Flehende Leidenschaft
darf – ich glaube, da klopft jemand an der Tür.« Anfangs hatte er das beharrliche Pochen überhört. Aber nun mußte er es wohl oder übel zur Kenntnis nehmen.
»Irgend jemand will was von dir«, meinte Elizabeth und streckte sich wohlig.
»Von uns.«
»Warum?«
»Nun, die Leute warten auf unsere Hochzeit.«
»O Gott …« Bestürzt schaute sie zur Uhr hinüber, die auf dem Kaminsims stand.
»Jetzt sollten wir sie endlich hereinlassen. Ich nehme an, es ist Mrs. Reid, die unsere Zweisamkeit stört. Sie hat einfach keinen Respekt vor mir.«
»Um zehn Uhr abends sollen wir heiraten, ohne Kleider?«
»Für Kleider ist es viel zu warm. Und da wir ohnehin vor den Augen unserer Zeugen im Ehebett liegen müssen, wäre es sinnlos, wenn wir uns erst anziehen und dann wieder ausziehen. Schlüpf einfach bis zum Hals unter die Decke.«
Als er ihren entsetzten Blick sah, stand er auf und nahm eines seiner Nachthemden aus der Kommode.
Elizabeth stieg aus dem Bett, und er streifte ihr das Hemd über den Kopf. Dann bürstete er ihr Haar und band es im Nacken mit seinem pfauenblauen Band zusammen, das er unter dem Kissen gefunden hatte. »So!« Wie ein stolzer Vater zupfte er die Schleife zurecht. »Eine perfekte Braut.«
»Da wäre noch ein kleines Problem …«, begann sie zögernd.
»Ja?«
»Es hängt mit unserem Ehegelübde zusammen. Wenn ich versprechen soll, dich zu lieben und zu ehren und dir zu gehorchen – mußt du geloben, auch mir zu gehorchen.«
Die Stirn gerunzelt, dachte er nach – ein Mann, der sich noch nie vor irgend jemandem gebeugt hatte. »Lassen wir diesen Teil des Gelübdes doch einfach weg.«
»Einverstanden«, stimmte sie lächelnd zu.
»Ist das alles?«
Sie nickte zufrieden. Jetzt waren die Geister der Vergangenheit endgültig gebannt.
Zärtlich strich er ihr eine widerspenstige Locke aus der Stirn. »Dann ins Bett mit dir, Liebling, damit ich die neugierige Meute hereinlassen kann.«
Nachdem er die Tür aufgesperrt hatte, kroch er zu Elizabeth unter die Decke, die er züchtig bis zur Taille hinaufzog.
Es dauerte eine Weile, bis die Leute im Nebenraum bemerkten, daß die Tür nicht mehr verschlossen war. Lächelnd musterte Johnnie seine errötende, nervöse Braut. »Entspann dich! Alle werden dir nett und freundlich begegnen, und vergiß nicht – wir inszenieren dieses zeremonielle Drama nur, um allen Personen, die Einwände gegen unsere Heirat erheben könnten, den Wind aus den Segeln zu nehmen.« 9
»Meinst du meinen Vater?« seufzte sie.
»Und die Grahams.«
»Und deine zahllosen enttäuschten Gespielinnen«, ergänzte sie ironisch.
Keine dieser Ladies würde sich von seiner Ehe entmutigen lassen. Aber er wollte ihr nicht die gute Laune verderben, und so nickte er nur.
»Auch George Baldwin könnte protestieren und auf eure Verlobung pochen. Deshalb müssen wir den Vollzug unserer Ehe vor Zeugen demonstrieren und jeden Zweifel zerstreuen – nicht zuletzt für den Fall, daß unser Kind frühzeitig zur Welt kommt …« Er unterbrach sich, als die Tür zögernd geöffnet wurde und Helen hereinspähte. »Glaub mir, Elizabeth, alle sind froh und glücklich, weil du meinen Antrag angenommen hast. Insbesondere Mrs. Reid, nachdem ich endlich meine Pflicht erfüllt habe.«
Verblüfft beobachtete Elizabeth die vielen Leute, die sich ins Schlafzimmer drängten. Obwohl im allgemeinen nur zwei Zeugen gebraucht wurden, hatte Johnnie vorsichtshalber einige Gäste aus Dörfern eingeladen, die außerhalb seines Machtbereichs lagen. Falls die Heirat angefochten wurde, benötigte er Zeugen, die nicht zu seinem Gefolge gehörten. Außerdem hatte er einen anglikanischen Bischof gebeten, seinem schottischen Hauskaplan zu assistieren. Alle Eventualitäten waren berücksichtigt worden.
Nachdem er den Geistlichen die kleine Abänderung des Gelübdes erklärt hatte, sank er wieder in die spitzenbesetzten Kissen zurück, und seine nackte, muskulöse Brust zog glühende weibliche Blicke an. »Wir sind bereit«, verkündete er und ergriff Elizabeths Hand.
Höflich und schamhaft vermieden es der Reverend und der Bischof, das Brautpaar zu betrachten, während sie die traditionellen Worte vorlasen.
Elizabeth und Johnnie legten ihr Gelübde ab, tauschten die Ringe, dann leisteten sie ihre Unterschrift, ebenso wie die Zeugen.
»Könnte ich jetzt was zu essen haben?« flüsterte Elizabeth ihrem Ehemann ins Ohr, während die Gäste umherschwirrten und die Dokumente von den Kirchenmännern besiegelt
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