Fledermaeuse und andere Leute
meint Jung-Siegfried, »warum ist er denn nicht getaucht, dann wäre das Blatt doch abgegangen.«
Gar nicht so dumm, mein Enkel, denn diese Frage habe ich mir als Kind auch oft gestellt, ohne eine befriedigende Antwort zu erhalten.
»Und warum hat der Hagen den Siegfried sonst noch totgemacht?«, will Mäxchen weiter wissen.
»Ja«, fährt Felix tapfer fort, »weil er neidisch war, dass Siegfried den Zwerg Alberich, der den Nibelungenschatz hütete, besiegt hat und damit auch seine Liebste, die Kriemhild, befreite.«
Doch Frauen interessieren Max nun überhaupt nicht. Abwertend meint er: »Das ist doch pipileicht, mit ’nem Zwerg zu kämpfen.«
»Sag das nicht«, mische ich mich ein, »immerhin besaß der Alberich eine Tarnkappe und war unsichtbar.«
»Ach, und wieso konnte ihn der Siegfried dann totstechen, so ohne ihn zu sehen?«
»Na, er hat ihm die Tarnkappe einfach vom Kopf gerissen«, sagt Felix langsam ungeduldig.
Doch da kann unser Enkel nur lachen. Denn wie kann man etwas herunterreißen, was man überhaupt nicht sieht, bitteschön?!
Ich gebe noch nicht auf: »Weißt du, der Siegfried hat einfach mit dem Arm in der Luft herumgefummelt und dabei die Tarnkappe erwischt.«
Max bleibt zwar weiterhin skeptisch, doch Siegfrieds Kampf mit dem Drachen imponiert ihm mächtig. Und er braucht nach der Besichtigung des steinernen Ungetüms dringend vom Souvenirshop ein Schwert, einen Schild, einen Plüschdrachen und eine Postkarte von Siegfried mit flammendem Schwert und feuerspuckendem Drachen. Leider sind dem Kioskbesitzer die Tarnkappen ausgegangen. Das wäre nämlich absolute Spitze gewesen … findet Max.
Der Opa mit der »Zauberflöte«
D a offenbar die Nibelungen noch zu schwierig für Mäxchen sind, werde ich erst einmal etwas leichtere Kost für ihn aussuchen. Irgendwann muss er ja auch mal an die Oper herangeführt werden. Hänsel und Gretel hat ihm nicht gefallen, das heißt: die Musik von Humperdinck schon, aber die Geschichte! Wie kann eine alte Frau es wagen, einen kleinen Jungen fressen zu wollen! »Und da meckerst du immer, wenn ich bloß Herkules und so in Zeichentrick sehen will!!«
»Mozart«, sagt seine Tante Pia, »Mozart haben wir doch alle schon als kleine Kinder geliebt, die Musik und auch die Geschichten. Wie wäre es denn mit der Zauberflöte?« Und sie kramt ein hinreißendes Bilderbuch aus frühen Tagen hervor mit wunderschönen Illustrationen, kurzen Texten und ein paar Liedern.
Begeistert erzähle ich Max, dass es sich eigentlich um eine Oper handelt, in der die Texte normalerweise gesungen werden, und wir mit ihm bald in eine Aufführung gehen werden.
»Toll«, sagt mein Enkel und … »Zauberflöte ist gut, da kann man bestimmt ganz prima Sachen mit machen.«
»Wir werden sehen«, sage ich vorsichtig. Das Jung-Siegfried-Desaster hat mich nachhaltig geschädigt. Und am Abend nehmen wir dann das Buch als Vorleselektüre zur Hand. Leider ist es eher eine Schnelleinschlaflektüre. Die Bilder findet Mäxchen gut, die Texte doof und die Zauberflöte einfach langweilig, »Die lässt ja bloß alle tanzen, wenn der Mann darauf spielt«, und die Lieder wie »Deher Vogelfänger bin ich ja …« oder »In diesen heiheiligen Hallen …« reißen ihn auch nicht wirklich aus den Kissen. Als ich das Buch zuschlage, schläft er schon fast.
»Na«, versuche ich, ihn noch einmal munter zu machen, »wie hat dir die Oper denn nun gefallen?«
»Ganz cool«, murmelt er mit geschlossenen Augen, »aber wo ist denn nun der ›Opa‹ abgeblieben?«
Ich glaube, ich werde mich an den Gedanken gewöhnen müssen, dass mein Enkel noch nicht reif ist für Mozart, Wagner und Co.
Fledermäuse sind auch nur Menschen
S eit einiger Zeit mag Mäxchen nicht mehr in unseren Keller gehen. »Da sind Gespenster drin«, behauptet er und spielt lieber mit gar nichts, als sich sein Spielzeug von unten heraufzuholen.
»Gespenster gibt es doch überhaupt nicht«, erkläre ich ihm, »höchstens in Märchen. Und außerdem wohnen die dann nicht im Keller, sondern auf dem Dachboden.«
»Siehste«, sagt er.
»Aber wir haben doch gar keinen Dachboden«, sage ich und zeige ihm unser Flachdach. Wenig beruhigt geht er mit mir zusammen in den Keller, um seine Autos heraufzuholen. Aber sie nachher wieder runterbringen mag er nicht, er traut dem Frieden nämlich nicht so richtig.
Auch die Geschichte vom »Gespenst von Canterville«, kindgerecht von mir erzählt, geht nach hinten los. Er sagt zwar: »Geil, ein englisches
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