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Fleckenteufel (German Edition)

Fleckenteufel (German Edition)

Titel: Fleckenteufel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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das?»
    «Ja. Von mir aus. Was war denn überhaupt los?»
    Er schaut mich lange an. Die Augäpfel sind blutig, sein Blick verstumpft.
    «Ich war in der Stadt.»
    Hä, wo, was, wieso? Stadt kann ja nur Scharbeutz heißen, was wollte er denn in Scharbeutz, da ist doch nichts.
    «In der Stadt, wieso das denn? Was hast du da gemacht?». (Mit Peter bin ich per Du.)
    Er schaut mich flehend an.
    «Thorsten, du musst mir versprechen, zu keinem ein Wort. Ich bin sonst geliefert, ich schwör’s dir.»
    Wieso denn geliefert? Nur weil er einmal über die Stränge geschlagen hat? Das ist doch kein Grund. Aber vielleicht ist so was schon öfter passiert, und die Freizeit war seine letzte Chance, und wenn er die auch noch versemmelt, dann ist endgültig Feierabend. Ach, ich weiß es doch auch alles nicht.
    «Ja, klar, ich sag nichts.»
    «Danke.»
    Er zieht sich am Geländer hoch und wankt davon.

    Auf allen vieren krieche ich die Treppe rauf zu den Kabinen und hocke mich mit letzter Kraft auf die Klobrille. Bitte, bitte! Das ist wichtig jetzt, ganz wichtig. Doch ich brauche weder zu beten noch mich zu konzentrieren oder zu drücken oder mir was in die Kimme zu schmieren oder sonst was. Nach wenigen Sekunden kommt sie, die Scheiße einer ganzen Woche, eines ganzen Jahres, eines ganzen Lebens, als hätte jemand den Pfropfen gezogen.
    PPPFFFAAARRRKKKRÖÖÖÖ-TTTTRIIIIIRÄÄÄÄÄÜÜÜÜ.
    Von dem bestialischen Gestank wird mir gleich wieder richtig schlecht. Oneinoneinoneinonein, was soll ich nur machen? Ohne zu spülen und mit schmutzigem Arsch knie ich mich vor die Schüssel und kotze in meine eigene Scheiße rein. Vielleicht ist das ja damit gemeint, sich selber in den Arsch zu kacken. Nach zwei Schwällen bin ich schon wieder bei Galle. Hilfe, Hilfe! Ich fühle mich, als hätte man mich vollkommen ausgeschabt, entkernt, ich bin in Selbstauflösung begriffen, gleich fliege ich wie ein welkes Blatt davon.
    Endlich kommt nichts mehr. Ich warte noch eine Minute und drücke mit zitternden Händen den Spülknopf. Gott, ist das herrlich, wie das Wasser die ganze Kacke und Kotze wegspült. Ich mache die Spritzer und den ganzen Irrsinn mit Klopapier weg, dann spüle ich meinen Mund lange mit frischem, klarem Wasser und fühle, wie mich ungeheure Erleichterung und ein tierisches Glück durchströmen. Anscheinend habe ich es überstanden. Ich krieche in meinen Schlafsack, mein erbsengroßes Schrumpfherz weitet sich. Es ist ganz wichtig, seinen Tränen freien Lauf zu lassen, alles andere hilft nicht. Noch nie hat sich ein einzelner Mensch in einem Schlafsack so wohl gefühlt.

Der Salzige
    Lasst uns froh und munter sein .
    REISE, REISE!
    Schraders festgeklebtes Alkoholikergrinsen schweift ölig im Zelt umher.
    «Lustig, lustig, trallalallala, bald ist Nikolausabend da.»
    Ich bin weder froh noch munter und beschließe daher, liegen zu bleiben, wenigstens ein einziges Mal im Bett bleiben. Kein Mensch kann in meinem Zustand aufstehen, und ich schon gar nicht. Außerdem ist Sonntag. Ich habe die Rechnung allerdings ohne den Höllenklepper gemacht. Nach zehn Minuten Kontrollgang ist er wieder da.
    «Was ist los mit dir? Hast du nich gehört. REISE, REISE!»
    Mir schlägt eine Fahne entgegen, als hätte er sich zwei Liter Doppelkorn über den Gaumen gedrückt. Gibt’s nicht, alle besoffen gewesen gestern.
    «Nee, ich kann nicht, ich bleib liegen.»
    «Wie, du bleibst liegen, du hast sie ja wohl nicht mehr alle! REISE, REISE!»
    «Nee, echt. Ich bin krank!»
    «KRANK? So ein Quatsch. Los, raus.»
    «Nee, das stimmt, ich lüg nich, ich bin wirklich krank.»
    «Du spinnst doch. Ich sag’s nich nochmal.»
    «Nee, ich bleib liegen. Sie können ja dem Pastor Bescheid sagen.»
    «Das muss ich gar nich.»
    Er packt mich an den Beinen und versucht mich aus dem Bett zu zerren. Ich klammere mich mit beiden Händen am Gestänge fest.
    «Hilfe, Hilfe!»
    «HÖR AUF DAMIT JETZT. LOS KOMM, SONST MACH ICH ERNST!»
    Herr Schrader ist zwar alt und fett und wird bald sterben, aber noch ist er mir körperlich haushoch überlegen. Ich gebe auf.
    «So is vernünftig, aber mach das nich nochmal, ich schwör’s dir. Ich warte vor dem Zelt, wenn du in einer Minute nich draußen bist, is was los, Meister.»

    Obwohl endlich mal die Sonne scheint, herrscht bei der Morgenandacht eine ganz seltsame Stimmung. Alle sind bis auf die Knochen erschöpft, selbst der Pastor und seine Frau wirken angeschlagen. Was da wohl noch alles passiert ist? Die Nacht war ja noch lange

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