Flehende Leidenschaft
Verantwortung für den Tod der Grahams übernehmen. Ich würde es vorziehen, nie wieder von ihnen zu hören. Aber diese Hoffnung muß ich wohl begraben«, fügte sie seufzend hinzu, »da Matthew so wild entschlossen ist, mir mein Erbe zu entreißen. Also müssen wir neue Soldaten anheuern.«
Nachdenklich betrachtete sie den Mann, der ihr in einem geschnitzten Lehnstuhl gegenübersaß. Das Schwert und die Pistolen, die in seinem Gürtel steckten, schimmerten im Sonnenschein.
Seit sie Hotchane geheiratet hatte, diente ihr Redmond als treuer Leibwächter. Zunächst war es seine Pflicht gewesen, sie nicht nur an der Flucht zu hindern, sondern auch vor der Familie Graham zu schützen. In letzter Zeit hatte er ihr neues, glückliches Leben überwacht. Aber es war ihr nur für wenige Wochen vergönnt worden.
»Und ich dachte, die Grahams wären mit ihrem Anteil zufrieden«, erklärte sie bitter. »Meine sechzigtausend Pfund sind doch ein Bruchteil von Hotchanes Vermögen.«
»Nun, sie glauben, sie könnten Ihnen das Geld mühelos wegnehmen, Mylady. Sollen sie einer solchen Versuchung widerstehen?«
»Gewiß, es wäre eine wahre Wonne, diese Schurken zu töten. Aber es geht um wichtigere Dinge …«
»Das Baby«, warf Redmond in sanftem Ton ein. Bestürzt hielt sie den Atem an. »Wieso wissen Sie das?«
»Catherine hat mir erzählt …« Unsicher verstummte er. Verspätete Monatsblutungen gehörten nicht zu den Themen, mit denen sich ein kriegerischer Mann normalerweise befaßte.
»Wahrscheinlich hat sie’s von Molly erfahren.« Catherine war Dorfschullehrerin, und Elizabeths Zofe besuchte sie regelmäßig, um lesen zu lernen. »Also zählt der ganze Haushalt die Tage«, fügte sie hinzu und lächelte plötzlich.
Redmonds schwaches Grinsen bestätigte diese Vermutung. »Offenbar sind Sie glücklich, Mylady, und alle freuen sich mit Ihnen.«
»Wenn es auch noch nicht feststeht – Sie haben recht, Redmond, ich bin überglücklich. Das heißt – ich war es, bis Matthew Graham auftauchte. Wenn er tatsächlich versucht, mich wegen Hexerei vor Gericht zu bringen … Denken Sie doch an die Frau, die letztes Jahr in Lanehead auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde! Und jeder weiß, daß die Grahams alle Richter von Redesdale unter Kontrolle haben. Matthew trat sehr selbstbewußt auf. Vielleicht hat er bereits mit einem Richter über diesen Fall gesprochen. Ich frage mich allen Ernstes, ob ich heiraten sollte, um mich zu schützen.«
»Ravensby ist viel einflußreicher als die Grahams. An seiner Seite wären Sie sicher.«
»Aber er wird mich nicht heiraten.«
»Haben Sie ihm von dem Kind erzählt?«
»Dafür ist es noch zu früh. Wenn ich tatsächlich schwanger bin, braucht er es nicht zu wissen.«
»Vielleicht ist er da anderer Meinung.«
»Wohl kaum, Redmond. Nein, ich denke nicht an Ravensby, sondern an George Baldwins Heiratsantrag. Er stammt aus einer prominenten Familie, sein Onkel gehört dem Assisen Gericht von Hexham an, und die Baldwins stellen seit Jahrhunderten die Sheriffs in Tynedale. Mit seiner Hilfe könnte ich mich gegen die Graham-Richter behaupten. Und Sie müßten Matthews Soldaten in Schach halten, Redmond. Ich glaube, das wäre eine vernünftige Lösung.«
»Wäre es nicht besser, Sie würden sich an Ravensby wenden?«
»Bitte, solche Fragen sind sinnlos …« Mühsam verbarg sie die Sehnsucht, die ihr Herz erfüllte. »Meine Probleme interessieren Johnnie Carre nicht, aus mehreren Gründen. Zum Beispiel will er gar nicht heiraten, und er hat schon einige Kinder. George Baldwin ist ein netter, gütiger Mann. Und er wird mir alles bieten, was ich brauche. Die meisten Frauen heiraten ohnehin nicht aus Liebe. Das wissen Sie ebenso gut wie ich, Redmond. Für mich zählt nur eins – falls ich tatsächlich ein Kind erwarte, müssen wir es vor den Grahams retten.«
»Keine Bange, Mylady, das wird uns gelingen, dank der Vormachtstellung, die George Baldwin in Northumbria genießt, und meinem Heer.«
Seine Zuversicht tröstete Elizabeth. »O Redmond, ich schulde Ihnen so viel.«
»Könnte ich Ravensby doch bewegen, Sie zu heiraten …«
»Manchmal hege ich den gleichen Wunsch«, gestand sie lächelnd. »Aber ich bin hier zufrieden, wirklich. Und wenn ich ein Kind bekomme, ist mein Glück vollkommen.«
»Sollten Sie einen Jungen zur Welt bringen, wird George Baldwin sich vielleicht weigern, den Sohn eines anderen als seinen Erben anzuerkennen.«
»Das würde ich auch gar nicht von ihm
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