Fleckenteufel (German Edition)
nicht zu Ende, im Gegenteil, es wurde bestimmt noch richtig geil, außer für den dummen Peter, der hat’s genauso übertrieben wie ich. Überhaupt Peter: Er scheint über eine ganz und gar unwahrscheinliche Regenerationsfähigkeit zu verfügen: Wie aus dem Ei gepellt sieht er aus: Frisches T-Shirt (Fischsymbol), frische Hose, das Gesicht abgeschwollen, sogar der Glanz ist in seine Augen zurückgekehrt.
Andacht Wolfram Steiß. Es geht los wie immer (Jesus, Gott, Menschen, Natur, Sünde), doch plötzlich kommt er auf die Vorkommnisse der vergangenen Nacht zu sprechen. So, wie er sich aufplustert, muss einiges aus dem Ruder gelaufen sein, noch viel mehr, als ich gedacht hatte. Und ich war nicht dabei!
Verständnis dafür haben, dass wir ab heute Zeltkontrollen machen … schlimm, dass einige unser Vertrauen so missbraucht haben … glauben, dass sie machen können, was sie wollen … Verantwortung auch gegenüber euren Eltern … Alkohol … Entgleisung.
Nach dem Frühstück knöpfe ich mir Tiedemann vor. «Sag mal, was sollte denn das, du wolltest mich doch abholen?»
«Ja, stimmt, tut mir leid. Hab ich vergessen.»
«So was vergisst man doch nicht. Und wenn nun was passiert wäre?»
Er mustert mich komisch.
«Was soll denn passiert sein. Nu hör mal auf.»
«Und was ist bei euch noch so passiert?»
«Weiß ich auch nicht so genau. Ich bin irgendwann eingepennt, und dann ist Steiß gekommen, um vier oder so, und hat uns zusammengeschissen. Irgendwer muss gepetzt haben.»
«Und nu?»
«Jetzt geht’s erst mal nicht mehr zu den Weibern. Hast ja gehört, Kontrollen ohne Ende.»
«Ach so.»
Ich tu enttäuscht, bin in Wahrheit aber heilfroh. Jetzt bleibt unsere Clique endlich wieder unter sich, wir spielen Doppelkopf bis zum Ende der Freizeit, und gut ist.
Keine Wolke am Himmel. Das kann ja heiter werden, haha. Bestimmt schon 25 Grad, und die nächsten Tage soll es noch heißer werden. Ich gehe zum Strand, Meer gucken. Schrader sitzt auf einer Bank, hustet und raucht LUX-Zigaretten. Er ist immer noch besoffen und quatscht wie gehabt auf Herrn Korleis ein:
«Egon, was machst du eigentlich, wenn der Dritte Weltkrieg ausbricht? Bist du gut vorbereitet?»
«Wie, vorbereitet, der bricht schon nicht aus.»
«Aber wenn doch, man muss doch vorbereitet sein!»
«Da kann man doch wenn nichts machen. Meinst du jetzt Vorräte anlegen, oder was meinst du überhaupt?»
«Vorräte is gut! Ich hab mir nämlich ’nen unterirdischen Bunker angelegt. Mit Sexsklavinnen. Von mir aus kann der Krieg kommen, bei mir is alles voller Sexsklavinnen, harharhar.»
Ein Wahnsinn. Jetzt ist er vollkommen durchgedreht, wenn das der Pastor hört. Korleis sieht zu, dass er Land gewinnt. Es naht Frau Wöllmann.
«Ey, Frau Wöllmann, was is denn mit dir los?»
«Was soll denn los sein?»
«War die Kette zu lang, oder wie bist du aus der Küche rausgekommen? Harharhar.»
Frau Wöllmann bekommt ein wächsernes Gesicht und geht, ohne ein Wort zu sagen, ins Haus zurück. Schrader schüttelt mit dem Kopf.
«Die ham doch alle keinen Humor, alle, wie sie da sind.»
Bimmel bimmel. Rinderroulade mit Erbsen und Wurzeln und Kartoffelbrei. Mir ist immer noch ein bisschen übel, und ich hab trotzdem Hunger, ganz ätzende Kombination. Na ja, ich lass es lieber. Wenn ich hier auch noch auf den Tisch kotze, dann ist eh alles zu spät. Ich schäme mich schon genug wegen gestern: «Das Äffche, erst ist’s durchgedreht, und dann hat’s gebrochen! Schau mal, jetzt schon wieder! Das arme Äffche, schlimm.»
Detlef salzt wie üblich nach, das heißt, er versucht es, aber das Salzfass ist verstopft. Die Löcher zu klein, nass, irgendwas, es kommt einfach nichts, er kriegt schon einen steifen Arm vom Schütteln. Bald ist die Mittagszeit vorbei, ohne dass es schön salzig schmeckt.
In seiner Not begeht er einen entscheidenden Fehler: Er schraubt den Verschluss vom Salzfass und haut sich zirka die Hälfte auf den Kartoffelbrei. Dann rührt und manscht er mit der Gabel in der Pampe rum, bis aus dem Brei Lake geworden ist, Salzlake. Ich bin fassungslos und schaue mich um; Dirk Kessler hat sein Besteck zur Seite gelegt und beobachtet mit offenem Mund den Salzwahnsinn. Endlich, endlich bemerkt es auch mal ein anderer! Dirk stößt den dürren, langen Karsten Petermann an, der sagt Thomas Rolfs Bescheid, und rasend schnell erfasst die Neuigkeit die umliegenden Tische. Laute Post. Tragischerweise ist Detlef derart im Salzrausch, dass er von alldem
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