine kleine Sendung von Penny Blacks auspackte und die Stückzahl überprüfte (fehlende Bögen mussten sofort gemeldet werden, und Mr Brown war stets überaus korrekt), die überall gesuchten Briefmarken buchstäblich vor der Nase hatte.

    Natürlich fiel ihm der orangefarbene Druck sofort auf. Da stimmte doch etwas ganz und gar nicht! Obendrein war der Sendung nicht die übliche amtliche ›Mitteilung an den Postamtsvorsteher‹ beigefügt, die einen Hinweis auf den neuen Farbton der Penny-Marke hätte enthalten müssen. Nein, diese Sendung war von allergrößter Bedeutung, auch wenn Mr Brown nicht ahnte, in welcher Hinsicht.
    Einen Augenblick lang - aber nur einen ganz flüchtigen - kam ihm in den Sinn, dass die sonderbar kolorierten Marken wertvoller sein könnten als ihr aufgedruckter Wert. Die gummierte Briefmarke war noch nicht einmal ein halbes Jahr in Gebrauch, da hatten schon gewisse Leute, höchstwahrscheinlich in London, wie er vermutete, nichts Besseres mit ihrer Zeit anzufangen gewusst, als solche Marken zu sammeln und in kleine Alben zu stecken. Da konnte ein Einzelstück, was die Farbe betraf, oder eine Marke mit spiegelverkehrter Kontrollnummer gut und gerne ein Pfund oder sogar zwei einbringen, und ein ganzer Bogen gar, nun ja …
    Aber Melville Brown gehörte zu jenen Menschen, die so selten zu sein scheinen wie Erzengel, nämlich zu den ehrlichen. Darum setzte er sofort ein Telegramm ans Schatzamt auf, und noch ehe eine Stunde um war, machte sich ein Kurier des Ministeriums vom Bahnhof Paddington aus auf den Weg, um die Marken abzuholen und wieder nach London zu bringen.
    Die Regierung hatte vor, den schändlichen Bogen feierlich, aber unverzüglich zu vernichten. Joshua Butters Bacon schlug vor, die Marken im Archiv der Druckerei aufzubewahren oder vielleicht sogar im British Museum, wo sie künftigen Generationen als Anschauungsmaterial dienen könnten.
    Königin Viktoria jedoch, die, wie die Amerikaner sagten, ein gieriger kleiner Raffzahn war, hatte diesbezüglich ihre eigenen Vorstellungen. Sie bat darum, man möge ihr doch eine Marke überlassen, und zwar als Erinnerung an den Tag, an dem sie
von der Kugel des Attentäters verschont geblieben war. Die übrigen Marken sollten vom allerobersten Direktor der Firma, die sie gedruckt hatte, eigenhändig vernichtet werden.
    Wer wollte der Königin widersprechen? Der Premierminister, Viscount Melbourne (dessen Name einst in romantische Verbindung mit dem Ihrer Majestät gebracht worden war), hatte inzwischen, da britische Truppen kurz davor waren, Beirut einzunehmen, wahrhaftig anderes im Kopf. Und damit wurde die Angelegenheit ad acta gelegt.
    So kam es, dass der einzige je gedruckte Bogen orangefarbener Penny-Marken in einer Menage auf dem Schreibtisch des Generaldirektors von Perkins, Bacon & Petch den Feuertod starb. Aber ehe Joshua Butters Bacon das Streichholz anriss, schnitt er sorgfältig wie ein Chirurg zwei Marken von den äußersten Ecken ab (die Perforation wurde erst ein paar Jahre später eingeführt), und zwar eine Marke für Königin Viktoria mit der Kennzeichnung ›A A‹ und, in aller Heimlichkeit, eine zweite mit der Kennung ›T L‹, von der gegenüberliegenden Ecke - für sich selbst.
    Das waren die beiden Marken, die Sammlern eines Tages als Die Rächer von Ulster bekannt sein sollten, auch wenn ihr Vorhandensein viele Jahre lang, ehe sie diesen Namen erhielten, ein Staatsgeheimnis blieb.
    Als Bacon eines Tages starb und sein Schreibtisch von der Wand gerückt

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