Fledermaeuse und andere Leute
Gespenst«, und lacht sich schief, weil dieses Gespenst den Blutfleck im Wohnzimmer immer wieder mit Farbe auffrischt, zum Schluss sogar in grün. Aber er ist immer noch nicht davon überzeugt, dass es gar keine Gespenster gibt, wenn selbst in England …
Also krame ich das Buch von Otfried Preußler vom Kleinen Gespenst hervor. An den folgenden Abenden lese ich Mäxchen die Geschichte vor.
Und so gewinnt mein Enkel das niedliche kleine Gespenst mit seinem großen Schlüsselbund und Freund Uhu Schuhu allmählich so lieb, dass er es einmal kennen lernen möchte. Und weil wir keinen Dachboden mit einer eisenbeschlagenen Eichentruhe besitzen, überlegen wir gemeinsam, wo wir nach ihm suchen sollen.
Da fällt mir mein Vetter ein. Dessen Sohn ist Musiker, und der wiederum lebt mit seiner Familie ganz in der Nähe auf einem alten Bauernhof mit großer Scheune ganz nah am Wald.
Ich melde uns gleich für den nächsten Samstagnachmittag an.
Als die Sonne untergeht, marschieren wir alle zur Scheune hinüber und klettern über eine lange Leiter hinauf auf den Dachboden, »… wegen das kleine Gespenst ja nur im Dunkeln aus seiner Truhe kommt …«, erzählt Mäxchen seinen um vier Ecken verwandten Cousinen und Vettern.
Durch dichte Spinnweben bahnen wir uns einen Weg in den hinteren Teil des Bodens. Da hören wir über uns leises Fiepen und Rascheln. Wir schauen nach oben: »Oh«, sagt Mäxchen überrascht, »lauter eingepackte kleine Mäuse!« Seine Cousinen und Vettern kichern leise über so viel Unwissenheit, und ich flüstere: »Das sind Fledermäuse. Die tun niemandem was, die fliegen nur nach draußen, wenn es dunkel wird, und schnappen sich alle Mücken, damit die uns nachts nicht stechen können.«
»Toll«, sagt Mäxchen und stolpert über eine Eichentruhe, deren Deckel sich dabei mit einem lauten Knall öffnet. Im selben Moment erhebt sich ein vielfaches Flattern und Flügelschlagen, über unsere Köpfehinweg hinaus aus dem geöffneten Dachfenster. Mäxchen flüchtet erschreckt in meine Arme und zieht mich nach unten in Deckung: »Sind das jetzt alles kleine Gespenster?«
Seine entfernten Verwandten feixen vor Freude. So ein dummes Stadtkind! »Das sind doch bloß die Fledermäuse!« Mäxchen erhebt sich: »Fliegen die jetzt zum Uhu Schuhu?«
»Vielleicht«, sage ich und hocke immer noch auf dem staubigen Fußboden.
»Und warum stehst du dann nicht wieder auf?«, will er weiter wissen.
»Weil ich mich eben auch erschreckt habe.«
Darauf Mäxchen, erleichtert, dass es keine kleinen Gespenster, sondern niedliche eingepackte Mäuse waren, die uns quasi um die Ohren geflogen sind, tröstend zu mir: »Du kannst ruhig wieder hochkommen, Omi. Fledermäuse sind schließlich auch nur Menschen!«
Der Arschologe
Z ukunft«, sagt Mäxchen eines Tages am Telefon zu mir, »Zukunft is’ einfach was Tolles.«
»Was weißt du denn über die Zukunft?«, frage ich erstaunt, »kannst du mir das mal, bitte schön, erklären?«
Klar kann er das. Schließlich ist er bald vierdreiviertel, und neulich hat er Thommy Nebenan getroffen, der ist schon zehn, und der hat ihm das mit der Zukunft erklärt. Also Zukunft bedeutet: endlich in die Schule gehen, Erwachsensein, so wie die Mami, und tun, was einem Spaß macht, Bauarbeiter werden und viel Geld verdienen. Niemand kann dann mehr Bestimmer sein, wenn er die Moneten für Überraschungseier und so ausgibt, Flügel ausbreiten und davonfliegen: »Wie ein Vogel … äh … nee besser, wie ein Flugsaurier.«
»Wie ein was?«, frage ich überrascht.
»Na eben, wie einer von den fliegenden Dinos.« Er hat nämlich ein Buch von einem mit mir befreundeten Maler bekommen, in dem es um Dino , den kleinen großen Saurier geht. Das bringt er beim nächsten Mal mit, »wirst du schon sehen, Omi!«
Und dann liegen wir am Wochenende im Omi-und-Felix-Bett, und ich darf mir das wunderbare Buch anschauen und vorlesen und bekomme schließlich erklärt, warum diese vorsintflutlichen Tiere ausgestorben sind: »Wegen die Vulkane ausgebrochen sind und alles mit glühender Kohle zugeschüttet haben.«
Ach so! »Deshalb findet man heute bei Ausgrabungen immer wieder einen von diesen riesigen Dinoknochen«, lächle ich verstehend.
»Eben«, sagt Mäxchen, »darum will ich ja auch dringend Bauarbeiter werden. Dann kann ich mit Bagger und Schüppe helfen beim Suchen nach den Dinobeinen.«
»Das machen aber nicht die Bauarbeiter«, muss ich ihn enttäuschen, »das machen Leute, die das richtig studiert
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