Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)
nicht mehr auf ihrer Seite und sie musste daher nach einer anderen Möglichkeit suchen, um heil aus dieser Situation zu kommen.
Gleichzeitig fragte sie si ch, wer die beiden Männer waren. Die beiden Männer, die ihre Waffen auf sie gerichtet hatten und sie grimmig anstarrten. Ihr erster Impuls sagte ihr, dass es sich bei ihnen wahrscheinlich um Agenten der Organisation handeln musste. Sie waren vermutlich gekommen, dachte Claire, um Rache zu nehmen – für all die Verluste, die sie letzten Herbst in Plain Rock erlitten hatten. Sie war sich zwar nicht sicher, was das anging, dennoch erschien ihr diese Erklärung sehr plausibel.
Doch noch bevor sie dazu kam, nach einem geeigneten Ausweg zu suchen, erklang auch schon die Stimme des Mannes, der an der Fahrerseite des Wagens stand:
„Stehen bleiben, F-B-I“, schrie er, ohne dabei die Waffe zu senken. „Hände hoch, Miss Hagen. Und versuchen Sie ja nicht, nach der Waffe zu greifen.“
Allein diese wenigen Worte reichten aus, um Claires erste Vermutung komplett über den Haufen zu werfen:
Der überhebliche Tonfall des Mannes verriet ihr, dass er wahrscheinlich wirklich ein FBI-Agent war. In ihrer Karriere als Reporterin hatte sie bereits mehrmals das Vergnügen mit den Jungs des Bureaus gehabt. Daher wusste sie nur allzu gut, dass großspuriges Auftreten bei den Agenten eher die Regel war als die Ausnahme. Nein, dachte sie, vielmehr war es sogar so etwas wie ein Aufnahmekriterium für den Dienst bei der Bundespolizei.
Gleich darauf bestätigte sich, was Claire inzwischen ohnehin wusste:
Der Mann griff in seine Hemdtasche und holte seine Dienstmarke hervor. Er hielt sie ihr entgegen, so wie es die Bundesgesetze verlangten. Doch wegen der untergehenden Sonne, die sich darauf spiegelte, konnte Claire nur einen gleißenden goldenen Schimmer erkennen, der von seiner Hand ausging und sie blendete. Trotzdem bestand für Claire von da an kein Zweifel mehr, dass der Mann tatsächlich ein FBI-Agent war.
Im selben Augenblick begann er auch, ihr ihre Rechte vorzulesen:
„Claire Hagen, ich bin Special Agent Peter Morgan vom FBI. Hiermit wird an Ihnen ein Such- und Haftbefehl vollstreckt, der vom Staate New York ausgestellt wurde. Ich, als Bundesbeamter der Vereinigten Staaten, bin befugt, diesen Befehl vollumfänglich zu vollstrecken. Sie haben das Recht zu schweigen, alles was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen…“
Bla, bla, bla …
Claire kannte diese Abfolge von hohlen Phrasen, mit der eine Verhaftung in den Staaten erst rech tmäßig wurde. In ihrer Zeit als Reporterin hatte sie sie bestimmt schon dutzende Male gehört. Deswegen hörte sie gar nicht richtig hin, während der Agent die Litanei aufsagte, die es ihm erst erlaubte, ihr Handschellen anzulegen.
Dass es so weit kommen würde, stand für sie inzwischen außer Frage.
Mit dem State Trooper auf dem Highway war sie fertig geworden, weil er unvorsichtig gewesen war und ihr fast schon freiwillig die Oberhand überlassen hatte. Sie hatte ihn schlichtweg überrumpelt. Mit Andy wiederum war sie fertig geworden, weil Teddy auf ihn eingeredetund ihn darin bestärkt hatte, seine Waffe zu senken. Zudem hatte sie auch die Angst gespürt, die in jenem Augenblick von ihm auf sie übergeschwappt war. Und gerade diese Flut an Emotionen hatte dafür gesorgt, dass sie standhaft geblieben war und alles auf eine Karte gesetzt hatte.
Doch bei den beiden Agenten hingegen war nichts von dem der Fall. Sie waren zu zweit und sie waren beide bewaffnet. Claire konnte die Entschlossenheit spüren, die von ihnen ausging. Es war ein überragendes Gefühl – voller Adrenalin und Zuversicht.
Und Testosteron …
Während sich Teddys Angst nur in gleichmäßigen Wellen ihren Weg zu Claire gebahnt hatte, traf sie diese Emotion wie eine heranbrausende Lokomotive.
Herzlos.
Gnadenlos.
Und mit voller Wucht.
Nicht zuletzt deswegen wusste sie, dass eine Flucht keinen Sinn machte. Die beiden Männer würden nicht zögern, sie daran zu hindern.
Nein, ganz bestimmt nicht …
Und genau diese Erkenntnis war auch die bitterste Pille, die Claire in diesem Augenblick schlucken musste. Denn sie musste der Wahrheit ins Auge sehen, dass sie von den Behörden gefasst worden war, kurz bevor sie George das Handwerk legen konnte.
Von den staatlichen Behörden …
Nein, dachte Claire, das war nicht nur eine Wahrheit – das war blanke Ironie. Ein spöttisches Lächeln des Schicksals, das ihr signalisierte, dass sie bei ihrer Suche nach
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