Fleckenteufel (German Edition)
an dem man mit Willensstärke nichts mehr ausrichten kann. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. Während der Himmelfahrt fummle ich den Wohnungsschlüssel heraus. Bitte, bitte, lieber Gott, mach, dass keiner zu Hause ist! Schweißüberströmt und mit schmerzverzerrtem Gesicht stehe ich vor der Wohnungstür. Der Schlüssel rutscht immer wieder ab, haben die Schweine das Schloss ausgetauscht? Verdammt, verdammt, verdammt. Plötzlich geht die Tür auf: meine Mutter, dahinter meine Schwester und ihre beiden besten Freundinnen.
«Hallo, Thorsten, was ist denn mit dir los», sagt meine Mutter und fasst mich am Arm. «Du bist ja kreidebleich. Wieso klingelst du nicht einfach?»
In diesem Moment entspannt sich mein Körper, und ich entleere mich unter unfassbaren Geräuschen.
Kartoffelspiele
Wir spielen «Beim Psychiater»: Eine Person wird zum Psychiater bestimmt und geht kurz vor die Tür. Die «Patienten» überlegen sich eine Krankheit. Einer antwortet beispielsweise immer auf die Fragen, die der Person rechts daneben gestellt wurden, oder fängt bei einem bestimmten Wort an zu weinen. Einer hält sich für den Bundeskanzler. Ein anderer lebt auf dem Mars. Der Nächste meint, er sei ein Handrührgerät (alles Beispiele). Anschließend wird der Psychiater wieder hereingerufen und muss durch Fragen herauszufinden versuchen, an was es den Patienten fehlt.
Ich fühle mich zu alt für so einen Quatsch. Egal, es ist eh das letzte Spiel, das ich mitmache. Der blonde Engel (ich hab in der Baracke mitgekriegt, dass er Heiko heißt) wird zum Psychiater bestimmt. Ich werde so tun, als wäre ich Sylvester Stallone beziehungsweise Rocky. Die anderen wählen konventionelle Irrsinnsvarianten, außer dem langen, dürren Karsten Petermann, der in die Rolle des Terroristen Andreas Baader zu schlüpfen gedenkt.
Peter Edam (entsetzt): «Aber das geht doch nicht!»
Karsten Petermann: «Wieso denn nicht. Ist doch nur ein Spiel. Da kann ich doch nehmen, wen ich will.»
Der dumme Peter (überfordert): «Na ja, wenn die Gruppe nichts dagegen hat, von mir aus.»
Karsten Petermann: «Ja, ja.»
Obwohl seine Idee originell ist, hapert es an der Ausführung. Er ist zu lang und zu dürr und kann es einfach nicht, im Gegensatz zu mir: Heiko und ich harmonieren miteinander, als hätten wir geübt. Prompt bekommen wir die meisten Lacher. Obwohl das Spiel eigentlich doof ist, macht es Spaß. Es kommt nämlich nicht aufs Spiel an, sondern darauf, was man daraus macht. Irgendwie ist die allgemeine Stimmung auch nicht mehr so gegen mich, kommt mir jedenfalls so vor. Während der Vormittagsbadezeit verziehe ich mich in die Baracke. Zum Kacken. Von wegen.
Zum Mittagessen gibt’s Milchreis mit Butter, Zucker und Zimt. Noch nicht mal heiße Kirschen oder so was. Bei 343 Mark sollte doch wohl eine Portion Beerenobst drin sein! Zum ersten Mal salzt Detlef nicht nach.
Der Nachmittag steht im Zeichen sogenannter Kartoffelspiele . Auch schon wieder was für Kinder. Zuerst gibt es ein Wettrennen mit Kartoffeln zwischen den Knien, die nicht herunterfallen dürfen. Nächstes Spiel: Eine Kartoffel muss in ein Tor geschossen werden. Dabei darf der Spieler nur auf einem Bein hüpfen. Auch schon wieder albern. Kartoffelschälen: Wer kann die längste zusammenhängende Schale abschneiden? Gewicht schätzen: Wer kann genau ein Kilogramm Kartoffeln in einen Eimer legen? Präzisionskartoffelschälen: Wer kann genau 150 Gramm Kartoffelschalen schälen?
Mir fällt eine Zeltnachbarin von Susanne Bohne auf: Ina Blankenburg. Sie passt zu den Kartoffelspielen wie die Faust aufs Auge, weil sie nämlich auch irgendwie kartoffelig aussieht. Warum, kann ich nicht genau sagen, ist aber so. Sie hat einen leichten Entenarsch und gar keine Titten. Nicht klein oder mini: gar nichts. Unten Mädchen, oben Junge. Auch schon wieder geil. Ich stelle mir vor, wie ich ihr die Bluse aufknöpfe und sie sich wegen der nicht vorhandenen Oberweite ziert. Sie weiß nicht, dass es in Wahrheit das Einzige ist, was ich an ihr scharf finde.
«Lass das, Thorsten.»
«Was denn? Wieso denn?»
«Das geht nicht.»
«Wieso denn nicht? Wieso geht das nicht?»
«Nee, ich will nicht.»
«Wieso willst du nicht?»
«Nee.»
Usw.
Georg von den fünf Freunden ist eigentlich ein Mädchen, Georgina, möchte aber viel lieber ein Junge sein und nennt sich deshalb Georg. Auch schon wieder geil.
Badezeit. Die dicken Fiedlers sitzen todschwer mit hängenden Bäuchen auf der Bank und schauen
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