Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)
der Wagen vor ihm keine Anstalten anzuhalten. Deswegen war Doug sich inzwischen sicher, dass er in diesem Augenblick nicht hinter einem Teenager herraste, der nach einem Erlebnis suchte, mit dem er vor seinen Freunden angeben konnte. Vielmehr glaubte er, dass er wahrscheinlich jemandem auf den Fersen war, der wirklich Dreck am Stecken hatte. Und so jemand, dachte Doug, war stets eine ernstzunehmende Gefahr.
Doug griff erneut zum Funkgerät und wechselte dann den Kanal:
„Ortiz? Hier ist Doug. Bitte kommen. Over.“
„Hier ist Manuel“, meldete sich Ortiz mit seinem Vornamen, „was gibt’s Dougie? Over.“
„Der Wagen, den ich verfolge, hält einfach nicht an. Der Fahrer reagiert überhaupt nicht. Ist vielleicht besser, wenn du schon mal die Schrotflinte entsicherst, mein Freund.“
„Danke für den Hinweis , Dougie“, sagte Ortiz, „ich bin in fünf Minuten bei dir. Dann schnappen wir uns dieses Arschloch.“
„Dann bis gleich. Over and Out.“
Nachdem er das Funkgerät wieder eingehängt hatte, tat Doug genau das, was er Ortiz soeben geraten hatte. Er griff in die Mittelkonsole des Wagens und holte die Schrotflinte hervor, mit der jeder Einsatzwagen ausgestattet war. Nachdem er die Waffe entsichert hatte, legte er sie quer über den Beifahrersitz, damit er im Notfall schnell danach greifen konnte. Kaum hatte er das erledigt, geschah etwas, mit dem er eigentlich gar nicht mehr gerechnet hatte:
Die Bremslichter des Wagens leuchteten auf und er konnte sehen, wie er von der Straße abbog und auf dem Schotterstreifen neben der Fahrbahn zum Stehen kam. Dabei wirbelte er eine Menge Staub auf, der vom Wind sofort quer über die ganze Fahrbahn geweht wurde.
Doch kalte Füße bekommen, was Freundchen?
Ein Lächeln huschte über Dougs Lippen. Er nahm den Fuß vom Gas und schaltete die Sirene aus. Im gleichen Augenblick verflog auch das ungute Gefühl, das ihn zu Beginn der Verfolgung beschlichen hatte.
Alles verlief wieder nach Plan und er fühlte sich gut.
Während er sich dem Wagen näherte, verstaute er die Schrotflinte wieder in der Mittelkonsole. Und als das erledigt war, fuhr auch er von der Straße ab und ließ seinen Dienstwagen auf dem Bankett ausrollen. Schließlich kam er gute zehn Meter hinter dem verfolgten Wagen zum Stehen.
Doug zog seine Mütze in die Stirn und stieg dann sofort aus.
Er wusste natürlich, dass dieser Teil einer Anhaltung am gefährlichsten war. Zum Glück hatte er diese Lektion noch nie auf die harte Tour lernen müssen. Doch in seiner Karriere war kein einziges Dienstjahr vergangen, in dem nicht mindestens ein Trooper auf diesem kurzen Weg niedergeschossen worden war. Erst vor zwei Monaten war sein Freund Francis McDermond von einem Lastwagenfahrer niedergestreckt und schwer verletzt worden. Der Mistkerl hatte Francis zweimal in den Hals geschossen. Der arme Kerl saß seitdem im Rollstuhl und musste in einen Plastiksack kacken. Es war eine gottverdammte Schande.
Dou g hatte jedoch keine Lust, das Schicksal von Francis zu teilen. Deswegen ging er kein Risiko ein. Stattdessen tat er das, was man ihm auf der Akademie beigebracht hatte:
Er legte die Hand auf den Griff seines Revolvers und öffnete schließlich mit dem Daumen den Verschluss des Halfters. Damit stellte er sicher, dass er die Waffe im Ernstfall schnell ziehen konnte.
Erst nachdem das erledigt war, setzte er sich in Bewegung.
Schritt für Schritt näherte er sich dem Wagen und ließ dabei den Fahrersitz nicht aus den Augen. Als er das Heck des Fahrzeugs erreichte, hielt er einen Moment inne und ließ seinen Blick durch den Innenraum schweifen. Auf diese Weise vergewisserte er sich, dass sich niemand außer dem Fahrer im Wagen befand. Als er sich sicher war, setzte er seinen Weg fort.
Schließlich erreichte er das Fahrerfenster. Im gleichen Augenblick glitt auch die Scheibe nach unten und offenbarte ihm den Blick auf eine junge Frau.
Eigentlich hatte Doug vorgehabt den Fahrer zur Schnecke zu machen – mit allen Mitteln, die ihm dafür zur Verfügung standen. Doch in diesem Augenblick wurde er sich wieder der Tatsache bewusst, dass er ein Mann aus dem mittleren Westen war, der eine sehr strenge Erziehung genossen hatte. Eine Erziehung, die hinlänglich als Zuckerbrot und Peitsche bekannt war. Und eine Regel in dieser Erziehung besagte, dass man Frauen nicht anschrie...
Niemals!
...und schon gar nicht, wenn sie so hübsch waren, wie die, die ihn in diesem Augenblick vom Fahrersitz aus
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