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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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als Robin starb, dann war er bestimmt nicht weit weg.«
    »Damals hat es hier doch garantiert von Polizisten nur so gewimmelt, oder?«
    »Und ob! Erst stand ja nicht einmal fest, ob es sich um einen Unfall oder um Mord handelte.«
    »Mord?« Der Gedanke war mir noch gar nicht gekommen. »Wer sollte denn einen unschuldigen kleinen Jungen ermorden wollen?«
    »Es wäre nicht das erste Mal«, antwortete Sally ernst. »Es kommt leider immer wieder vor, dass ein Kind ohne besonderen Grund umgebracht wird.«

    »Und Robin?«
    »Letztendlich fand die Polizei keine Beweise für eine Straftat. Abgesehen von Gordon, Dieter und mir - und natürlich der verrückten Meg - war zur Tatzeit niemand oben im Gibbet Wood gewesen. Robins Fußspuren führten über das Ablassfeld bis zum alten Galgen, was eindeutig belegte, dass er allein dort hingegangen war.«
    »Und dass er dort die Galgenszene aus dem Kasperletheater nachgespielt hat«, ergänzte ich. »Wobei er erst der Kasper und dann der Henker war.«
    »Richtig. So hieß es zu guter Letzt.«
    »Trotzdem haben sich die Beamten im Wald und ringsum bestimmt gründlich umgeschaut.«
    »Sie haben jeden Stein umgedreht«, bestätigte Sally. »Sie waren mit Messbändern und Fotoapparaten unterwegs, machten Gipsabdrücke, steckten alles Mögliche in ihre Tütchen.«
    »Eigentlich merkwürdig, dass sie das Cannabisfeld nicht entdeckt haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Inspektor Hewitt so etwas entgeht.«
    »Es war wohl vor seiner Zeit«, meinte Sally. »Wenn ich mich recht entsinne, hat damals ein Inspektor Gully die Ermittlungen geleitet.«
    Aha! Dieser Gully hatte demnach beschlossen, über Megs Beteiligung an der Sache Stillschweigen zu bewahren. Trotz mangelnder Gründlichkeit hatte der Mann anscheinend ein wenig Herz besessen.
    »Und was kam nun dabei heraus?«, fragte ich weiter. »Bei der gerichtlichen Anhörung, meine ich.«
    Das konnte ich zwar auch im Zeitungsarchiv der Bücherei nachlesen, aber ich wollte es in Sallys eigenen Worten hören. Schließlich war sie dabei gewesen.
    »Der Untersuchungsrichter teilte den Geschworenen mit, sie hätten sich auf eins von drei infrage kommenden Urteilen zu einigen: Tod durch Gewalteinwirkung - also Mord -, Unglücksfall
mit tödlichem Ausgang oder unbekannte Todesursache.«
    »Und?«
    »Die Geschworenen haben ziemlich schnell auf Unglücksfall mit tödlichem Ausgang befunden, obwohl sie alle Zeit der Welt hatten, um sich zu beraten.«
    Mit einem Mal stellte ich fest, dass sich der Nebel auflöste. Auch Sally bemerkte es. Obwohl immer noch ein feiner Dunst in den Baumwipfeln des Waldes oberhalb von uns hing, lagen das gesamte abschüssige Ablassfeld und der Fluss vor uns mit einem Mal im schwachen Sonnenlicht. Es sah aus wie eine nachkolorierte Luftaufnahme.
    Jetzt konnte man uns bestimmt auch vom Hof aus hier oben stehen sehen.
    Wortlos kletterte Sally auf den Traktorsitz und betätigte den Anlasser. Der Motor sprang sofort an, brüllte kurz auf und tuckerte dann gleichmäßig brummend vor sich hin.
    »Ich hab dir viel zu viel erzählt«, sagte sie. »Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. Aber du hast mir etwas versprochen, Flavia. Ich nehme dich beim Wort.«
    Sie suchte meinen Blick. In ihren Augen lag ein flehender Ausdruck.
    »Ich könnte sonst ziemlichen Ärger kriegen, weißt du?«, setzte sie hinzu.
    Ich nickte, sagte aber nicht direkt Ja. Vielleicht konnte ich ja noch eine letzte Frage loswerden:
    »Was glaubst du denn, was mit Robin und Rupert passiert ist?«
    Sally kniff die Lippen zusammen, schüttelte heftig den Kopf, ließ die Kupplung kommen und tuckerte davon. Dicke schwarze Erdklumpen wurden von den Traktorreifen in die Luft geschleudert und fielen wie abgeschossene Vögel wieder zu Boden.

20
    I ch erlöste Gladys aus ihrem Versteck hinter der Hecke, nahm die Gurkensandwiches vom Gepäckträger und setzte mich am Ufer ins Gras, um über die Verstorbenen nachzudenken.
    Dann zog ich das Notizbuch aus der Tasche und schlug Megs Zeichnung auf: Da war Robin, wie er an den verwitterten Balken des alten Galgens hing. Er lächelte so sanft wie ein friedlich schlummerndes Kind.
    In meinem Kopf machte es Klick! und ich begriff, dass ich es nicht länger aufschieben konnte: Ich musste der Dorfbücherei einen Besuch abstatten - besser gesagt, der sogenannten »Garage« - einem Außengebäude, in dem alte Zeitungsjahrgänge aufbewahrt wurden.
    Die Garage war eine unbenutzte, von Unkraut umwucherte Autowerkstatt in der

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