Flehende Leidenschaft
stellen.«
»Einem Gerücht zufolge bist du unfruchtbar.«
»Also droht dir keine Gefahr«, entgegnete sie leise. In ihren Augen glänzten unvergossene Tränen, und ihre Unterlippe begann zu zittern.
»Oh, tut mir leid«, beteuerte er und nahm sie wieder in die Arme. »Das war nicht nett von mir.«
»Wie konntest du wissen, wie wichtig es mir ist?« Mühsam schluckte sie ihre Tränen hinunter.
»Bitte, Liebling, weine nicht. Vielleicht wirst du eines Tages ein Kind bekommen.« Sie wirkte plötzlich so verwundbar, und sein Herz krampfte sich zusammen.
»Das ist nicht dein Problem – und jetzt reden wir über was anderes«, schlug sie vor, weil sie spürte, wie unangenehm ihm dieses Thema war.
»Sehr gern«, stimmte er erleichtert zu. Wie alle reichen Aristokraten genoß er sein Liebesieben, ohne etwaige Folgen zu berücksichtigen. Nur von armen Männern oder Mitgliedern des Mittelstands verlangte das Gesetz, daß sie die Mütter ihrer Kinder heirateten.
»Ich glaube, ich muß dich ein bißchen aufheitern. Soll ich dir was Vorsingen?«
Lächelnd schüttelte sie den Kopf. »Du besitzt doch viel interessantere Fähigkeiten.«
»Denkst du an was ganz Bestimmtes?« Seine blauen Augen funkelten mutwillig.
»Ein paar Stunden habe ich noch Zeit, um deine Talente auszunutzen.«
»Dagegen ist nichts einzuwenden.«
»Wie schön, daß wir einer Meinung sind …«, wisperte sie und strich über seine Wange.
»Sind wir das nicht immer, mein Schatz?«
Viel zu schnell brach der Morgen an. Während die rotgoldene Sonne über dem Horizont von Redesdale aufging, beobachteten die beiden Liebenden, wie die Schatten in ihrem privaten Universum dahinschwanden, von hellem Licht verscheucht. Jetzt konnte die Reise nach Edinburgh nicht mehr hinausgezögert werden. Wehmütig schmiegte sich Elizabeth an Johnnie.
»Besuchst du mich, wenn es die Staatsgeschäfte erlauben?«
»Sobald ich kann«, versprach er, immer noch erwärmt von der langen Liebesnacht.
Der offizielle Abschied fand auf der gekiesten Zufahrt statt, vor den Augen Munros, Redmonds, der Dienstboten und Leibwächter. Höflich verneigte sich Johnnie, und Elizabeth lächelte freundlich, während sie die in solchen Situationen üblichen Phrasen austauschten. Dann küßte er ihre Hand, schwang sich in den Sattel und ritt zu seinem Vetter, der geduldig gewartet hatte.
»Auf Wiedersehen, Johnnie!« rief Elizabeth und hob ihre Hand, um ihm ein letztes Mal zuzuwinken.
Er neigte sich hinab, um einen seiner Steigbügel zu überprüfen, und schien den Gruß nicht zu hören. Schließlich stieß Munro ihn an.
Da hob er den Kopf. »Auf Wiedersehen, Elizabeth.« Seine Stimme klang distanziert, so als wäre er mit seinen Gedanken bereits woanders.
Zunächst versuchte sie, die Erinnerung an seinen kühlen Blick zu verdrängen. Doch dann ermahnte sie sich: Sei doch realistisch! Johnnie Carre ist ein vielbeschäftigter Mann, und er wird den Beginn der Palamentssitzung ohnehin versäumen. Außerdem muß er sich um seine Handelsflotte und die Ländereien kümmern. Für ihn stehen meine Wünsche an letzter Stelle …
Aber ihr Herz gab sich nicht mit diesen logischen Argumenten zufrieden, und eine vage Angst trübte das Glück, das er ihr geschenkt hatte.
In gleichmäßigem Galopp sprengten sie dahin. Viel zu lange hatte sich Johnnie in Redesdale aufgehalten, das wußte er. Munro bezweifelte, daß sie Edinburgh erreichen würden, ehe die Sitzung begann.
Auf dem schnellen Ritt nach Norden fanden sie keine Gelegenheit zu Gesprächen, es sei denn, sie hätten einander angeschrien, um das Rauschen des Windes und die Hufschläge zu übertönen.
Gut so, dachte Johnnie, denn er ahnte, welches Thema sein Vetter anschneiden würde – den Aufenthalt in Three Kings. Das war auch sein gutes Recht.
Aber Johnnie hatte ein Kapitel seines Lebens abgeschlossen. Er konzentrierte sich bereits voll und ganz auf die angestrebte schottische Unabhängigkeit.
Als sie haltmachten, um etwas zu essen und den Pferden eine Ruhepause zu gönnen, wappnete er sich gegen das erwartete ›Verhör‹.
Zunächst sprachen sie über Elizabeths Nachbarn, die sie kennengelemt hatten, und die schöne Lage der Baustelle. »Du hast doch die Pläne gesehen, Johnnie«, bemerkte Munro. »Gefällt dir die Fassade?«
»O ja. Ein schönes Haus für eine wunderschöne Frau …« Er unterbrach sich, während die Kellnerin eine Platte mit gebratenem Geflügel und frischgebackenem Brot auf den Tisch stellte. »Und ich
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