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Flegeljahre am Rhein

Flegeljahre am Rhein

Titel: Flegeljahre am Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ruland
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eben dabei, den Tisch zu decken. Klothilde strahlt.
    „Schau’ dir das an, Mama... Weshalb Vater uns das wohl verschwiegen hat?“
    Emma liest. Ihre Augen werden größer. Ihre Hände beginnen ein Freudenzittern. Sie kann ihren Augen nicht glauben. Ihr Mann und ihr Kind treten öffentlich auf? Das kann doch nicht wahr sein. Aber — da steht es ja schwarz auf weiß. Emma umarmt Klothilde:
    „Mein Kind, ich bin stolz auf dich! Weshalb habt ihr mir denn gar nichts gesagt? Heute abend ist es ja schon!“
    Emma muß sich setzen. Das ist zu viel auf einmal!
    „Mein Balduin hält einen Vortrag...“
    Emma hat plötzlich alles vergessen. Rebenheim, die Pflaster auf Balduins Gesicht, die Enttäuschung mit dem nicht mehr jungen Manne. „Mein Kind, ich habe ja immer gewußt, daß dein Vater mehr in sich hat, als er zeigt.“
    Klothilde blickt noch einmal auf die Zeitung. Da steht es groß und deutlich: Fräulein Klothilde Lehrmann spielt... Klothildens Gesicht spricht von Glück und Stolz.
    „Denke dir, Mama, ich habe es eben erst erfahren, daß ich spielen soll. Nein, ist das eine Überraschung!“
    Klothilde sieht ganz hingerissen auf die Anzeige. Da steht ihr Name gedruckt! Die ganze Stadt wird ihn lesen! Lampenfieber? Weshalb denn? Klothilde hat doch auch früher im Pensionat spielen müssen. Wenn die Oberin Namenstag oder Geburtstag hatte. Oh — lyrische Soli! Balduin weiß ganz genau, was seine Tochter spielen kann. Mutter und Tochter sehen sich glückstrahlend an. In diesem Augenblick schlägt die Haustüre zu. „Da kommt Papa!“

    ☆

    „Was nur mit dem Herrn Direktor los ist! Er sagt doch sonst immer zeitig genug, wenn die Aula hergerichtet werden muß. Er vergißt doch sonst nie etwas!“
    Der Fize des Gymnasiums zählt die letzten Jahre zurück. Nein, der Herr Direktor hat noch niemals etwas vergessen.
    Fize schüttelt den Kopf und stopft sich eine Pfeife. Na, von ihm aus...

    ☆

    „Wenn das nur gut geht!“ denkt Gupp, legt die Zeitung aus der Hand, die seine Wirtin ihm mittags für eine halbe Stunde leiht, setzt sich an seinen Tisch und beginnt ein Plakat zu malen. „Extra billiger Weinausschank! Pokal zwanzig Pfennig!“ Gupp verdient wieder ein paar Mark und freut sich. Daß er heute nachmittag um fünf Uhr zur Stelle sein muß, behagt ihm gar nicht. Da wollte er doch, da sollte er nämlich... Was mag sein Klärchen in diesem Augenblick wohl tun?

    ☆

    „Wenn das nur gut geht!“ denken einige Oberprimaner, die immer etwas ängstlich sind. Diese Feiglinge! Was kann denn schon geschehen? Was hat denn die Oberprima mit der ganzen Sache zu tun, he? Die Schwarze Hand muß euch wohl mal wieder ein bißchen aufrütteln!

    ☆

    Tithemi hat immer noch nicht gegessen. Er läuft zu Kilian. Der wird Rat wissen. Aber Kilian ist nicht da. Er macht gerade einen Spaziergang. Wohin? Apollonia weiß es nicht. Tithemi sieht das Ende seiner Laufbahn vor sich.
    Mathilde nimmt einen letzten Anlauf.
    „Männe...“
    „Du gehst gleich zum Direktor, Balduin! Du mußt sprechen! Du mußt den Vortrag halten! Denke an mich, denke an unsere Klothilde! Du mußt sprechen!“
    Emma schlägt auf den Tisch, daß der Pudding auf der Schüssel zu wackeln beginnt. Emma ist außer sich. Balduin bewahrt die Ruhe. Was geschehen soll und geschehen kann oder geschehen wird, das ist ihm völlig gleichgültig. Jedenfalls will er seinen Pudding haben. Er wird nicht zum Direktor gehen. Er wird nicht sprechen, und wenn... und wenn... Er weiß es selbst noch nicht.
    Er ist Erdkundelehrer. Wenn andere einen Witz mit ihm machen wollen, dann sollen sie gefälligst selbst die Hereingefallenen sein. Und jetzt mal den Pudding, wenn ich bitten darf! Jetzt wollen wir doch mal sehen, wer der Herr im Hause ist! Emma wird sich noch wundern, das wollen wir doch wirklich mal erleben...

Schlimmstenfalls ein Streich

    Gamaschke zieht seinen Schlips gerade. Krischan streicht seine Haarmähne zurück. Beide stehen vor der Haustür von Tithemis Wohnung. Es hat eben drei Uhr geschlagen.
    Wenn Tithemi nun schläft? Gleichgültig, sie müssen ihn sprechen. Krischan drückt dem Klingelknopf seinen Daumen auf die Kehle. Hinter der Tür ertönt ein freches Bellen. Waldi.
    „Können wir den Herrn Direktor sprechen? Es ist sehr wichtig, und wir bitten sehr...“
    Waldi hat sich die beiden einmal angesehen. Nanu, den einen kennt er doch...?
    „... wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns dem Herrn Direktor melden würden.“
    Das Mädchen mit der weißen

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