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Fleckenteufel (German Edition)

Fleckenteufel (German Edition)

Titel: Fleckenteufel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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Feuer und erinnert sich:
    Die letzte Kriegsweihnacht … Leutnant Werner erwiderte den Gruß und verhielt in plötzlichem Entschluss: «Nehmen Sie.» Unteroffizier Schrader steckte die Zigarette in die Manteltasche und blickte dem Offizier lange nach.
    Schrader hat das nie vergessen. So wie ihm damals eine Zigarette angeboten wurde, so gibt er sie heute an mich weiter.
    «Waren Sie eigentlich im Krieg?»
    «Waaasss? Bist du doof? Sach ma, bist du bekloppt!?»
    «Wieso, macht doch nix.»
    «Du bist ja wohl echt nicht mehr ganz schussecht. Als Mensch zu dumm und als Schwein zu kleine Ohren.»
    «Entschuldigung.»
    Was ist denn mit dem los? Ich dachte, es würde ihn freuen, dass ich glaube, er wäre im Krieg gewesen.
    «Das musst du dir mal vorher überlegen, Meister. Und ich geb dir hier noch ’ne Zigarette. Ich glaub’s nich.»
    «Ja.»
    Schrader schnippt seine LUX weg und geht.

    Mir fällt ein, dass ich versprochen habe, zu Hause anzurufen, ob ich gut angekommen bin und so. Ich hab nicht die geringste Lust, aber jetzt ist eine gute Gelegenheit, dann hab ich’s hinter mir. In der Nougathöhle gibt es nur einen einzigen, klapprigen Telefonapparat, der auf einem Tischchen im Gemeinschaftsraum steht. Daneben liegt ein Schreibheft, in das man seinen Namen und die Anzahl der Einheiten einträgt, abgerechnet wird wie überall zum Schluss. Ich nehme mir vor, höchstens eine Einheit zu vertelefonieren. Die kostet zwanzig Pfennig und dauert acht Minuten. Glaube ich.
    Föööt. Föööt. Föööt. Föööt. Föööt.
    Hoffentlich geht niemand ran. Aber das ist ja auch schon wieder Quatsch, dann muss ich’s später nochmal versuchen. Wie man es dreht und wendet, alles Scheiße.
    Föööt. Föööt. Föööt. Föööt. Föööt. Föööt. Föööt.
    Ich versteh das nicht, bei uns ist doch immer einer da. Klack:
    «Sabine Bruhn.»
    Meine Schwester.
    «Ey, Sabine, hier ist Thorsten.»
    «Na, wie isses?»
    «Ich weiß nicht, bisher noch nicht so geil.»
    «Und wieso nicht?»
    «Wegen der Leute. Total viele Idioten mit und alte Leute, und das Wetter ist auch nicht gut.»
    «Ach Quatsch, wart doch erst mal ab.»
    «Nee, ich glaub da nicht mehr dran, echt nicht. Und wie ist es bei dir so?»
    «Ach, ich hab jetzt bald endgültig keinen Bock mehr. Ich glaub, ich schmeiß die Lehre.»
    Meine Schwester macht eine Ausbildung zur Arzthelferin, zweites Lehrjahr. Alle Mädchen mit Realschulabschluss werden entweder Optikerin oder Büro-/Groß-/Außenhandels-/Speditionskauffrau oder Arzthelferin, etwas anderes ist nicht vorgesehen. Die Jungs lernen ein Handwerk (am beliebtesten ist irgendwas mit Kfz) oder was Kaufmännisches. Die Hauptschüler werden Bäcker oder Verkäuferin oder Straßenreinigung oder Gärtner. Den besten Berufswunsch aller Zeiten hat mal Wilfried Schmale geäußert:
    «Und was is mit dir, Wilfried, was willst du denn mal werden?»
    «Hilfsknecht auf’m Hof.»
    Hat er todernst gemeint. Muss man sich mal vorstellen, kann sich kein Mensch vorstellen. Nicht Knecht, Hilfsknecht. Bescheidener kann man das Berufsleben nicht angehen, die Möglichkeit des Scheiterns wird von vornherein ausgeschlossen. Leider sind Wilfrieds Eltern nach Neuseeland ausgewandert, und Wilfried musste mit. Vielleicht hat er’s ja trotzdem durchgezogen, in Neuseeland gibt es schließlich auch Bauernhöfe.
    «Wirklich? Das ist doch nur noch ein gutes Jahr, das hältst du durch.»
    «Du, Mutti kommt grade. Du wolltest doch sicher auch noch mit ihr sprechen.»
    «Ja. Aber überleg dir das doch nochmal mit der Lehre.»
    Pause. Wie bin ich denn drauf? Soll sie doch hinschmeißen.
    «Komm ma, Thorsten is dran», ruft Sabine und sagt dann zu mir:
    «Also tschüs, ich leg dich mal weg.»
    «Ja, tschüüs.»
    Pause. Pause. Pause. Meine Mutter lässt sich extra lange Zeit, schließlich muss klargestellt werden, wer hier auf wen zu warten hat. Schlurf, klapper, knister. Erst mal schön Tüten auspacken.
    Pause.
    «Bruhn.»
    Nicht etwa «Hier ist Mutti» oder so was.
    «Hallo, ich bin’s. Ich wollte mal anrufen.»
    «Eigentlich wolltest du gestern anrufen. So hatten wir das jedenfalls verabredet. Aber du hattest wahrscheinlich Besseres zu tun.»
    Oneinoneinonein, jetzt geht das gleich schon wieder so los. Sie weiß genau, welche Macht sie über mich hat. Wenn das Telefonat ohne versöhnlichen Abschluss endet, krieg ich das miese Gefühl überhaupt nicht mehr weg, ich kenn mich doch.
    «Ich hab das gestern nicht geschafft, echt nicht.»
    «Wieso, du kannst mir

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