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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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einen Kerzenleuchter, der vom Flohmarkt in Manderley hätte stammen können.
    »Colonel de Luce?«, raunte er.
    »Dem geht es gut«, erwiderte ich.
    Dogger nickte sorgenvoll, dann schlurften wir beide in unser jeweiliges Schlafquartier.

18
    G reyminster lag dösend in der Sonne, als träumten die al ten Gemäuer von einstiger Herrlichkeit. Alles sah genau so aus, wie ich es mir vorgestellt hatte: prachtvolle alte Gebäude, gepflegter, grüner Rasen, der sich bis zum breiten, trä ge dahinfließenden Fluss hinunter erstreckte, leere Spielfelder, aus denen der ferne Widerhall vergangener Kricket-Spiele, deren Teilnehmer längst von uns gegangen waren, aufzusteigen schien.
    Ich lehnte Gladys in einem kleinen Seitenweg, durch den ich auf das Gelände gelangt war, an einen Baum. Hinter einer Hecke tuckerte ein Traktor im Leerlauf, der Fahrer war nirgends zu sehen.
    Aus der Kapelle wehten die Stimmen eines Knabenchors heran, der trotz des strahlenden Morgens sang:
    Hinunter ist der Sonnen Schein,
Die finstre Nacht bricht stark herein.
    Ich hörte ein paar Sekunden zu, dann brach der Gesang plötzlich ab. Nach einer kurzen Pause setzte die quäkende Orgel wieder ein, und die Sänger fingen noch einmal von vorn an.
    Als ich langsam über die Wiese ging, die Vater bestimmt »das Viereck« genannt hätte, starrten die hohen Fenster des Schulgebäudes ausdruckslos und abweisend auf mich herab. Ich kam mir auf einmal wie ein Insekt unter einem Mikroskop
vor, als schwebte über mir eine unsichtbare Linse … auch das Licht war irgendwie eigenartig.
    Mit Ausnahme eines einzelnen Schuljungen, der um eine Ecke gerannt kam, und zwei Lehrern in schwarzen Talaren, die im Gehen plaudernd die Köpfe zusammensteckten, waren die großen Rasenflächen und die sich dazwischen einherschlängelnden Wege von Greyminster leer. Der Himmel leuchtete so blau, dass das Ganze fast unwirklich aussah, wie eine hundertfach vergrößerte Agfacolor-Fotografie, eine Aufnahme, wie man sie in Büchern mit Titeln wie Malerisches Großbritannien fand.
    Der Kalksteinkasten mit dem Glockenturm auf der Ostseite des Vierecks, dachte ich, muss Anson House sein, Vaters ehemalige Bude.
    Die Sonne schien so gleißend, dass ich im Näherkommen die Hand schützend über die Augen an die Stirn legte. Von den Zinnen und Ziegeln dort oben musste Mr Twining damals in den Tod gesprungen sein, herab auf das uralte Pflaster, von dem ich kaum hundert Schritt entfernt stand.
    Neugierig schlenderte ich hinüber.
    Zu meiner Enttäuschung waren keine Blutflecke mehr zu erkennen. Selbstverständlich waren sie nach so langer Zeit längst verblasst. Außerdem hatte man gerade diese Blutflecken bestimmt unauffällig weggeschrubbt, noch ehe Mr Twinings zerschmetterter Leib zu dem gebettet worden war, was man »die ewige Ruhe« nannte.
    Bis auf die Spuren von zweihundert Jahren Abnutzung durch die Schuhsohlen privilegierter Schüler und Lehrer hatten die Pflastersteine nichts zu erzählen. Der dicht an der Hauswand entlangführende Weg war keine zwei Meter breit.
    Ich legte den Kopf in den Nacken und schaute am Turm empor. Aus diesem Blickwinkel ragte die steile Mauer schwindelerregend hoch auf, und oben wurde sie von zierlichen Ornamenten gekrönt. Weiße Wolken zogen bedächtig über die
Brüstung hinweg und riefen den sonderbaren Eindruck hervor, dass das ganze Gebäude langsam kippte … umfiel … auf mich herabstürzte. Mir wurde ganz flau im Magen, und ich musste wegsehen.
    Ausgetretene Stufen führten von dem gepflasterten Weg verlockend unter einem Steinbogen hindurch zu einer Flügeltür. Links von mir befand sich die Pförtnerloge, deren Insasse über das Telefon gebeugt war und nicht mal aufblickte, als ich an ihm vorbeihuschte.
    Ein kühler, gefliester, schummriger Korridor schien ins Unendliche zu führen. Ich marschierte tapfer drauflos, wobei ich Acht gab, nicht mit den Füßen zu schlurfen.
    An einer Wand hing eine endlose Galerie lächelnder Porträts: Manche zeigten Schüler, andere Lehrer, aber alle hatten sie einst in Greyminster gelernt oder gelehrt, und sie hatten ihr Leben fürs Vaterland gelassen. Sie hingen einzeln in schwarz lackierten Rahmen, auf deren Unterkante in einem vergoldeten Schriftband zu lesen stand: »Damit andere leben dürfen«. Am Ende des Korridors hingen, von den anderen Bildern ein wenig abgesetzt, die Fotos dreier Jungen, deren Namen mit roter Schrift auf kleine, viereckige Messingplaketten graviert waren. Unter jedem Namen stand:

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