Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
Vom Netzwerk:
hielt, anscheinend nichts einzuwenden hatte.
    »Gib dir Mühe, und sei ein braves Mädchen, Flavia«, sagte er.
    Ein braves Mädchen? Fiel ihm nichts Besseres ein? Es war doch wohl nicht zu übersehen, dass unser U-Boot aufgetaucht war, dass die Besatzung die unergründlichen wundersamen Tiefen des Meeresgrundes hatte verlassen müssen.
    »Ich versuch’s«, entgegnete ich und drehte mich schon halb um. »Ehrlich, ich versuch’s.«
     
    »Urteile nicht zu streng über deinen Vater«, sagte Inspektor Hewitt, als er etwas langsamer fuhr, um am Wegweiser die Abzweigung nach Bishop’s Lacey zu nehmen. Ich sah ihn an. Die Lämpchen vom Armaturenbrett seines Vauxhall beleuchteten sein Gesicht von unten. Die Scheibenwischer glitten in der sonderbaren Gewitterbeleuchtung wie Sensen über die Windschutzscheibe.

    »Glauben Sie wirklich, dass er Horace Bonepenny umgebracht hat?«, fragte ich.
    Seine Antwort ließ lange, sehr lange auf sich warten, und als sie endlich kam, schwang tiefer Kummer darin mit.
    »Wer soll es denn sonst gewesen sein, Flavia?«
    »Ich … zum Beispiel.«
    Inspektor Hewitt stellte die Belüftung an, weil die Scheibe von unserer Unterhaltung beschlug.
    »Du erwartest doch nicht, dass ich dir die Geschichte mit dem Überfall und der Herzkrankheit abnehme, oder? Nie und nimmer. Daran ist Horace Bonepenny nicht gestorben.«
    Ich hatte eine Eingebung: »Es war der Kuchen, richtig? Der war vergiftet!«
    »Und du hast das Gift hineingetan, was?« Er verkniff sich ein Grinsen.
    »Nein«, gestand ich. »Leider nicht.«
    »Es war ein ganz gewöhnlicher Kuchen«, sagte der Inspektor. »Der Untersuchungsbericht liegt mir bereits vor.«
    Ein ganz gewöhnlicher Kuchen? Ein höheres Lob würde Mrs Mullets Backkünsten wohl nie wieder zuteil werden.
    »Wie du bereits herausgefunden hast«, fuhr der Inspektor fort, »hat sich Bonepenny tatsächlich ein Stück Kuchen schmecken lassen, und das etliche Stunden vor seinem Tod. Aber woher weißt du das?«
    »Nur ein Fremder würde sich an dem Zeug vergreifen«, erwiderte ich mit gerade so viel Ironie, dass er nicht merkte, was mich umtrieb: die jähe Erkenntnis, dass ich mich geirrt hatte. Bonepenny war tatsächlich nicht von Mrs Mullets Kuchen vergiftet worden. Es wäre kindisch gewesen, darauf zu bestehen.
    »Tut mir leid«, sagte ich. »Ist mir nur so rausgerutscht. Jetzt halten Sie mich bestimmt für ein dummes Gör.«
    Wieder blieb mir Inspektor Hewitt die Antwort eine ganze Weile schuldig, dann entgegnete er:
    »Die Streusel schmecken süß, jedoch -
viel süßer schmeckt der Boden noch …
    … hat meine Großmutter immer gesagt«, setzte er hinzu.
    »Und was soll das bedeuten?«
    »Das soll bedeuten … huch, wir sind ja schon in Buckshaw. Bestimmt machen sich alle schon Sorgen, wo du steckst.«
     
    »Ach so?«, fragte Ophelia gleichgültig. »Du warst weg? Ist uns gar nicht aufgefallen, stimmt’s, Daff?«
    Daffy riss die Augen auf. Sie war unübersehbar erschrocken, wollte sich aber nichts anmerken lassen.
    »Nö«, brummte sie und vertiefte sich rasch wieder in Dickens’ Bleak House. Auch wenn sonst nicht viel mit ihr los war, so war Daffy immerhin eine superschnelle Leserin.
    Wenn mich die beiden danach gefragt hätten, hätte ich ihnen gern von meinem Besuch bei Vater erzählt, aber sie fragten nicht. Falls seine missliche Lage ihnen Kummer bereitete, schloss das offenkundig mich nicht ein, so viel stand fest. F eely und Daffy und ich waren wie drei Larven in drei getrennten Kokons, und manchmal überlegte ich, wieso eigentlich. Charles Darwin hat mal darauf hingewiesen, dass der größte Überlebenskampf innerhalb des eigenen Stammes stattfindet, und als fünftes von sechs Kindern - also mit vier älteren Geschwistern - wusste er bestimmt, wovon er sprach.
    In meinen Augen war es eher ein simples chemisches Phänomen. Ein Stoff löst sich am besten in einem Lösemittel, das ihm von der Struktur her möglichst ähnlich ist. Dafür gab es keine rationale Erklärung, die Natur hatte es einfach so eingerichtet.
    Es war ein langer Tag gewesen, und meine Augenlider fühlten sich an, als hätte sie jemand als Austernrechen missbraucht.
    »Ich glaub, ich geh gleich schlafen«, verkündete ich. »Nacht, Feely. Nacht, Daffy.«

    Mein Versuch, gesellig zu sein, wurde einerseits mit Schweigen, anderseits mit Brummen aufgenommen. Als ich die Treppe hochging, tauchte auf einmal Dogger, wie aus dem Boden gewachsen, oben auf dem Treppenabsatz auf. In der Hand hielt er

Weitere Kostenlose Bücher