Flehende Leidenschaft
euch vor, schleunigst zu verschwinden, wenn ihr eure Haut retten wollt.« Mit einem tiefen Atemzug besänftigte sie ihre Nerven. »Übrigens, ihr könnt eurer Familie etwas ausrichten. Das Geld, das euer Vater mir hinterlassen hat, gehört mir. Und ihr werdet es niemals zwischen die Finger kriegen.«
»Was für eine mutige Frau du bist, Elizabeth«, bemerkte Hotchanes ältester Sohn. »Zweifellos war Dad davon beeindruckt. Aber wir sind nicht allein gekommen, wie du vielleicht schon festgestellt hast. Draußen wartet unsere gutbewaffnete Eskorte.«
»Gut, Matthew, wie du willst … Versuch doch, dich gegen Redmonds Truppe zu behaupten.«
Auf diesen Vorschlag ging er nicht ein. »Wir könnten dich der Hexerei anklagen und vor Gericht bringen.«
Von neuer Angst erfaßt, starrte sie ihn an. Seine kalte Entschlossenheit erinnerte sie viel zu lebhaft an Hotchane. Doch sie riß sich zusammen. »Mich kannst du nicht so leicht einschüchtem wie deine Frau und deine Töchter, Matthew. Deine Drohungen beeindrucken mich kein bißchen. Klag mich doch an! Mein Geld wirst du trotzdem nicht finden. Diese Reise hättet ihr euch sparen können. Und seid froh, daß euer Vater mir nicht sein ganzes Vermögen hinterließ. Hätte ich ihn tatsächlich verhext, müßte ich mich nicht mit sechzigtausend Pfund begnügen.«
»Wenn du dich auch wie ein Mann verteidigst, Elizabeth – du bist nur eine Frau, allein und unverheiratet. So mancher Richter könnte entscheiden, du seist unfähig, deine Angelegenheiten selbst zu regeln, und deshalb würdest du einen treusorgenden Ehemann brauchen.«
»Und einige Richter könnten vermuten, dein Bruder Luke hätte keine Ehefrau nötig, sondern eine Aufpasserin. Sei doch so freundlich, Matthew, und laß mich mitsamt meinem Geld aus dem Spiel, wenn du die Zukunft deiner Familie planst. Versuch doch, andere Leute zu berauben. Und jetzt verschwinde, oder ich hetze Redmond auf dich.«
»Bald kommen wir wieder zurück, Elizabeth. Mit den Anwälten.«
»Wenn du deine Zeit verschwenden willst …«
»Für sechzigtausend Pfund opfere ich sehr gern ein bißchen Zeit«, erwiderte er und lächelte eisig. »Komm, Lawson!« befahl er seinem Bruder.
Als sich die Tür hinter Hotchanes Söhnen geschlossen hatte, sank Elizabeth in den nächstbesten Sessel. Obwohl warmes Sonnenlicht durch die Fenster hereindrang, erschauerte sie. Vor zwei Wochen hätte sie keine Angst empfunden. Aber jetzt, wo sie vielleicht schwanger war …
Wenn sie tatsächlich Johnnies Baby unter ihrem Herzen trug, mußte sie sich schützen – oder George Baldwins Heiratsantrag noch einmal überdenken.
Sie rief Redmond zu sich und informierte ihn über ihr Gespräch mit Matthew Graham. »Wie viele Männer kann er zusammentrommeln?« Sie wollte wissen, in welcher Gefahr sie schwebte. Erst kürzlich war die Erbin Margot Talmadge von den Matchmonts entführt und mit deren Sohn verheiratet worden. Letzten Endes hatte das Gericht zugunsten der Talmadges entschieden. Aber zuvor war die junge Frau mehrere Monate lang eine Gefangene der Matchmonts gewesen, die sie sogar mißhandelt hatten. Solche Fälle bildeten keine Ausnahme, wenn größere Summen auf dem Spiel standen. 8 Immer wieder versuchten habgierige oder bedürftige Familien, ihren Söhnen reiche Bräute zu verschaffen, notfalls mit Waffengewalt. Selbst wenn die Gerichte den Frauen recht gaben – solche Verhandlungen dauerten oft jahrelang.
»Zweihundert Mann«, antwortete Redmond, »vielleicht etwas mehr, wenn er die Dunstable Grahams für seinen Plan gewinnen kann.«
»Das wird ihn eine Menge Geld kosten.«
»Aber er glaubt, diese Ausgabe würde sich lohnen.«
»Also brauchen wir noch mehr Männer. Wie lange wird es dauern, um unser Heer zu vergrößern?«
»Höchstens zehn Tage. Allerdings gibt es noch eine andere Möglichkeit.« Redmonds Hand glitt über den Elfenbeingriff seines Dolchs. »Zum Beispiel könnten wir den Grahams in den Redesdale Forest folgen.« Vor vielen Jahren hatte er eine geliebte Frau an Matthews brutale Wollust verloren und nur Elizabeth zuliebe auf einen Rachefeldzug verzichtet, bei dem er vermutlich ums Leben gekommen wäre.
»Sie wollen einen Kampf im Redesdale Forest wagen, Redmond? Soll Catherine Blair Ihren sinnlosen Tod beweinen?«
Als Elizabeth seine junge Verlobte erwähnte, stieg ihm das Blut in die Wangen. »Jedenfalls wäre die Welt ohne Hotchanes Söhne viel schöner.«
»Da bin ich ganz Ihrer Meinung, Redmond. Aber ich will nicht die
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