Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
Vom Netzwerk:
hatte, sollte Tingle ihn zwischen den ganz gewöhnlichen Bögen mit Penny Blacks verstecken, die darauf warteten, auf die Postämter in ganz
England verteilt zu werden. Damit hätte Jacob seinen Auftrag erfüllt. Den Rest sollte das Schicksal bewerkstelligen.
    Früher oder später würde irgendwo in England ein Bogen mit orangefarbenen Briefmarken auftauchen, und wer Augen hatte, zu sehen, würde die Botschaft verstehen. ›Wir sind mitten unter euch‹, würden diese Marken verkünden. ›Wir bewegen uns ungehindert und ungesehen in eurer Mitte.‹
    Das ahnungslose Postamt hätte keine Möglichkeit, die aufrührerischen Marken zurückzurufen, und sobald sie erst in Umlauf gekommen waren, würde sich die Kunde von diesem Handstreich wie ein Lauffeuer verbreiten. Nicht einmal die Behörden Ihrer Majestät würden den Vorfall mehr unter den Tisch kehren können. Die höchsten Regierungsebenen wären in Angst und Schrecken versetzt worden.
    Nun war ein Geheimagent in die Reihen der Verschwörer eingeschleust worden, und obwohl seine Nachricht letztendlich zu spät kam, konnte er doch immerhin mitteilen, dass das Auftauchen der orangefarbenen Marken den Verschwörern als Startsignal zu einer neuen Welle von Attentaten auf die Mitglieder des Königshauses dienen sollte.
    Es war ein raffinierter Plan. Falls er nicht wie gewünscht klappte, würden die Verbrecher einfach eine Weile abwarten und es noch einmal versuchen. Aber dazu bestand kein Anlass: Das Ganze lief ab wie ein Uhrwerk.
    Am Tag, nachdem sich Jacob mit dem Fremden in der Kneipe getroffen hatte, brach in einer Gasse gleich hinter Perkins, Bacon & Petch ein verdächtiger Großbrand aus. Als die Drucker und das Büropersonal schaulustig ins Freie liefen, zog Jacob die orangefarbene Paste aus der Tasche, färbte die Platte mit einer Ersatzwalze ein, die er hinter den Chemikalienflaschen im Regal versteckt hatte, legte einen befeuchteten Bogen des mit Wasserzeichen versehenen Papiers darauf und druckte den Bogen. Es war fast zu einfach.
    Ehe die anderen Arbeiter auf ihre Posten zurückkehrten,
hatte Jacob den orangefarbenen Bogen bereits zwischen seine schwarzen Schwestern geschoben, die Druckplatte sauber gemacht und die schmutzigen Lappen versteckt. Er war gerade dabei, den nächsten Durchlauf gewöhnlicher Briefmarken vorzubereiten, als der alte Joshua Butters Bacon persönlich des Wegs kam und dem jungen Mann seine Anerkennung dafür aussprach, dass er trotz der Gefahr einen kühlen Kopf bewahrt hatte. Er würde es im Druckergewerbe noch weit bringen, versicherte ihm der Alte.
    Aber dann streute das Schicksal, wie so oft, Sand ins gut geschmierte Getriebe. Was die Verschwörer nicht hatten ahnen können, war, dass der Schlapphütige noch in derselben Nacht im Regen von einem durchgehenden Droschkengaul in der Fleet Street totgetrampelt werden würde und dass er sterbend zu seinem Kinderglauben zurückkehrte und den ganzen Plan - samt Jacob Tingle und allem Drum und Dran einem Bobby in einer Regenpelerine beichtete, weil er ihn für einen katholischen Geistlichen im Talar hielt.
    Zu jenem Zeitpunkt hatte Jacob sein schmutziges Werk jedoch bereits vollbracht, und die Bögen mit den orangefarbenen Briefmarken waren längst per Nachtpost in irgendeine unbekannte Ecke Englands unterwegs. Langweile ich dich, Harriet?«
    Harriet? Hatte mich Vater eben »Harriet« genannt?
    Es kommt vor, dass Väter mit mehreren Töchtern, wenn sie ihre Jüngste rufen, zuerst die Namen der anderen Töchter der Reihe nach aufzählen, und ich hatte mich längst daran gewöhnt, »Ophelia-Daphne-Flavia, verflixt noch mal« genannt zu werden. Aber Harriet? Das war noch nie passiert! Hatte sich Vater bloß versprochen, oder glaubte er tatsächlich, dass er seine Geschichte gerade Harriet erzählte?
    Ich hätte ihn am liebsten geschüttelt, ihn in den Arm genommen; am liebsten wäre ich tot gewesen.
    Dabei war mir bewusst, dass der Klang meiner Stimme den
Zauber hätte brechen können, deshalb schüttelte ich den Kopf nur so langsam und behutsam, als könnte er womöglich abfallen.
    Draußen riss der Wind an den Efeuranken, die das Fenster einrahmten. Es goss immer noch wie aus Kübeln.
    »Ein gewaltiger Aufschrei ging durch das Land«, fuhr Vater endlich fort, und ich atmete auf.
    »Jeder Postamtsvorsteher im ganzen Königreich erhielt ein Telegramm. Wo immer die orangefarbenen Marken auftauchten, sie sollten sofort weggeschlossen und die Behörden unverzüglich verständigt werden.
    Da die

Weitere Kostenlose Bücher