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Flegeljahre am Rhein

Flegeljahre am Rhein

Titel: Flegeljahre am Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ruland
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so gesittet und kerzengerade wie sein richtiger Gebieter.
    Die drei Nachtschwärmer biegen in die Peter-118
    Straße ein. Waldi ist ahnungslos, sieht nur Bäume und erinnert sich, daß er ein Hund ist. Bitte.
    Das Haus 7a liegt in tiefer Ruhe. Wenn Waldi jetzt bellt, kann er etwas erleben. Krischan öffnet behutsam das Törchen. Es wird nie mehr abgeschlossen, weil Balduin den Schlüssel versteckt hat. „Kommt da jemand? Vorsicht..
    „Rede doch keinen Quatsch, Civilis! Daß du immer so schnell die Ruhe verlierst!“
    Die Luft ist rein. Civilis bleibt am Törchen. Krischan bindet Waldi mit der Schnur an den Griff von Balduins Haustür fest. Das Tier gibt keinen Laut von sich, blickt nur ganz ratlos.
    Nicht traurig sein, Waldi, es wird dir nichts geschehen.

Herr Direktor irrt sich wohl

    Über dem Rheintal steigt der Morgen herauf. Auf den Bergen liegt frischer Dunst. Die Sonne hebt vorsichtig ihr erstes Bogenstück, feurig und hell, hinter den Höhen hervor. Strahlen schießen hinab. Kleine Wolken segeln am Himmel, langsam, verschlafen. Vom Strom her schwirrt das Rasseln der Ankerketten. Sirenen brummen dumpf und heiser.
    Ein Zug klirrt über den Bahndamm. Ein neuer Tag ist geboren.
    Mathilde hat eine unruhige Nacht gehabt. Wo Waldi nur sein mag?... Tithemis Wecker rasselt. In zwanzig Minuten ist es sieben Uhr.
    Auf Krischans Bude schnurrt auch ein Wecker. Er braucht lange, um seinen Zweck zu erfüllen. Mit seiner letzten Kraft erst bekommt er die beiden Schläfer wach, die laut gähnen und seltsame Geräusche von sich geben.
    „Himmel, verdammte Sch...!“
    Trotzdem: um zwanzig Minuten vor acht beginnt die Schule.
    Als Klothilde, Peterstraße 7a, die Haustür öffnet, um die dort jeden Morgen vom Bäcker hingelegten Brötchen in Empfang zu nehmen, tut sie einen Schreckensschrei. Ein Hund!
    Und der Hund... So etwas! Krischan hat vergessen, ihm ein Bäumchen vor die Tür zu setzen. Waldi macht ein beschämtes Gesicht, legt bedauernd den Kopf auf die Seite, kann aber nichts mehr an dem Unglück ändern.
    Ein Hund...
    Klothilde hält noch immer den Mund offen. Sie weiß nicht, wie sie sich einem „direktorialen“ Hund gegenüber verhalten soll. Waldi schnuppert an ihren Beinen.
    „Mama! Mama! Der Hund von Herrn Direktor ist an unsere Tür gebunden!“
    Klothilde ruft es in den Hausflur hinein. Aber Mama kann sich noch nicht selbst davon überzeugen. Sie ist noch nicht ganz auftrittsfähig. Klothilde soll ihn ins Haus lassen. Hunde kann sie in der Seele nicht ausstehen. Aber der Hund des Herrn Direktors..? Besser ist besser... Klothilde bindet ihn los, gibt ihm Milch, ein Ende Wurst, ein Stück Brot und möchte bloß wissen, wie Waldi an ihre Tür kommt.
    „Ein Streich, mein Kind! Vater wird es schon feststellen. Du weißt...“
    Aber Vater hat für den Scherz kein Verständnis. Er wittert gleich die Übeltäter. Waldi wittert ein weiteres Stück Wurst und benutzt das Abenteuer zu einem herrlichen Frühstück.
    Was soll mit dem Hund geschehen? Man einigt sich darauf, daß Balduin den Hund mit zur Schule nimmt und Herrn Direktor persönlich überreicht. Das macht Eindruck. Tithemi soll doch sehen, daß man nicht nur etwas von Geographie kennt, sondern auch mit Hunden umzugehen weiß.
    Waldi läßt alles mit sich geschehen. Emma findet eine dicke Gardinenschnur. Waldi wird angebunden. Er pendelt lebhaft und fragend mit seinem
    Schwanzstümpfchen. Ja, Waldi, jetzt geht es zur Schule!
    Die Leute auf der Straße drehen sich um. Sieh mal einer den Herrn Studienrat an! Balduin hat unter dem rechten Arm die dicke Mappe mit Büchern eingeklemmt. In der linken Hand hält er die Leine. Balduin kommt kaum mit. Seine Beine machen unfreiwillige Freiübungen. Balduin kann nicht mit Hunden umgehen. Waldi merkt es und will ihm zwischen den Beinen durchschlüpfen. Balduin fällt beinahe auf die Nase. Peinlich, daß ausgerechnet jetzt einige Schüler vorbeikommen!

    ☆

    Tithemi ist schlechtester Laune. Wenn er bloß den Kerl schon hätte, der die ganzen Blumen im Vorgarten zertrampelt und abgerissen hat! Natürlich waren es wieder Schüler — wer denn sonst? Tithemi ist so schlechter Laune, daß er ärgerlich die rote Lampe vor seiner Tür aufleuchten läßt, als Balduin anklopft. Waldi aber ist es gewöhnt, sofort empfangen zu werden. Was fällt Herrchen nur ein? Waldi beginnt ein lautes Bellen. Tithemi kommt herausgestürzt.
    „Wie — Sie hatten meinen Hund, Herr Kollege...?“
    Tithemi macht ein erstauntes Gesicht, und

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