Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
Vom Netzwerk:
wegnahm, um Gretel damit auf den Kopf zu hauen.
    Sie lachten wie alle anderen Zuschauer, als Kasper Jack Ketch, den Henker, dazu verleitete, selbst den Kopf in die Schlinge zu stecken, und …«
    Ich kannte die traditionellen Kasperlebühnen von der jährlichen Kirchweih und wusste die Handlung auswendig.
    » Ich weiß nicht, wie man aufgehängt wird «, sagte ich und zitierte dabei Kasperles berühmte Worte. » Du musst es mir schon zeigen, dann will ich es sogleich tun. «
    »›Ich weiß nicht, wie man aufgehängt wird‹«, sagte Sally mir die Worte nach. »›Du musst es mir schon zeigen‹. Genau das hat Grace später den Geschworenen erzählt, als eine gerichtliche Anhörung zu Robins Tod angeordnet wurde, und das waren so ziemlich ihre letzten vernünftigen Worte.
    Noch schlimmer war, dass sie bei der Anhörung mit grässlich quäkender Kasperlestimme sprach: Ich weiß nicht, wie man aufgehängt wird. Du musst es mir schon zeigen.
    Es war richtig gruselig. Der Untersuchungsrichter bat um ein Glas Wasser, einer der Geschworenen drehte durch und bekam einen Lachkrampf. Grace brach völlig zusammen. Der Arzt bestand darauf, dass sie von weiteren Vernehmungen verschont blieb.
    Was sich sonst noch an jenem unseligen Tag am Strand und später auf dem Hof ereignet hat, mussten wir uns selbst zusammenreimen, jeder auf seine Art. Ich habe zum Beispiel gesehen, wie Robin ein Seil hinter sich hergeschleift hat, das er im Traktorschuppen gefunden hatte. Später hat ihn Gordon
beim Cowboyspielen am Rand des Ablassfeldes gesehen. Und Dieter hat ihn im Gibbet Wood gefunden - aufgehängt.«
    »Dieter? Ich dachte, es sei die verrückte Meg gewesen.« Meine Worte schlüpften mir aus dem Mund, ehe ich sie daran hindern konnte.
    Sally schaute zur Seite, und ich wusste sofort, dass ich diesmal lieber den Mund gehalten und abgewartet hätte.
    Da gab sich Sally einen Ruck.
    »Du darfst nicht vergessen«, sagte sie, »dass wir gerade eben den Krieg überstanden hatten. Wenn es in Bishops’s Lacey bekannt geworden wäre, dass Robins Leiche im Wald von einem deutschen Kriegsgefangenen gefunden worden war, na ja … überleg mal.«
    »Es wäre womöglich so ähnlich wie in dieser Szene aus Frankenstein abgelaufen: aufgebrachte Dorfbewohner mit Fackeln und so weiter.«
    »Ganz genau. Außerdem war die Polizei ohnehin der Meinung, dass Meg tatsächlich vor Dieter dort gewesen ist, aber niemandem etwas davon gesagt hat.«
    »Woher weißt du das?«, erkundigte ich mich. »Ich meine, was die Polizei gedacht hat?«
    Sally fuhr sich geistesabwesend mit den Fingern durchs Haar und schüttelte es auf.
    »Es gab da einen gewissen jungen Wachtmeister, dessen Namen ich dir leider nicht nennen kann. Der ist damals hin und wieder abends mit mir ausgegangen. Wir haben zugeschaut, wie der Mond über dem Goodger Hill aufgeht.«
    »Verstehe«, sagte ich, was auch zutraf. »Die Polizei wollte vermeiden, dass Meg hätte bei Gericht erscheinen müssen.«
    »Schon komisch, oder?«, sagte Sally nachdenklich. »Dass das Gesetz einmal so mitfühlend sein könnte … Nein, jemand hatte sie zum Zeitpunkt von Robins Verschwinden im Dorf gesehen. Darum galt sie nicht als Tatverdächtige. Man kam überein, dass ihretwegen … weil sie so … also, dass man die
Angelegenheit möglichst nicht allzu sehr aufbauschen und Meg am besten ganz raushalten sollte, und so wurde es dann auch gemacht.«
    »Dann war es also doch Dieter, der die Leiche entdeckt hat?«
    »Ja. Er hat es mir noch am selben Abend erzählt. Er war immer noch ganz verstört und brachte kaum einen vernünftigen Satz heraus. Er erzählte immer wieder, wie er vom Gibbet Wood heruntergerannt ist und sich heiser geschrien hat … Über Zäune ist er gesprungen, im Matsch ausgerutscht … dann ist er auf den Hof gerannt und hat zu den leeren Fenstern hochgeschaut. Wie tote Augen sahen sie aus, hat er immer wieder gesagt, wie die Fenster im Pfarrhaus der Brontës. Aber, wie schon gesagt, der Arme stand total neben sich. Er wusste nicht mehr, was er sagte.«
    Ich verspürte ein undeutliches Grummeln im Bauch, schrieb es aber dem zweifelhaften Genuss von Mrs Mullets Jenny-Lind-Kuchen zu.
    »Und wo war Rupert die ganze Zeit über?«
    »Komisch, dass du danach fragst. Daran scheint sich niemand erinnern zu können. Rupert kam und ging, wie es ihm beliebte, oft auch nachts. Im Lauf der Zeit schien er immer abhängiger von dem Zeug zu werden, mit dem ihn Gordon versorgte; er kam immer öfter. Wenn er nicht da war,

Weitere Kostenlose Bücher