Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)
besser wäre, auf Nummer sicher zu gehen.
Sicher ist sicher...
Deswegen beschleunigte sie ihren Schritt, so gut sie konnte, ohne sich dabei jedoch zu sehr auf Andy abzustützen. Ihre Beine fühlten sich schwer an und jeder einzelne Schritt kostete sie einiges an Überwindung. Dennoch gab sie nicht auf. Sie humpelte in Richtung des Ausganges, wie ein lahmer Gaul, der zur Schlachtbank geführt wurde. Der schwache Schimmer des Kreuzes, das inzwischen wieder um ihren Hals hing, war in diesem Augenblick der einzige Lichtschein, der ihr den Weg wies.
Immer weiter, immer weiter, immer weiter...
Kaum hatten sie die Wegbiegung erreicht, erklang hinter ihnen auch schon das aufgebrachte Poltern von Absätzen. Claire wusste sofort, was das zu bedeuten hatte:
Peter hatte die Granaten gezündet und rannte ihnen hinterher. Bald, dachte Claire, würde ihnen alles um die Ohren fliegen und mit ein bisschen Glück würde die Sprengkraft ausreichen, um den Schlund für immer zu versiegeln.
Hoffentlich...
Claire beschleunigte ihren Schritt, während sie in Gedanken bereits die Sekunden zählte, seitdem das Geräusch von Peters Schritten erklungen war.
Fünf...
Sie wusste nicht genau, wie lange die Granaten brauchten, um zu explodieren. Dennoch schätzte sie, dass ihnen mindestens noch fünf Sekunden blieben, um sich aus der direkten Gefahrenzone zu bringen.
Vier...
Zumindest würde die Wegbiegung dafür sorgen, dachte Claire, dass sie vor herumfliegenden Splittern verschont blieben.
Drei...
Claire stellte sich innerlich bereits auf den fürchterlichen Knall ein, der mit Sicherheit bald kommen würde.
Sie biss fest die Zähne zusammen und zog den Kopf ein.
Zw...
Die Hölle brach los.
Unvermittelt und mit voller Wucht.
Der Knall war so laut, dass Claires Trommelfelle sofort platzten. Ein gleißender Lichtblitz fraß sich durch den Schacht.
Gleich darauf kam auch schon die Druckwelle. Es war ein Orkan, der sie sofort von den Füßen riss und nach vorne schleuderte. Claire fühlte sich augenblicklich so, als würde sie aus einer Kanone gefeuert. Sie flog meterweit durch die Luft und wedelte dabei aufgebracht mit den Armen – wie ein Seiltänzer, der es endgültig verbockt hatte und kurz davor war, in den Abgrund zu stürzen.
Abgrund...
Gesteinssplitter zischten zu allen Seiten an ihr vorbei. Manche trafen sie auch und bohrten sich ihr tief in Rücken und Beine. Doch Claire fühlte in diesem Augenblick keinen Schmerz.
Genaugenommen, fühlte sie nichts.
Keine Angst.
Keine Sorgen.
Und auch keine Hektik.
Absolut nichts...
Denn erneut legte sich Dunkelheit über ihre Sinne.
Claire wusste zwar, dass sie versuchen musste, den Sturz abzufedern. Doch noch ehe sie dazu kam, die Arme zu heben, verschwamm die Welt auch schon wieder vor ihren Augen.
Das Letzte, was sie noch sah, war der Boden des Schachtes, der immer näherkam.
Dann übernahm wieder die Dunkelheit die Oberhand in Claires Gedanken.
111.
Wieder konnte sie spüren, wie Arme an ihr zerrten.
E in brodelndes Durcheinander von Stimmen drang ihr zu Ohren, ohne dass sie hätte sagen können, zu wem sie gehörten.
Andy? Peter? Seid ihr das?
Zudem klangen sämtliche Geräusche so, als würden sie aus kaputten Lautsprechern kommen. Sie waren allesamt verzerrt und hatten einen metallischen Klang.
Sie öffnete die Augen – doch auch das brachte keine Erleichterung.
Denn auch danach war sie von perfekter Dunkelheit umgeben.
Gleich darauf wurde sie erneut bewusstlos.
112.
Es war ein gleichmäßiges Brummen, das durch Claires Gedanken rauschte. Obwohl sie es nicht mit Sicherheit wusste, glaubte sie dennoch, dass es ein Motorengeräusch war.
Oder einfach nur Einbildung...
Nein , dachte sie, es war keine Einbildung. Sie konnte klar und deutlich hören, wie das Geräusch immer weiter anschwoll. Gleichzeitig wurde sie immer weiter in den Sitz gedrückt.
Das waren zwar die einzigen Sinneseindrücke, die sie in diesem Augenblick wahrnahm, dennoch reichten sie aus:
Ihr Verstand zog sich allmählich an ihnen aus der Ohnmacht – wie an einem dünnen Strohhalm. Claire klammerte sich daran und sie musste all ihre Willenskraft aufbringen, um nicht wieder in den dunklen Fluten der Gleichgültigkeit zu versinken, die ihre Gedanken lähmten und sie träge machten.
Mach schon, wach auf...du musst am Leben bleiben...
Schließlich gelang es ihr doch noch, die Augen zu öffnen. Gleich auf den ersten Blick konnte sie sehen, dass ihre Vermutung richtig gewesen
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