Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)
eine enorme Veränderung im Gange war. Georges Körper schien sich mit jeder Sekunde weiter zu verwandeln. Stück für Stück schälte er sich weiter aus dem hässlichen Monster heraus, zu dem er in jener Nacht in der Jagdhütte geworden war:
Seine schwarzen Krallen schrumpften und zogen sich anschließend wieder in den Körper zurück. Ebenso das zottelige Fell . Denn ein Büschel nach dem anderen kräuselte sich und verschwand anschließend wieder unter der Haut.
Die größte Veränderung fand jedoch in seinem Gesicht statt:
Die Gesichtsknochen begannen schlagartig, sich neu zu formieren. Die spitzen Wangen senkten sich herab und nahmen wieder menschliche Züge an. Das unnatürlich breite Maul begann an den Enden zusammenzuwachsen. In Windeseile schloss sich dieser gierige Schlund und wurde wieder zu einem gewöhnlichen Mund. Die Haut verlor zusehends ihren gräulichen Schimmer und Claire konnte ganz genau sehen, dass auch Georges Zähne allmählich kleiner wurden.
Gleich darauf waren auch seine Augen an der Reihe:
Der glühende Schimmer des Hasses erlosch schlagartig darin. Was dahinter zum Vorschein kam, waren die sanften blaugrauen Augen jenes Mannes, der Claire mehr als nur ein Mal das Leben gerettet hatte. Eines Mannes , dachte sie, in den sie sich unter anderen Umständen vielleicht sogar hätte verlieben können.
Bestimmt...
Doch noch ehe sie diesen Gedanken weiter verfolgen konnte, endete die Verwandlung:
George war wieder er selbst.
Reglos lag er da und blickte sie an – nackt und unschuldig, wie ein Neugeborenes, das gerade in eine Welt entlassen worden war, die es nicht verstand.
Schließlich trafen sich ihre Blicke und Claire wusste sofort, dass dieser Mann auch tatsächlich George war - und nicht nur eine seelenlose Hülle, die ihm vielleicht ähnlich sah.
„Claire“, sagte er mit schwacher Stimme und lächelte sie an. Seine Augen funkelten, doch es war kein Hass mehr darin zu erkennen.
Claire wusste nicht, was sie erwidern sollte. Ihre Gedanken überschlugen sich förmlich und lähmten ihre Zunge. Sie wollte sich entschuldigen und ihn für all das um Verzeihung bitten, was sie ihm angetan hatte.
Doch so sehr sie sich auch anstrengte – kein einziges Wort kam ihr über die Lippen.
Schließlich gab sie es auf und erwiderte einfach sein Lächeln. Es war die einzige Regung, zu der sie in diesem Moment fähig war und George schien es ihr nicht übel zu nehmen. Er nickte ihr wissend zu und dann begann er langsam, seinen Blick zu senken. Seine Augen wanderten an ihrem Körper hinab und kamen schließlich auf ihrem Babybauch zu liegen.
Sein Lächeln wurde noch breiter und Claire konnte sehen, dass ihm gleichzeitig auch Tränen in die Augen stiegen.
Sie brauchte ihm nichts zu erklären, dachte sie. Denn er schien instinktiv zu wissen, dass es sein Kind war, das sie in diesem Augenblick trug.
„Pass gut auf sie auf“, sagte er schließlich und schloss für einen Moment die Augen, so als wollte er diesen Anblick für die Ewigkeit bewahren.
Sie...
Als er die Augen wieder aufschlug, war alles vorbei:
All der Zauber, der in den vergangenen Minuten geherrscht hatte, war wie weggeblasen und Claire konnte nur noch die Ruinen der Glückseligkeit erkennen, in der sie soeben geschwelgt hatte.
Ruinen , dachte sie, die erneut begonnen hatten, rötlich zu glühen und sie bei lebendigem Leibe zu durchbohren.
Claire wusste sofort, was das zu bedeuten hatte:
Ihr e Vermutung war richtig gewesen. Die Menge des Gegengiftes in Amandas Blut hatte nicht ausgereicht, um George vollständig zu heilen. Stattdessen hatte sie ihm nur ein kurzes Zeitfenster gewährt, in dem er den Wahnsinn ablegen und wieder jener Mensch sein konnte, der er auch davor gewesen war.
Doch eben dieses Zeitfenster, dachte sie, hatte sich soeben wieder geschlossen und die Verwandlung kam wieder auf Touren. Mit dem einzigen Unterschied, dass sie nun in die entgegengesetzte Richtung ablief.
Claire wusste, dass das zugleich auch ihr eigenes Todesurteil war. Denn anstatt die Zeit zu nutzen, in der George vollkommen hilflos gewesen war, war sie nur dagestanden und hatte sich dem Augenblick hingegeben. Dem Augenblick und vielleicht auch der törichten Hoffnung, dass es ihr gelingen würde, George wieder zu heilen.
Verdammt...
Sie hätte ihn töten müssen – seinen Kopf mit einem großen Felsbrocken zertrümmern und dafür sorgen, dass er die Schwelle zum Wahnsinn nicht mehr überschreiten konnte. Zumindest aber, dachte sie, hätte
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