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Fleckenteufel (German Edition)

Fleckenteufel (German Edition)

Titel: Fleckenteufel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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Ich bekomme es schrecklich mit der Angst zu tun und rufe nach meinen Eltern: «Hilfe, Mama, Papa, Hilfe.» Endlich kommen ein paar Leute heraufgekrabbelt, die gekleidet sind wie Förster. Sie schwitzen wie die Schweine und sind total am Ende. Gemeinsam schreien und winseln wir, aber Andreas bleibt verschwunden. Wir durchsuchen jeden Millimeter des Gangs, finden aber nichts außer alten Plünnen und Müll.
    Der Dachboden fängt an zu brennen. Ich springe aus dem Fenster, es muss mindestens der hundertste Stock sein. Ich falle und falle und falle, kurz vor dem Aufprall wache ich auf.

    Mir ist vor Scham und Entsetzen ganz schlecht. Ich falte die Hände und bete. Ich bitte aus tiefstem Herzen um Vergebung, obwohl es doch nur ein Traum war. Denn jetzt weiß ich von dieser unheilvollen und verderbenden Macht, die tief in uns wohnt und tobt und wütet und uns nie zur Ruhe kommen lässt.

Phantasie in Moll
    In aller Herrgottsfrühe werde ich wach, und sofort überlege ich mir, wie ich meinen Abgang möglichst wirkungsvoll inszeniere:
    Noch vor der Morgenandacht teile ich Pastor Schmidt meinen Entschluss mit. Er hört mir schweigend zu. Als ich fertig bin, nickt er. Er arbeitet es in seine Andacht ein:
    «Leider wird uns gleich nach dem Frühstück jemand verlassen, seine Sachen sind bereits gepackt. Er hatte sich so auf die Freizeit gefreut, aber dann sind Dinge passiert, die ihn verzweifeln lassen an dieser Gemeinschaft. Einige unter euch wissen, wovon ich spreche …»
    Die Köpfe senken sich, eine tiefe Beklommenheit ist zu spüren. Noch weiß keiner, dass ich es bin, der die Gruppe verlässt. Ich lasse mir nichts anmerken, sondern gehe nach dem Frühstück ein letztes Mal zum Zelt, um meine bereits fix und fertig gepackte Reisetasche zu holen. Die Gemeinschaft ist vollzählig versammelt, das Taxi, das Pastor Schmidt – als kleine Wiedergutmachung – auf Gemeindekosten bestellt hat, wartet mit laufendem Motor. Alle treten schuldbewusst einen Schritt zurück, es herrscht eine gespenstische Stimmung. Die Erwachsenen bilden ein Spalier, die Jugendlichen tun es ihnen nach. Ich habe das Gefühl, von jetzt auf gleich erwachsen geworden zu sein. Angesichts des Unabwendbaren lösen sich die Zungen:
    «Bitte, geh nicht!»
    «Das haben wir nicht gewollt!»
    «Thorsten, ich liebe dich doch.»
    Ich entziehe mich dem Umarmungsversuch Susanne Bohnes: Sie hat ihre Chance gehabt. Der Taxifahrer wirft meine Tasche in den Kofferraum und hält mir die Tür auf. Ich wende mich ein letztes Mal an die Gruppe:
    «Keine Angst, ich pack das schon. Genießt nun die schöne Zeit, die vor euch liegt. Und vergesst mich einfach.»
    Ab jetzt liegt ein Fluch über der Freizeit: Peter Behrmann und Detlef verschwinden spurlos, Harald wird erschlagen aufgefunden, Gundula ertrinkt vor den Augen aller in einem Priel. In der Nacht vor der Heimreise erleidet Herr Schrader im Bett einen Herzinfarkt. Die glimmende LUX-Zigarette fällt aufs Kopfkissen, das Haus brennt bis auf die Grundmauern nieder. Später wird das verwaiste Grundstück dem Vogelschutzgebiet zugeschlagen.
    Ja, das passiert, wenn man einen Thorsten Bruhn demütigt.

    O Tannenbaum.
    REISE, REISE!
    Der Klepper aus dem Höllenzoo. Meine Güte.
    Ich bin einer der Ersten, die sich zur Andacht versammeln. Vielleicht kann ich ja den Pastor abpassen, dann hab ich’s hinter mir. Der Wind schmeckt irgendwie säuerlich, ansonsten ist es kalt wie immer. «Wann hast du dir eigentlich zum letzten Mal in den Arsch reingekackt?» Jaja, ist ja gut. Harald kann sich für den Rest der Freizeit alleine in den Arsch reinkacken oder reinkotzen oder reinpissen oder reinfurzen. Pastor Schmidt hat Wolfram Steiß im Schlepptau, sie sind in ein Gespräch vertieft, da mag ich nicht stören. Dann verschieb ich’s eben auf nach dem Frühstück.
    Thema der Andacht von Diakon Steiß: Schlechtes Gewissen. Wann man warum wie oft ein schlechtes Gewissen hat und ob und wieso es oder wieso nicht begründet oder unbegründet ist. Der eine hat oft ein schlechtes Gewissen, der andere praktisch nie. Zum Glück wird einem am Ende von Jesus vergeben.
    Ob sich Steiß den Quatsch eigentlich aus dem Stand ausdenkt? Nein, wahrscheinlich hat er die ganze Nacht daran herumgefeilt, haha.
    Beim Frühstück gibt es einen Graubrotengpass. Ein Wahnsinn, sollen wir jetzt Sand fressen, oder was? Na ja, die Hungerei ist ja nun bald vorbei.
    Die fünf Freunde vertilgen schon vormittags Eiskrem in rauen Mengen, sogar der Hund. Der fünfte Freund

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