Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)
sichergestellte Beweise wechselten sich vor seinem inneren Auge ab, während er nach Fehlern Ausschau hielt, die ihm womöglich unterlaufe n waren.
Es war beinahe so etwas wie ein angeborener Instinkt, der seinen Gedanken in diesem Augenblick die Richtung vorgab.
Die langen Jahre im Polizeidienst und beim FBI hatten einen beträchtlichen Teil seines Wesens für sich beansprucht. Einen Teil, der unterbewusst ständig damit beschäftigt war, Indizien durchzugehen und Hinweise auf ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen. Früher hatte Peter gedacht, dass gerade diese Eigenschaft ihn zu einem guten Cop machte.
Zu einem verdammt guten sogar …
Er hatte Jahre gebraucht, bis er endlich kapiert hatte, dass es eine verdammt schlechte Angewohnheit war, die Arbeit überallhin mit sich herumzuschleppen. In diesem Punkt unterschied er sich kein bisschen von all den anderen Bürohengsten in New York City, die ihre Laptops sogar aufs Scheißhaus mitnahmen, nur um sicherzugehen, dass die Kurse nicht fielen.
Und in all diesen Jahren war nicht nur seine Ehe in die Brüche gegangen, sondern er hatte auch die meisten seiner Freunde verloren. Die Fälle hatten immer mehr von seiner Zeit beansprucht und ihm auch immer mehr Kräfte geraubt. So lange, bis nichts mehr damit konkurrieren konnte und sie zur einzigen Achse wurden, um die all seine Gedanken kreisten.
Es war die typische Berufskrankheit eines Ermittlers, dachte Peter und zwang sich dabei zu einem Lächeln, auch wenn ihm nicht wirklich danach war.
Im gleichen Augenblick erklang die seelenlose Stimme aus dem Navigationsgerät und wies ihn darauf hin, dass sie ihr Ziel fast erreicht hatten:
„Nehmen-Sie-bitte-die-nächste-Ausfahrt-in-nördlicher-Richtung. In 3.5 Meilen sind Sie am Ziel…“
Peters Grinsen wurde immer breiter, während er den Blinker setzte und vom Highway abfuhr.
Ein gutes Stück weiter die Straße rauf konnte er bereits die ersten Gebäude sehen, deren Dächer zwischen den Hügeln aufragten.
Sie hatten es geschafft, dachte Peter, sie waren en dlich in Plain Rock angekommen.
Und wenn alles nach Plan lief, würden sie Claire Hagen dingfest machen, bevor die Sonne unterging.
Und diese Gewissheit war es, die mit einem Mal sämtliche Strapazen rechtfertigte, die er bisher auf sich genommen hatte.
Das Wissen über den bevorstehenden Sieg ließ ihn schlagartig alle Mühen vergessen. Nicht nur in diesem Fall – sondern auch in all den anderen Fällen zuvor, an denen er im Laufe seiner Karriere gearbeitet hatte.
Das war der Moment, für den ein jeder Ermittler arbeitete und sich manchmal ganze Nächte um die Ohren schlug:
Es war die Zeit, kurz bevor alle Spuren endlich zusammenliefen und die Falle zuschnappte.
47.
Claire zielte in die Richtung, aus der die Geräusche erklungen waren.
Ihr Zeigefinger hatte sich inzwischen um den Abzug der Waffe verkrampft – jederzeit dazu bereit, das Feuer zu eröffnen und die mögliche Gefahr im Keim zu ersticken.
Währenddessen gewann das Bild vor ihren Augen immer mehr an Schärfe.
Zunächst sah sie, dass die Tür zu einer der Kneipen offen stand. Was sich dahinter verbarg, konnte sie jedoch nicht sagen. Im Inneren der Kneipe herrschte ein trügerisches Gewirr aus Schatten, das alle Dinge ihrer eigentlichen Form beraubte und es unmöglich machten, etwas zu erkennen.
Doch es dauerte nicht lange, bis sich Claires Augen daran gewöhnten.
Und im gleichen Augenblick konnte sie eine dunkle Gestalt sehen, die langsam auf sie zukam. Mit jedem Schritt, den die Gestalt tat, wurde das Schlurfen lauter.
Ohne darüber nachzudenken, spannte Claire den Abzug der Waffe so weit, bis sie den Druckpunkt spürte. Dann hielt sie d en Atem an und wartete gespannt darauf, was als Nächstes passieren würde.
Sie wusste, dass sie nicht zögern durfte, wenn es darum ging, sich selbst und Andy zu schützen. Gleichzeitig hatte sie Angst davor, voreilig zu handeln und etwas Unüberlegtes zu tun. Denn auch wenn sie bisher keine weiteren Überlebenden in der Stadt gesehen hatte, dachte sie, hieß das noch lange nicht, dass es auch wirklich keine mehr gab. Deswegen musste sie höllisch achtgeben, wenn sie nicht vielleicht einen vollkommen Unschuldigen erschießen wollte. Es war schon genug Blut vergossen worden, dachte sie, und atmete tief durch.
So stand sie da – gefangen in diesem Augenblick, der sich scheinbar ewig in die Länge zog. Währenddessen kam die dunkle Gestalt immer näher. Schritt für Schritt verkürzte sie den
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