Flehende Leidenschaft
zurückkehren.«
»Also sind die Verhandlungen erfolgreich verlaufen?«
»Ja. Abgesehen von ein paar Einzelheiten ist alles geklärt.«
»Und so lange mußt du Elizabeths verlockende Gesellschaft ertragen.«
»Leider.«
»Diese Enthaltsamkeit paßt ganz und gar nicht zu dir.«
»Wem sagst du das?«
»Du wirst dich doch nicht in einen Tugendbold verwandeln?« spottete Munro.
»Hüte gefälligst deine lose Zunge, sonst verliere ich die Beherrschung und schlag dich nieder!«
»Vielleicht sollte ich dich in den Fluß werfen, wie’s die Lady vorgeschlagen hat, um deine Glut zu kühlen.«
»Wirf lieber die Lady in mein Bett. Das würde den gleichen Zweck erfüllen.«
7
Am sechsten Abend nach der Geiselnahme ritt ein Bote in den Hof von Goldiehouse, um Godfreys Einverständnis zu verkünden, was den Zeitpunkt und den Ort des Gefangenenaustausches betraf. Johnnie informierte seine Männer über die Begegnung, die am nächsten Morgen stattfinden sollte.
Danach beschloß er, Elizabeth mitzuteilen, ihre Haft würde ein baldiges Ende finden. Sicherheitshalber schickte er einen Lakaien voraus. Zu dieser späten Stunde war sie vielleicht nicht mehr angezogen, und er wollte ihr Zeit geben, damit sie sich auf seinen Besuch vorbereiten konnte. Nachdem er eine halbe Stunde gewartet hatte, stieg er die Treppe zum Turmzimmer hinauf und klopfte an die Tür.
Helen, die Zofe, ließ ihn hinein und knickste lächelnd.
Im sanften Kerzenschein schimmerten karminrote und indigoblaue Seidenteppiche, das Halbdunkel vertiefte die Schatten des Deckenreliefs, das aus kunstvoll verschlungenen Akanthusgirlanden bestand. Elizabeth Graham stand mitten im Zimmer. Lose fiel das Haar auf ihre Schultern. Über ihrem Nachthemd trug sie einen pelzbesetzten Schlafrock.
Wie das hastig gemachte Bett und die zerknüllten Kissen verrieten, hatte sie eben noch darin gelegen. Diese Beobachtung beschleunigte Johnnies Puls. Rastlos trat er von einem Fuß auf den anderen. Es war wohl am besten, wenn er seine Mission möglichst schnell erledigte und floh.
Was will er, überlegte sie und betrachtete sein markantes Gesicht. Plötzlich empfand sie den seltsamen Wunsch, mit einer Fingerspitze die dunklen Bögen seiner Brauen nachzuzeichnen, seine Wangen zu liebkosen.
Rasch verdrängte sie diesen Gedanken, denn sie mochte sich nicht auf eine Stufe mit Janet Lindsay stellen, die ihm jederzeit zur Verfügung stand. »Haben Sie mir etwas zu sagen?« fragte sie kühl.
»Ja. Ihr Vater ist mit meinem Vorschlag einverstanden, Mylady. Morgen reiten wir nach Roundtree. Dort werden Sie gegen meinen Bruder ausgetauscht.«
»Dann will ich Ihnen schon jetzt für Ihre Gastfreundschaft danken. Morgen finde ich wohl keine Gelegenheit dazu.«
Wie ruhig sie ist, dachte er verwundert. War diese Gelassenheit auf eine Ehe ohne Leidenschaft zurückzuführen? Wie mochte sich ein sechzehnjähriges Mädchen fühlen, das mit einem alten Mann im Bett lag? Wie gern würde er ihr den Unterschied vor Augen führen … Aber vielleicht war er anmaßend, und sie wußte bereits, welche Freuden ein junger Liebhaber spenden konnte.
»Hatten Sie Affären während Ihrer Ehe?« hörte er sich fragen.
Ihr Atem stockte, und sie mußte ein Zittern bekämpfen. »Wie, bitte?« entgegnete sie in eisigem Ton.
»Antworten Sie doch.«
Entschlossen straffte sie die Schultern und versuchte, ihre rasenden Herzschläge zu beschwichtigen. »Dazu bin ich nicht verpflichtet. Und vielleicht darf ich Sie daran erinnern, daß wir nicht allein sind, Lord Graden.«
Er warf einen kurzen Blick auf die Zofe, deren Anwesenheit er vergessen hatte. »Geh hinaus, Mädchen.«
»Nein, Helen, bleiben Sie hier«, befahl Elizabeth, und das verblüffte ihn sichtlich. Seit er vor acht Jahren aus Paris zurückgekehrt war, um nach dem Tod des Vaters sein Erbe anzutreten, hatte niemand gewagt, ihm zu widersprechen.
Er zögerte kurz, dann wies er mit dem Kopf zur Tür, und das Mädchen eilte unbehaglich aus dem Zimmer.
»Wollen Sie mir Gewalt antun?« erkundigte sich Elizabeth spöttisch.
»Natürlich nicht. Beantworten Sie meine Frage.«
»Sie meinen, was meine Liebhaber betrifft?«
»Ja. Hatten Sie Affären?«
»Was für eine Rolle spielt das?«
»Eigentlich keine.«
»Dann brauchen Sie’s nicht zu erfahren.«
»Warum so spöttisch? Wenn Sie Ihren Mann betrogen hätten, würde ich Sie nicht verurteilen.«
»Vielleicht sehe ich keinen Grund, Sie über mein Privatleben zu informieren.«
»Ich bin
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